Mündliche Anfrage gestellt von Magnus Heise, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur BVV am 16. Oktober 2024
Ich frage das Bezirksamt:
- Welche Erkenntnisse hat das Bezirksamt hinsichtlich einer Zunahme von Drogenkonsum und einhergehender „Verwahrlosung“ im öffentlichen Raum rund um den Mariannenplatz und in dessen näherer Umgebung bis hin zum Engelbecken?
- Welche aufsuchenden Angebote werden den Menschen vor Ort gemacht?
- Welche kurzfristigen Ansätze sieht das Bezirksamt zur allgemeinen Verbesserung der Lage vor Ort?
Es antwortet Oliver Nöll, Stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat, Abt. Arbeit, Bürgerdienste und Soziales
In die Beantwortung ist eine Zuarbeit der Organisationseinheit „Bezirkliche Planung und Koordinierung“ eingeflossen.
1. Welche Erkenntnisse hat das Bezirksamt hinsichtlich einer Zunahme von Drogenkonsum und einhergehender „Verwahrlosung“ im öffentlichen Raum rund um den Mariannenplatz und in dessen näherer Umgebung bis hin zum Engelbecken?
Allgemein wird eine Zunahme von Drogenkonsum im öffentlichen Raum beobachtet, vor allem in Kreuzberg rund um die kriminalitätsbelasteten Orte Kottbusser Tor und Görlitzer Park/ Wrangelkiez sowie entlang der U-Bahnlinien, wobei es aufgrund verschiedener Faktoren (z.B. Polizeieinsätze) immer wieder zu Verschiebungen kommt. Der Bezirk finanziert und steuert hier ein Angebot Aufsuchende Sozialarbeit (Fixpunkt e.V.) sowie ein niedrigschwelliges Beschäftigungsprojekt (Fixpunkt gGmbH), in dessen Rahmen Spritzen gesammelt werden. Die Projekte reagieren flexibel auf räumliche Veränderungen und sind vor allem dort tätig, wo aktuell hoher Bedarf ist. So kann auch auf Hinweise auf besonders belastete Orte reagiert werden, zum Beispiel konnte ein Spielplatz ad hoc in die Route des Spritzensammelprojekts aufgenommen werden.
Der Mariannenplatz sowie das Gebiet nördlich davon in Richtung Engeldamm befinden sich im Planungsraum Oranienplatz an der westlichen bzw. nördlichen Grenze. Bisher hat der Bezirk, hier im Bereich der bezirklichen Planung und Koordinierung eine Beschwerde bzw. Hinweis von Anwohnenden / Akteuren zu dieser Thematik erreicht, die sich direkt auf den Mariannenplatz bezieht. Anlass dafür war eine Reinigungsaktion, in deren Zuge auch Spritzen gefunden wurden. Eine daraufhin erfolgte Nachfrage bei der Aufsuchenden Sozialarbeit von Fixpunkt e.V. bestätigte den bisherigen Eindruck, dass es sich bei dem Gebiet in unmittelbarer Umgebung des Mariannenplatzes keinesfalls um einen sehr belasteten Ort handelt, auch wenn sich dort durchaus wohnungslose Menschen aufhalten bzw. Drogen konsumiert werden. Ähnliches wurde ebenfalls in der Sicherheitsrunde Mariannenplatz berichtet, die von der Degewo veranstaltet wird und an der regelmäßig die Polizei, Stadtteilkoordination und auf Einladung die Suchthilfekoordination teilnehmen. Es kommt zu vereinzelten Vorfällen, aber die Situation direkt am Mariannenplatz und im unmittelbaren Umfeld in Richtung Norden ist nicht annähernd vergleichbar mit anderen angrenzenden Wohnkiezen, die aktuell besonders stark von Obdachlosigkeit und Drogenkonsum im öffentlichen Raum betroffen sind.
Dementsprechend werden vorhandene Ressourcen vor allem in den stark belasteten Gebieten eingesetzt. Im Planungsraum Oranienplatz sind vor allem das Kottbusser Tor und seine Umgebung sowie der Wassertorplatz und Umgebung besonders durch Drogenkonsum im öffentlichen Raum belastet, so dass die erwähnten Projekte schwerpunktmäßig dort tätig sind.
