Im Moment beschäftigen sich die Gerichte mit dem Nutzungsrecht für die ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule (GHS). Wir unterstützen das Bezirksamt darin, das Schulgebäude in ein Internationales Flüchtlingszentrum (IFZ) umzuwandeln. Hier findet ihr die wichtigsten Fragen und Antworten zum geplanten Internationalen Flüchtlingszentrum.

Wie soll das geplante Internationale Flüchtlingszentrum (IFZ) aussehen?

Auf drei Etagen sollen verschiedene Gruppen von Flüchtlingen untergebracht werden. Im 1. OG soll eine reine Frauenetage entstehen. Sie wird Platz für 48 Personen bieten. Zusätzlich entstehen eine Gemeinschaftsküche und ein Frauen-Café. In Planung für das 2. OG ist eine Familienetage mit Apartment-ähnlicher Aufteilung. Die Etage bietet bis zu 60 Personen Platz, beinhaltet neben einer Küche auch ein Spielzimmer. Das 3. OG wird eine Etage für männliche Flüchtlinge. 42 Personen finden dort Platz. Dort befindet sich aktuell die Aula, die zum Multifunktionssaal und Veranstaltungsraum umgebaut wird. Neben der obligatorischen Küche gibt es zusätzlich einen Aufenthaltsraum. Projekträume sind im Erdgeschoss vorgesehen auf einer Fläche von ca. 120 Quadratmetern – ein Teil der Fläche ist bereits vermietet an die Beratungsstelle Fixpunkt. Im rechten Flügel soll es Angebote geben, um dem Beratungs- und Betreuungsbedarf der Flüchtlinge Rechnung zu tragen. Hier kann es juristische und gesundheitliche Beratungsangebote geben, wobei das Bezirksamt ein besonderes Interesse an einem Angebot zur Behandlung von traumatisierten Flüchtlingen hat.

Weitere Projektangebote können im vorgelagerten Pavillon an der Ohlauer Straße gemacht werden. Zusätzlich sind weitere Angebote auf dem Gelände in noch zu erstellenden Räumen vorstellbar und wünschenswert. Dabei setzt der Bezirk auf die Ideen und die Unterstützung durch Menschen aus der Nachbarschaft und von Flüchtlingen selbst, um gemeinsam mit dem Bezirk erfolgreiche Arbeit leisten zu können. Weiterhin gibt es im Untergeschoss Wirtschaftsräume (Wäsche) sowie Platz für Werkstätten. Insgesamt stehen für künftige Bewohner*innen 1260 qm Wohnfläche zur Verfügung, dazu kommen 480 qm für Gemeinschaftsräume, 500 qm für Projekt-Räume.

Wer soll das IFZ bauen und betreiben?

Dem Bezirksamt ist es gelungen, die Diakonie und den Paritätischen Wohlfahrtsverband für eine neue, andere Flüchtlingsunterkunft zu gewinnen, die mit der herkömmlichen Unterbringung nichts gemein haben soll. Die Gesamtkosten für den Umbau in Höhe von ca. 5 Millionen Euro trägt der künftige Betreiber des Zentrums. Der Bezirk stellt nur die Immobilie zur Verfügung.

Warum müssen die Flüchtlinge das Haus verlassen, während es zum IFZ umgebaut wird?

Sämtliche Träger, die als zukünftige Betreiber des Internationalen Flüchtlingszentrums in Frage kommen, haben es abgelehnt, bei laufendem Betrieb umzubauen.

Wo sollen die Flüchtlinge unterkommen, wenn sie wegen der Bauarbeiten nicht mehr in der Schule leben können?

Einige  Flüchtlinge leben bereits heute in Zweitwohnungen und sind nur für „den politischen Kampf“ im Haus. Andere haben ganz reguläre Unterkünfte in den Bundesländern, in denen ihre Asylverfahren laufen.

Das Bezirksamt hat allen angeboten, ihnen für einen Monat eine Unterkunft in Hostels zu finanzieren. Das Angebot hat keine*r angenommen. Der Bezirk bekommt für die Unterbringung von Flüchtlingen ohne Asylverfahren im Rahmen seiner Zuweisungen durch das Land Berlin keine Gelder und kann daher leider keine Lösung anbieten, die von Dauer wäre.

Hat das Bezirksamt gegen die Vereinbarungen aus dem Einigungspapier verstoßen?

