Interkulturelle Gärten werden immer beliebter
Seitdem die so genannte First Lady Michelle Obama mit Schulkindern einen Küchengarten am Weißen Haus angelegt hat, werden IKG in der Öffentlichkeit mehr wahrgenommen. Mobile Gärten lassen brache Flächen, betonierte Plätze (Hausdächer Parkplätze etc.) und andere versiegelte Flächen ergrünen. Auf die Krautgärten und Schulgärten freuen sich die Kinder in Kindertagesstätten und Schulen. Interkulturelle Gärten bieten Raum für Begegnungen zwischen MigrantInnen und Deutschen. Und dann gibt es noch die Guerilla-Gärtner. Sie bepflanzen ohne eine Genehmigung Bürgersteige und andere öffentliche Plätze.
Die interkulturellen Gärten sind Orte, wo das Gärtnern und Freizeitaktivitäten den sozialen Kontakt zwischen MigrantInnen und Deutschen untereinander herstellen. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts entwickelten sich in mehreren großen Städten der Welt, wie etwa Buenos Aires, New York City und Toronto Gemeinschafts- bzw. Nachbarschaftsgärten als neue Form von urbaner Subsistenzwirtschaft.
Vorbild Göttingen
In Deutschland entstand das Pilot-Projekt der Interkulturelle Garten 1996 auf Initiative von MigrantInnen in Göttingen. Der Verein „Internationale Gärten“ wurde 1998 gegründet. In verschiedenen Gärten gärtnern Familien aus fast 20 Ländern zusammen.
Dem Netzwerk Interkulturelle Gärten gehören derzeit 97 Gärten in 14 Bundesländern an. Weitere 47 Projekte befinden sich im Aufbau. (Stand: Februar 2010). In Berlin bestehen 20 interkulturelle Gärten. Weitere 10 befinden sich im Aufbau. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sind 7 interkulturelle Gärten zu finden.
Wie die Zahlen zeigen sind in einer kurzen Zeit weitere Gärten in Deutschland entstanden, so dass es fast von einer neuen sozialen Bewegung gesprochen werden könnte. Die Stiftung Interkultur in München, hat das „Netzwerk Interkulturelle Gärten“ aufgebaut. Sie koordiniert Gartenprojekte bundesweit, berät in Fragen der Projektentwicklung, Öffentlichkeitsarbeit, Fundraising und gibt in Einzelfällen finanzielle Starthilfe. Gemüse und Kräuter für den Eigenbedarf Interkulturelle Gärten bestehen aus einzelnen Parzellen. Es werden Gemüse und Kräuter (darunter in Deutschland wenig bekannte Arten und Sorten aus den Herkunftsländern) umweltfreundlich, ökologisch und für den Eigenbedarf angebaut. Es gibt außerdem gemeinschaftlich genutzte Flächen für Kinderspiel, Veranstaltungen und Treffen. Die Gärten sind oft auch Anknüpfungspunkt für darüber hinaus gehende Aktivitäten und Lernangebote für berufliche Integration etwa durch Besichtigungen und Praktika bei Betrieben aus dem Bereich Gartenbau und Umwelt, Förderung der beruflichen Orientierung im gärtnerischen und Umweltbereich.
Sie leisten u.a. einen Beitrag zur CO2-Minderung bei. In Krisenzeiten können sie zur Selbstversorgung dienen. Interkulturelle Gärten stiften zudem Gemeinschaft über Kulturen und Nationalitäten hinweg. Dadurch fördern sie die Verständigung zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, die Integration und Partizipation von MigrantInnen sowie die Erhaltung und Nutzung der Kulturpflanzenvielfalt.
Austausch sozialer und interkultureller Kompetenz
Die soziale Integration durch Nachbarschaftshilfe und Familienbetreuung, Erlernen der deutschen Sprache, Aufsuchen und Kontakt zu Bildungseinrichtungen, Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit sind weitere Aktivitäten in interkulturellen Garten. Darüber hinaus findet ein reger Austausch von gärtnerischen Erfahrungen, kulturellen, sozialen Kompetenzen zwischen den GärtnerInnen statt. Die IKG erfüllen auch die Funktion, ein Ort der Begegnung und der Rast im Alltag für Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland und verschiedenen Herkunftsländern zu realisieren. Die interkulturellen Gärten sind Orte der Pflege, des eigenhändigen Erfolgs, der Auseinandersetzung mit Natur und ihren Regeln, Wachstum und seinen Bedingungen, Gestaltung von Gemeinschaft und Verantwortung. Für viele Familien sind sie „grüne Inseln“, von denen Erwachsene und Kinder fernab von Supermarkt & Co. eigene Ernte auf den Tisch bringen können. Die interkulturellen Gärten bieten so die Rekonstruktion und Wertschätzung von mitgebrachten Praktiken, den Austausch von gärtnerischen Erfahrungen und Fakten zu Natur- und Umweltschutz. Hier werden Interaktion, Dialog und Partizipation gefördert. Vor allem Menschen mit Migrationshintergrund eröffnen sie neue Wertschätzungen, Kontakte, Sprache und kulturellen Austausch.
Turgut Altug