Mündliche Anfrage eingereicht von Olja Koterewa, B’90 Die Grünen zur BVV am 25. Mai 2022
Ich frage das Bezirksamt:
1. Wie wird im Zusammenhang mit den Leistungen für Geflüchtete verfahren, wenn beim Rechtskreiswechsel
zum 1.6. eine Person die nötige Voraussetzung „Aufenthaltserlaubnis nach §24 erteilt
oder eine entsprechende Fiktionsbescheinigung“ für den Erhalt der Leistungen vom Jobcenter
erfüllt, die zu der Person gehörenden Kinder (z.B., weil sie noch nicht über den nötigen ukrainischen
Pass) aber nicht?
2. Gibt es Möglichkeiten, dass Kinder, auch wenn sie noch keinen Aufenthaltstitel haben, z.B. auf
Grund eines noch nicht vorhandenen Passes, mit ihren Müttern gemeinsam in einer Bedarfsgemeinschaft
Leistungen nach dem SGB II erhalten?
3. Wenn nicht, wie stellt das Bezirksamt sicher, dass geflüchtete Familien, in den meisten Fällen
kriegsbedingt alleinerziehende Mütter, nicht zwei unterschiedliche Stellen – in dem Fall Jobcenter
und Sozialamt – für den Leistungsbezug anlaufen müssen?
Beantwortung: BezStR Herr Nöll
BezStR Herr Nöll: Vielen Dank für Ihre Fragen, Frau Koterewa. Sehr geehrte Verordnete, liebe Zuschauende,
ich beantworte Ihre Fragen wie folgt, möchte aber vorher eine Vorbemerkung machen. Geplant ist
der Rechtskreiswechsel von ukrainischen Geflüchteten zum 01.06.22, das ist richtig. Ziel dabei ist eine
verlässliche, unbürokratische und nahtlose Leistungsquerung. Wir sind dazu auch in vielen Runden im
Austausch, mit der zuständigen Senatsverwaltung, der Regionaldirektionen, der Bundesagentur und
unserem Sozialamt.
Mit Verkündung des Gesetzes zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in dem
sozialen Mindestsicherungssystem sowie der Änderung des Finanzausgleichgesetzes im Bundessesetzblatt
ist grundsätzlich damit zu rechnen, dass Leistungsberechtigte ab dem 01.06. aus der Zuständigkeit
der Sozialämter, aus dem Asylbewerberleistungsgesetz zu den Jobcentern wechseln.
Hierbei ist zu beachten, dass erst mit einer Fiktionsbescheinigung und einer Aufenthaltserlaubnis nach §
24 Aufenthaltsgesetz ein Leistungsanspruch nach dem SGB II begründet werden kann.
Jetzt zu Ihren Fragen:
zu Frage 1: Kinder bis 14 Jahre leiten ihren Status vom Status der Eltern ab. Sofern Kinder über 15 Jahre
über keine eigene Fiktionsbescheinigung oder Aufenthaltserlaubnis verfügen, aber mit ihren Eltern oder
einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben, haben sie nach § 7 Abs. 2 SGB II einen Anspruch
auf Leistungen nach dem SGB II.
zu Frage 2: Ja, denn zu den Bedarfsgemeinschaften gehören, ich zitiere aus dem Gesetz, „die erwerbsfähigen
Leistungsberechtigten, die im Haushalt lebenden Eltern Job oder der im Haushalt lebende Elternteil,
eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet
hat und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils.
Als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die
a) nicht dauerhaft getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauerhaft getrennt lebende Ehegatte,
b) die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin und der nicht dauernd getrennt lebende
Lebenspartner,
c) eine Person, die mit einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen
Haushalt so zusammen lebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille
anzugeben ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
Und letztens: Die im Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder, der in den Nummern 1 bis 3 genannten
Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sobald sie die Leistungen
zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen schaffen können.
Und ganz eindeutig: Der fehlende Pass ist kein Ausschlusskriterium für einen Leistungsbezug.
zu Frage 3: Anspruch einer Bedarfsgemeinschaft besteht jeweils nur bei einem Leistungsträger, s. auch
die vorherigen Antworten. Das heißt, es ist entweder das Sozialamt oder das Jobcenter, was in Leistung
tritt und das gilt dann für alle Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft. Soweit erst mal.
Frau Koterewa: Ja, vielen Dank und vielen Dank für die Beantwortung, das hat schon für Klarheit gesorgt.
Nur einmal meine Rückfrage: Also es genügt quasi, wenn die Mutter die Voraussetzungen erfüllt
und die Kinder, zumindest wenn sie unter 14 sind, gehen dann automatisch in die Bedarfsgemeinschaft
mit über?
zu Nachfrage 1: Das ist richtig, damit sind die grundsätzlichen Leistungen zu beantragen, wobei es natürlich,
wie auch für die hier lebende, dauerhaft lebende Bevölkerung so ist, dass es dann immer noch
Leistungen gibt, die man bei anderen Ämtern beantragen muss, Elterngeld etc. beim Jugendamt oder
so. Aber die grundsätzlichen Leistungen sind bei einer Behörde zu stellen und das Kind ist dann mit eingeschlossen