Es gibt zwei sogenannte Einigungspapiere. Das eine hat der Berliner Senat, insbesondere Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD), mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz geschlossen. Es beinhaltete etwa eine Unterbringung in der Unterkunft Gürtelstraße, eine Einzelfallprüfung bezüglich der Asylverfahren und die Prüfung, inwieweit die Verfahren der Flüchtlinge, die anderen Bundesländern zugeordnet sind, nach Berlin geholt werden können. Die Prüfung hat der Senat ohne Ergebnis für beendet erklärt und die Flüchtlinge auf die Straße gesetzt. Wir haben das gemeinsam mit Flüchtlingsorganisationen scharf kritisiert.

Das zweite Einigungspapier entstand nach der Besetzung des Schuldaches der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule. Demnach wollten Bezirksamt und Flüchtlinge gemeinsam ein Internationales Flüchtlingszentrum in der ehemaligen Schule in der Ohlauer Straße planen und errichten. Das hat nicht geklappt, weil sich die Flüchtlinge bis heute (Stand: 5.11.2014) nicht als Gruppe mit dem Bezirksamt treffen wollten. Sie fordern noch immer ein Aufenthaltsrecht, das der Bezirk nicht geben kann, weil es allein in der Zuständigkeit von Bund (Bundesamt für Migration) und Land (Innensenator Frank Henkel, CDU) liegt. Ein konstruktives Gespräch über Möglichkeiten des Umbaus wurde verweigert, auch wenn nun anderes behauptet wird. So ist viel Zeit vergangen – ohne Ergebnis.

In dem Papier von Bezirk und Flüchtlingen wurde auch verabredet, ihnen analog des Asylbewerberleistungsgesetzes Leistungen zum Lebensunterhalt auszuzahlen. Das hat der Bezirk auch zwei Monate lang getan – bis eine Prüfung ergeben hat, dass der Bezirk dazu rechtlich gar keine Möglichkeit hat. Außerdem musste der Bezirk zu diesem Zeitpunkt eine Haushaltssperre verhängen, auch, weil ihn die Ausgaben für die Schule – unter anderem der Wachschutz, die baulichen Maßnahmen – an den Rand seiner finanziellen Möglichkeiten gebracht hatte. Es ist kein Geld mehr da, das verwendet werden könnte.

Warum gibt der Bezirk den Flüchtlingen kein Aufenthaltsrecht oder eine Arbeitserlaubnis, was die zentralen Forderungen der Flüchtlinge sind?

Als Grüne haben wir immer wieder gefordert (und tun es noch immer), dass Flüchtlinge nicht in Staaten abgeschoben werden dürfen, in denen sie bedroht werden. Wir wollen auch, dass Asylbewerber ihren eigenen Unterhalt verdienen dürfen. Diese politischen Forderungen kann der Bundestag regeln und dazu hat unsere Bundestagsfraktion dort immer wieder Anläufe unternommen. Auch im Berliner Abgeordnetenhaus haben wir uns immer wieder für mehr Rechte für Flüchtlinge eingesetzt. In beiden Parlamenten sitzen wir allerdings in der Opposition. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat nicht die rechtlichen Möglichkeiten entsprechende Gesetze zu verabschieden oder gegen geltendes Recht der Bundesrepublik zu verstoßen.

Der Bezirk hat alles daran gesetzt, den Senat und das Land Berlin zu bewegen, alternative Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Da der Innensenator den Flüchtlingen ein Bleiberecht nach § 23 Aufenthaltsgesetzt nicht zugestehen wollte, hat sich der Bezirk dafür eingesetzt, dass zumindest eine Einzelfall-Prüfung der aufenthaltsrechtlichen Ansprüche vom Land zugestanden wird. Diese Vereinbarungen wurden später vom Senat gebrochen.

Welche Kosten sind bisher für die ehemalige Schule angefallen?

Allein die Betriebskosten für das Gebäude haben zwischen Januar bis Juli 2014 501.793,95 Euro gekostet.

Im Einzelnen waren das z.B.:

  • Hausreinigung 7.229,86 €
  • Frischwasser 16.418,00 €
  • Strom 59.491,15 €
  • Gas 28.630,97 €
  • Schneebeseitigung 506,04 €
  • Abfallentsorgung 24.188,98 €
  • Schmutzwasser 4.786,00 €
  • Steuer und Versicherung 1.475,27 €
  • Immobilienunterhalt 69.504,42 €
  • Gebäudeschutz und andere Dienstleistung 272.939,76 €

 

Bis Ende des Jahres wird mit rund 1,5 Millionen Euro gerechnet.

