SA/254/III
Schriftliche Anfrage
1. Entspricht die Reinigungsfrequenz des öffentlichen Straßenlandes in den touristischen „Ballungsräumen“ in Friedrichshain denen von anderen entsprechend belasteten und vergleichbaren Gebieten in Berlin?
Die Simon-Dach-Straße (zwischen Grünbergstraße und Kopernikusstraße) ist gemäß Straßenreinigungsverzeichnis in die Reinigungsklasse 1 eingestuft, d.h. die Reinigung erfolgt siebenmal pro Woche.
Die Krossener Straße sowie die Gabriel-Max-Straße und die Grünberger Straße sind der Reinigungsklasse 2 zugeordnet, d.h. sie werden fünfmal pro Woche gereinigt.
Im Vergleich dazu werden die Bergmannstraße, der Breitscheidplatz oder etwa der Kollwitzplatz ebenfalls siebenmal gereinigt.
2. Gibt es „Sonderreinigungsaktionen“ nach Großveranstaltungen im Boxikiez, wie etwa Demonstrationen oder Clubpartys, die eine hohe Publikumsrate haben, mit entsprechendem Konsum und Müllhinterlassenschaften der BesucherInnen?
In der Regel enthalten die Genehmigungen der Veranstaltungen entsprechende Auflagen, aufgrund derer die Veranstalter selbst für eine Reinigung der genutzten Straßenabschnitte sorgen müssen. Die BSR sieht von sich aus keine Sonderaktionen vor. Gegebenenfalls kann jedoch die Durchführung einer Reinigung im Einzelfall angefordert werden.
3. Wie wird solch zusätzlicher Bedarf ermittelt? Gibt es dafür Strukturen?
Zusätzlicher Bedarf nach Veranstaltungen wird nicht generell ermittelt, da insoweit keine Sonderaktionen vorgesehen sind. Die generelle Einstufung der Straßen in Reinigungsklassen wird jedoch alle zwei Jahre auf Bedarfsgerechtigkeit überprüft von der Straßeneingruppierungskommission, bestehend aus Vertretern der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, des Amtes für regionalisierte Ordnungsaufgaben, der betreffenden Bezirksverwaltungen sowie der BSR.
4. Beteiligen sich die NutznießerInnen des Party- und Kneipentourismus an den entstehenden Kosten für die Beseitigung des damit verbundenen massiven Mülls?
Die Kosten der Straßenreinigung sind gemäß Straßenreinigungsgesetz zu 75 % durch Entgelte zu decken. Insoweit werden von den Anliegern und Hinterliegern der Straßen, also Kleine Anfrage Antwort vom 05.01.2010 den Grundstückseigentümern Straßenreinigungsgebühren erhoben. Die Gebühren werden in der Regel auf die Mieter umgelegt. Insoweit werden auch die Betreiber von Kneipen etc. an den Kosten beteiligt.
5. Welche Lärmminderungsauflagen haben die verschiedenen „Partyclubs“ und die „Openair Clubs und Bars“ in Friedrichshain insbesondere in der Nähe von Wohngebieten? Wie werden diese durchgesetzt?
Die Maßnahmen bzw. Anforderungen zur Lärmminimierung orientieren sich jeweils an den Umständen des Einzelfalls und erstrecken sich von der Auflage, Türen geschlossen zu halten über die Einpegelung von Musikanlagen bis hin zur Beschränkung von Betriebszeiten.
Gegebenenfalls kommen auch bauliche Dämmmaßnahmen in Betracht. Der Betrieb von Außenschankflächen in der Simon-Dach-Straße etwa wurde sonntags bis donnerstags auf 23:00 Uhr und freitags und samstags auf 24:00 Uhr begrenzt. Die Durchsetzung erfolgt mittels Kontrollen und Verhängung von Bußgeldern bei Verstößen.
6. Wer kontrolliert die Gewerbetreibenden und Gaststättenbetreiber nach 22:00 Uhr und insbesondere am Wochenende, dass von ihren Veranstaltungen nicht zu viel Lärm ausgeht, der die AnwohnerInnenschaft stören könnte? Wird nur auf Betreiben und Beschwerden von AnwohnerInnen reagiert oder arbeitet die zuständige Behörde auch präventiv oder durch Stichproben?