Alle zuständigen Bereiche des Bezirksamts melden zurück, dass das beschriebene Gebiet Auffälligkeiten aufweist, die auch in anderen öffentlichen Bereichen in Kreuzberg wahrzunehmen sind: sichtbarer Drogenkonsum (u.a. Zunahme von „Crack“- konsumierenden Personen) und Auswirkungen von Obdachlosigkeit im öffentlichen Raum. Insofern ist er ein Schwerpunkt und wird durch aufsuchende Straßensozialarbeit bestreift. Dennoch sind nach Aussagen der Fachkräfte der Straßensozialarbeit keine extremen Auffälligkeiten erkennbar, die den Bereich zu einem herausgehobenen „Drogen-Hotspot“ machen würden.
zu 2. Welche aufsuchenden Angebote werden den Menschen vor Ort gemacht?
Die mit dem Bezirk kooperierende Straßensozialarbeit des EHAP-Projektes ist mindestens zweimal pro Woche in dem Bereich unterwegs und spricht hilfebedürftige Menschen an. Im Gebäude der St. Thomas Kirche befindet sich das „Kaffee Krause“. Dies hat Di. und Fr. von 8:00-10:00 Uhr geöffnet, ab 1.11. im Rahmen der Kältehilfe von Dienstag bis Freitag. Dort wird dann auch eine Suppenküche durch die Johanniter Unfallhilfe betrieben (Di.-Fr. 17:00-21:00 Uhr). Am Bethanien befindet sich ein Safe Place mit 3 Wohnboxen, die u.a. durch die bezirkseigene Straßensozialarbeit betreut und möglichst durchgängig belegt werden. Zuletzt wurde ein am Mariannenplatz zeltendes Pärchen aufgenommen. In der Waldemarstr. befindet sich das „Heile Haus“ mit der Möglichkeit zur Körperhygiene. Die Arztpraxis am Ostbahnhof sowie die dort angebundene Infrastruktur sind ebenso fußläufig erreichbar, wie die Wohnungslosen Tagesstätte „Am Wassertor“. Gangway ist mit Straßensozialarbeitenden ebenfalls (u.a.) im Umfeld des Mariannenplatzes aktiv. Die aufsuchende Sozialarbeit von Fixpunkt e.V. ist im Ortsteil Kreuzberg tätig, mit räumlichen Schwerpunkten am Kottbusser Tor und Umgebung, Görlitzer Park und Wrangelkiez, Reichenberger Kiez sowie an weiteren Orten nach Bedarf.
zu 3. Welche kurzfristigen Ansätze sieht das Bezirksamt zur allgemeinen Verbesserung der Lage vor Ort?
Das Bezirksamt plant, die bestehenden Angebote gemäß Punkt 2 abzusichern und die enge Zusammenarbeit zwischen Sozial- und Ordnungsamt weiterhin sicherzustellen, insbesondere, wenn Räumungen unvermeidbar sind. Beschwerden zu Drogenkonsum und Hinterlassenschaften, die bei der Suchthilfekoordination eingehen, werden umgehend an das Projekt Aufsuchende Sozialarbeit Kreuzberg von Fixpunkt e.V. weitergeleitet. Die Kolleg*innen prüfen dann im Rahmen ihrer Kapazitäten vor Ort die Notwendigkeit weitergehender Interventionen. Auch das Peer-Projekt (Spritzensammelprojekt) der Fixpunkt gGmbH ist kurzfristig ansprechbar und bereit, vor Ort eine Einschätzung zu treffen und Konsumutensilien zu sammeln. Falls notwendig, gehen wir in Abstimmung mit dem SGA/der BSR, um zu klären, ob die Installation eines Spritzenabwurfbehälters an besonders konsumbelasteten Orten als sinnvoll erachtet wird. Die Situation rund um den Mariannenplatz und in dessen Umgebung wird beobachtet und regelmäßig durch aufsuchende Sozialarbeit betreut. Es wird auch weiterhin flexibel auf Veränderungen und Beschwerden reagiert.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Nöll