Dieses Geld war nicht in den vom Senat ohnehin sehr knapp gestrickten Haushalt eingeplant. Auch wegen dieser Ausgaben musste das Bezirksamt eine Haushaltssperre verhängen.

Wäre das Geld für Polizeieinsatz und Wachdienst nicht besser investiert, wenn es für das Flüchtlingszentrum eingesetzt worden wäre?

Ja. Einen Polizeieinsatz – mit all seinen negativen Folgen – will niemand.  Allerdings: Um in der ehemaligen Schule ein Internationales Flüchtlingszentrum einzurichten, muss das Gebäude umgebaut werden. Bis heute weigern sich die Flüchtlinge als Gruppe, darüber mit dem Bezirksamt zu sprechen.

Der Wachdienst soll verhindern, dass in die Schule wieder hunderte Flüchtlinge und Obdachlose einziehen und dort unter unmenschlichen Zuständen leben. Die derzeitigen Bewohner*innen haben immer wieder gesagt, dass sie nicht selbst dafür Sorge tragen können und wollen, dass sich die Schule nicht wieder füllt.

Warum betreiben die Flüchtlinge das IFZ nicht in Selbstverwaltung?

Die ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule ist seit knapp zwei Jahren besetzt. In diesem Zeitraum ist es Flüchtlingen, Supporter*innen und Aktivist*innen und engagierten Politiker*innen nicht gelungen, die Schule in ein funktionierendes selbst verwaltetes Zentrum umzuwandeln. Dies wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass die Eingangskontrolle bis heute nicht ohne Wachschutz funktioniert. Die Situation hat sich in zwei Jahren kaum verändert und es ist trotz großem Engagements Einzelner nicht davon auszugehen, dass sie sich zukünftig verbessern würde.

Die Lebenssituation vor Ort war von Anfang an schwierig, hat sich aber im Laufe der Besetzung dramatisch verschlechtert. Dazu gehörten katastrophale sanitäre Bedingungen und Gewalt zwischen den Bewohner*innen. Diese Situation wurde zu Recht von allen Seiten als menschenunwürdig kritisiert. Der Bezirk hat im Rahmen seiner Möglichkeiten versucht, Abhilfe zu schaffen: Er hat die Wasser- und Stromversorgung gewährleistet, den Müll beseitigt, Reparaturarbeiten und weitere Maßnahmen eingeleitet sowie versucht, eine Selbstverwaltung der Bewohner*innen zu erreichen. Trotzdem ist es nicht gelungen, das Gebäude menschenwürdig zu gestalten.

Die Finanzierung der Schule hat den Bezirk bereits an seine finanziellen Grenzen gebracht; eine weitere Subventionierung der Schule – ohne dass die Nutzer*innen Strom, Gas, Wasser und Co. selbst bezahlen – würde seinen Kollaps bedeuten.

Wie ist es zur Situation im zukünftigen IFZ gekommen?

Im Winter 2012 wurde die Kreuzberger Gerhart-Hauptmann-Schule von Flüchtlingen, die zuvor am Oranienplatz für ein humaneres Asylrecht demonstriert hatten, besetzt. Der Bezirk duldete dies im Rahmen der Kältehilfe. Im Laufe der Zeit fanden bis zu 300 Menschen in dem maroden Schulgebäude Zuflucht. Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne) war fortan jede Woche mehrmals vor Ort, um – neben Streitigkeiten zu schlichten, Reparaturen anzuordnen uvm. – mit den Flüchtlingen über ihre Zukunft zu sprechen und Alternativen zur Besetzung zu diskutieren.

Als Anfang dieses Jahres ein Flüchtling von einem anderen erstochen wurde, war die Situation in der ehemaligen Schule für uns endgültig nicht mehr tragbar. Ende Juni meldete der Senat, dass die lange versprochenen Alternativunterkünfte für die Flüchtlinge in der Kreuzberger Gerhart-Hauptmann-Schule nun zur Verfügung stünden. In den folgenden Tagen zogen rund 160 Flüchtlinge aus der Schule in reguläre Flüchtlingsunterkünfte nach Charlottenburg und Spandau. Der ganz überwiegende Teil der Flüchtlinge wollte schon seit geraumer Zeit die katastrophalen Zustände in der Schule hinter sich lassen und in reguläre Unterkünfte umziehen.

Wie kam es zum Polizeieinsatz im Sommer 2014?