Mitarbeiter/innen des Innendienstes des Wirtschafts- und Ordnungsamtes führen auch präventive Vorortkontrollen durch. Dabei ist vornehmlich die Einhaltung der zeitlichen Beschränkung des Betriebs von Außenschankflächen im Blick.
Anwohner, die sich gestört fühlen, rufen nach 22:00 Uhr die Polizei zwecks Unterbindung verhaltensbedingten Lärms an. Bei Anzeigen werden Bußgeldverfahren durch das Wirtschafts- und Ordnungsamt durchgeführt.
Im Herbst des vergangenen Jahres haben das Wirtschafts- und Ordnungsamt und der zuständige Abschnitt der Polizei auch gemeinsame Kontrollen mit Schwerpunkt im Simon- Dach-Kiez vereinbart, die zu Beginn der Außensaison 2010 durchgeführt werden sollen.
7. Wie und wann werden die „Parksünder“ in den Abend- Nacht- und Wochenendstunden kontrolliert, die Fußwege und Kreuzungsbereiche so massiv verstellen, dass es kaum möglich ist, die Straßenseite zu wechseln, insbesondere dann, wenn FußgängerInnen mit Gepäck, Kinderwagen, zu schiebendem Fahrrad unterwegs sind oder RollstuhlfahrerInnen bzw. es zur Gefährdung von VerkehrsteilnehmerInnen kommt?
Die Überwachung des ruhenden Verkehrs obliegt tagsüber und abends bis 22:00 Uhr dem Ordnungsamt (allgemeiner Ordnungsdienst) und nach 22:00 Uhr der Polizei. Beide Behörden sorgen jeweils für eine regelmäßige Bestreifung.
Zusätzlich kann das Ordnungsamt über das Bürgertelefon 90298 – 4313 oder die Polizei über die 110 benachrichtigt werden. Bei Verkehrsbehinderungen bzw. -gefährdungen werden Fahrzeugumsetzungen veranlasst und Verwarnungs- bzw. Bußgelder erhoben.
8. Bitte beschreiben Sie, wie ein Ausgleich zwischen Tourismus und den Bedürfnissen der AnwohnerInnen von Friedrichshain im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und dortigen Schutzgarantien erreicht wird?
Bereits im Jahr 2003 wurden sowohl im Bereich Boxhagener Platz als auch im Bereich Simon-Dach-Straße und Umgebung umfangreiche Clearinggespräche zwischen Bezirk, Anwohner/ innen und Gastwirten geführt. Es wurden Absprachen zur Minimierung von Konflikten getroffen.
Den Anwohner/innen wurden die Kontaktdaten aller Gaststättenbetreiber zwecks direkter Kontaktaufnahme bei Störungen zur Verfügung gestellt. Die Betreiber übernahmen die Verpflichtung zur zügigen Durchführung lärmreduzierender Maßnahmen sowie grundsätzlich zur Aufforderung an die Gäste, ab 22 Uhr in Schankvorgärten die Gesprächslautstärke zu reduzieren.
Im Sommer 2009 gab es Beschwerden von Anwohnern aus dem Simon-Dach-Kiez. Unmut entstand auch unter Gastwirten, die sich an die erteilten Sondernutzungserlaubnisse mit der zeitlichen Befristung hielten (23.00/24.00 Uhr Regelung), weil andere Gastwirte häufig ungeahndet dagegen verstießen. Am 24.09.09 fand ein Gespräch zur Verbesserung der Situation statt.
An diesem Gespräch nahmen auch ein Vertreter des zuständigen Polizeiabschnitts sowie ein Vertreter des Hotel- und Gaststättenverbandes teil. Kleine Anfrage Antwort vom 05.01.2010 Wieder wurde nach Lösungsmöglichkeiten gesucht, die die Interessen der Anwohner und der ansässigen Gastwirte gleichermaßen berücksichtigen. Alle Beteiligten waren sich einig, dass eine zeitliche Reglementierung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen (wie seit 2008 praktiziert) eine sinnvolle ordnungsbehördliche Maßnahme ist.