Ein kleiner Teil der Flüchtlinge und Unterstützer*innen weigerte sich im Juni, die Schule zu verlassen, und blieb im Haus zurück. Auf Gespräche mit dem Bezirksamt wollten sie sich nicht einlassen. Stattdessen stiegen einige von ihnen aufs Dach des ehemaligen Schulgebäudes und drohten, hinunterzuspringen, sollte das Haus polizeilich geräumt werden. Zahlreiche Supporter*innen und Protestierende waren Tag und Nacht vor Ort, um gegen eine Räumung zu protestieren.

Das Bezirksamt hatte zuvor, um den Umzug zu sichern, die Polizei um eine Sicherung des Gebäudes gebeten. Umfang und Art des Einsatzes oblag der Polizeiführung. Polizist*innen aus dem ganzen Bundesgebiet, meist mehrere Hundertschaften gleichzeitig, waren vor Ort und riegelten den Kiez weitläufig ab. Wie viele Anwohner*innen haben auch wir die Art und Weise des Polizeieinsatzes kritisiert.

Eine Woche währte dieser Belagerungszustand der Polizei, die Situation war extrem verfahren, nichts bewegte sich. Die Polizei forderte den Bezirk ultimativ auf, die Räumung zu veranlassen. Anderenfalls würde die Polizei die Schule nicht mehr sichern, eine Nachbesetzung und Rückkehr zu den alten katastrophalen Verhältnissen wäre die Konsequenz. Die Bitte des Bezirks, den Raum für Verhandlungen zu öffnen, indem die Polizei ihre Präsenz vor Ort zurückfährt, aber das Schulgelände gegen Nachzug absichert, wurde ebenfalls zurückgewiesen.

In dieser Situation hatte der Bezirk selbst keine eigenen Handlungsoptionen mehr. Das Ultimatum der Polizei verstreichen zu lassen hätte bedeutet, dass genau derselbe Zustand in der Schule wie vor dem 24. Juni wieder hergestellt worden wäre. Ein Amtshilfeersuchen würde hingegen der Polizei die Möglichkeit geben, selbst in Verhandlungen zu gehen. Der zuständige Stadtrat hat sich am 1. Juli im Alleingang für das Amtshilfeersuchen entschieden. Er hat dabei – wie das Bezirksamt insgesamt – betont, dass das keine Aufforderung zur sofortigen Räumung, sondern zu Verhandlungen ist.

Warum wohnen noch immer Menschen in der Schule?

Zur Räumung kam es nicht – glücklicherweise kam u. a. durch Vermittlung des Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele (Grüne) und der Abgeordneten Canan Bayram (Grüne) wieder Bewegung in die Verhandlungen. Der Bezirk und die Besetzer*innen einigten sich schließlich auf einen Kompromiss: sie durften in einem Teil des Gebäudes bleiben, aber es sollten in keinem Fall neue Personen dazu kommen. Dies wurde auch durch einen privaten Wachschutz sichergestellt, der die Schule Tag und Nacht bewachte.

Seitdem haben leider immer wieder Bewohner*innen der Schule gegen die Vereinbarungen verstoßen: Sie verweigerten eine gemeinsame Planung eines Flüchtlingszentrums und versuchten sich Zutritt zu abgeriegelten Gebäudeteilen zu verschaffen. Außerdem gab es regelmäßig Angriffe auf den Wachschutz des Gebäudes.

Bis November 2014 hatten 46 Menschen eine Zugangsberechtigung zum bezirkseigenen Gebäude, der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Schule kann nur in das geplante IFZ umgebaut werden, wenn sie unbewohnt ist. Mitte Oktober hat Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) die verbliebenen 46 Flüchtlinge aufgefordert, das Haus bis Ende Oktober zu verlassen. Für den Fall, dass das unterbleibt, hat das Bezirksamt einstimmig den Beschluss gefällt, die Berliner Polizei mit einem sogenannten Amtshilfeersuchen um Unterstützung zu bitten. Auf den dann möglichen Einsatz von Polizist*innen hat das Bezirksamt keinen Einfluss mehr. Es ist Sache von Innensenator Frank Henkel und Polizeipräsident Klaus Kandt, den Einsatz so zu planen, dass Menschenleben nicht gefährdet werden. Wir bedauern diese Entwicklung zutiefst und appellieren an die Bewohner*innen, friedlich auszuziehen.

Ein Statement unserer Fraktion zur aktuellen Situation (Stand 5.11.2014) kann hier nachgelesen werden.