Festzustellen ist aber, dass in der Vergangenheit nur unzureichend von Seiten des Ordnungsamtes und der Polizei kontrolliert wurde, was zur Folge hatte, dass sich ein Teil der Gastwirte über die zeitliche Begrenzung hinwegsetzte. Problematisch dabei ist, dass der Außendienst des Ordnungsamtes gemäß einer Rahmenzeitvereinbarung nur bis 22.00 Uhr seinen Dienst versehen darf, Kontrollen aber erst ab ca. 23.30 bzw. 0.30 Uhr erforderlich werden um hier tatsächlich Verstöße auch gerichtsfest ahnden zu können.
Auch fällt diese Art von Kontrollen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Polizei bzw. des Landeskriminalamtes; auch hier gibt es durch den massiven Personalabbau erhebliche Probleme, diese Aufgaben noch wahrzunehmen. Sowohl dem Ordnungsamt als auch dem zuständigen Polizeiabschnitt ist es wichtig, dass hier wieder eine Betriebsführung im Einklang mit den Vereinbarungen erfolgt und somit ein gemeinsames Miteinander aller Interessenslagen des Kiezes erfolgt.
Abschließend wurde vereinbart, dass Mitarbeiter/innen des Innendienstes des Ordnungsamtes (nur im Innendienst ist hier in Ausnahmen eine bedarfsorientierte Arbeitszeit auch nach 22.00 Uhr möglich), gemeinsam mit Beamten des Abschnitts 58 Kontrollen in diesem Gebiet durchführen werden. Angedacht waren erste Kontrollen noch vor dem Jahreswechsel 2009/10, darauf wurde aber aufgrund der schlechten Witterungsbedingungen noch verzichtet.
Nunmehr ist geplant, zu Beginn der Vorgartensaison 2010 (ca. 03/10) erste Kontrollen durchzuführen, um hier von Seiten der Behörden gleich zu Anfang der Saison auf ein ordnungsgemäßes Verhalten hinzuweisen.
9. Gibt es aus Sicht des Bezirksamtes Nachbesserungsbedarf? Wie sollte dieser aussehen, um die Lebensqualität in den Wohngebieten zu erhalten und zu verbessern?
10. Wenn ja, welches wären die entsprechenden zuständigen AnsprechpartnerInnen und welche Bemühungen unternimmt das Bezirksamt bereits?
Zur Frage 9 und 10:
Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bemüht sich intensiv um die Verbesserung des Dialogs zwischen der Politik bzw. der Verwaltung und den Inhabern von Betrieben sowie den Anwohnern, vor allem aber auch zwischen Betreibern und Anwohnern im Sinne eines bürgerschaftlichen Engagements, um gegenseitiges Verständnis zu wecken und zu fördern. Er wirkt als einer von mehreren Pilotbezirken an einem Projekt der Senatsinnenverwaltung zur Stärkung von Partnerschaften zwischen Bürgergruppen und der Verwaltung mit.
Hintergrund dieses Projekts ist es insbesondere, den Partnerschaftsgedanken zwischen Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern weiterzuentwickeln und zu fördern, „mit dem Ziel, mehr verlässliche und nachhaltige Bündnisstrukturen zwischen der Verwaltung und den Bürgerinnen und Bürgern zu schaffen.
Die regelmäßige Kommunikation zwischen der Ordnungsämtern und aktiven Bürgerinnen und Bürgern sowie weiteren Akteuren, die sich zum Thema „besseres Wohnumfeld“ engagieren, sollen gefördert werden. Die gemeinsame Erarbeitung von Problemlösungen könnte verbindlicher gestaltet und bestehende Kooperationsstrukturen gestärkt werden.“ Die Idee wurde in enger Kooperation mit dem Bezirksamt entwickelt.
Mir freundlichen Grüßen
Dr. Peter Beckers
Friedrichshain-Kreuzberg, den 27.01.10
Bündnis 90/Die Grünen
Fragestellerin: Marianne Burkert-Eulitz