DS/1395/IV Mündliche Anfrage
Ich frage das Bezirksamt:
1) Wen hat das Bezirksamt wann und wie über die Schließung des Tiergehege bzw. den Abtransport aus dem Gehege am Viktoriapark informiert?
2) Welche Möglichkeiten wurden mit welchen Ergebnissen bereits geprüft, um einen Verbleib des Tiergeheges zu ermöglichen?
3) Welche Pläne gibt es bzgl. der baulichen Anlage?
Nachfragen:
1) Unter welchen Bedingungen wäre ein Weiterbetrieb des Tiergeheges denkbar?
Beantwortung: Frau Borkamp
zu Frage 1:
Persönlich informiert wurden die unmittelbar betroffenen ehrenamtlichen Pflegekräfte,
ferner ist eine Pressemitteilung verfasst worden. Darüber hinaus hat das Bezirksamt auf eine mündliche Anfrage, Drucksache 1346/IV, die bevorstehende Schließung des Tiergeheges bestätigt.
zu Frage 2:
Zunächst, jetzt gehe ich wieder ein bisschen in die Historie, solche Geschichten haben ja doch einen Vorlauf, muss darauf hingewiesen werden, dass es bis 1992 zwei feste Tierpflegerstellen gab, die im Rahmen von Einsparungsbeschlüssen des damaligen Bezirksamtes und der damaligen BVV einzusparen waren. Die Tierpfleger wurden daraufhin in Gärtnerstellen umgesetzt, nahmen die Tierpflege aber weiterhin verantwortungsvoll wahr. Daraufhin wurden die Gärtnersteller im Rahmen der folgenden Haushaltsplanaufstellung ebenfalls gestrichen, damit der weiterhin praktizierten Tierpflege im Grünwegebereich offenbar immer noch eine Personalüberausstattung
gegeben war. Daraufhin wurden erstmalig intern Schließungsüberlegungen angestellt, denn die dem Amt auferlegte Logik des Tiergeheges ohne Personal betreiben zu sollen, konnte nicht aufgehen.
Aufrufe zu Spenden für das Tiergehege, zum Beispiel in Tierarztpraxen, blieben in der Folgezeit weitestgehend ungehört. Als dann die Schließung des Geheges immer konkreter wurde, formierte sich erstmals Widerstand in der Bevölkerung, obwohl ein konkreter Beschluss noch gar nicht gefasst war. Das Bezirksamt hat daraufhin 2002 der BVV mit der Vorlage Drucksache 0046/II eine abgeschwächte Schließung (eine Reduzierung des Tierbestandes auf Ziegen) vorgelegt.
Der Wortlaut der Vorlage lautet: „Im Tiergehege werden Tiere unterschiedlichster Artgruppen gehalten, Ziegen, Ziervogelarten, Hausflügel, Kaninchen, Meerschweinchen und ein Waschbär“. Da waren auch mal so hässliche Ratten mit gelben Zähnen. „Im Haushaltsplan sind seit 1993 keine Tierpflegerstellen veranschlagt. Deshalb wird das Tiergehege durch gärtnerisches Personal vom Revier A mitbetreut.
Wegen der angespannten Personalsituation muss das Tiergehege mit möglichst geringem Personaleinsatz betrieben werden. Derzeit ist eine Mitarbeiterin, abweichend
vom Stellenplan, ganztägig im Tiergehege beschäftigt. Die Tiere müssen auch am Wochenende betreut werden. Mit der Vertretung an jedem zweiten Wochenende sowie für die sonstigen Fehlzeiten, Freizeitausgleich, Urlaub, Krankheitsfall ist eine zweite Mitarbeiterin betraut. Der Personalrat bemängelt, dass die Dienstpläne nicht mit dem Tarifrecht übereinstimmen.
Der 14tägige Rhythmus bei der Urlaubs- und Krankheitsvertretung gemäß § 15 BMTG wird nicht eingehalten. Bei einer Vertretungszeit von zwei Wochen muss eine dritte Person die Vertretung übernehmen. Diese Arbeitskraft steht nicht zur Verfügung. Und die Arbeit in einem Tiergehege erfordert auch Fachkenntnisse, die auch nach einer Anlernphase nur durch kontinuierliche Mitarbeit im Tiergehege aufrechterhalten werden können. Zudem stehen im Grünpflegebereich noch weitere Stelleneinsparungen an.
Durch eine deutliche Reduzierung ganzer Artengruppen bis auf den Ziegenbestand, kann der Arbeitsaufwand soweit vermindert werden, dass das Tiergehege täglich nur noch durchschnittlich zwei Stunden betreut werden muss. Die Ziegen haben eine hohe Anziehungskraft bei den Besuchern des Viktoriaparks, die Tierhaltung ist zudem unkompliziert. Für diese Arbeiten kann eine dritte Person angeleitet werden, um die Vertretungsregelung gemäß § 15 BMTG gerecht zu werden. Die bisher mit der Tierpflege Beschäftigen werden nach Reduzierung des Tierbestandes entsprechend im Stellenplan hauptsächlich in der Grünflächenpflege eingesetzt.“ Das war der Beschluss von 2002.
Die BVV hat diese Vorlage damals nicht zur Kenntnis genommen, obwohl sie im Rahmen eines Haushaltsbeschlusses die Rahmenbedingungen schon gesetzt hatte, aber das kennen wir ja. Immerhin hatte eine Bürgerinitiative diese Situation zum Anlass genommen, ein eigenständiges Konzept zu entwickeln. Später ist aus dieser Initiative sogar ein Verein geworden, der sich insbesondere um die Wochenendversorgung der Tiere bemüht hat. Leider musste dieser Verein mangels Mitglieder seine Unterstützung später wieder einstellen.
In der Folge wurde ein Beschäftigungsträger gefunden, der sich nunmehr um die Tierpflege gekümmert hat, entgegen der arbeits- und förderrechtlichen Vorschriften sogar zunehmend an Werk und Feiertagen. Leider waren die Förderzeiträume begrenzt und die Fortsetzung nur mit Unterbrechung von mehreren Monaten möglich. Auch das ist ein bekanntes Thema im Bezirksamt. Die Bemühungen des Bezirksamts, insbesondere des Fachbereichs Grünflächen, bei der die Fördermaßnahmen bewilligenden Stelle, eine zügigere Bearbeitung zu erwirken, waren leider nicht erfolgreich.
Eine gängige Begründung von dort lautete: „Wir fördern Menschen und keine Tiere“.
Anlässlich der letzten Haushaltsplanaufstellung hat das Bezirksamt im Rahmen der geforderten Aufgabenkritik erneut nicht Pflichtaufgaben zusammengestellt, die eine Kosten- und Zeitersparnis ermöglichen sollen. Dazu gehört neben der Betreuung von Baumscheibenpatenschaften, Zierbrunnen, Parkbeleuchtung und Kunstwerken auch der Betrieb des Tiergeheges. Das Gehege sollte daher entweder an einen anderen Betreiber abgegeben werden oder geschlossen werden.
Es folgten daraufhin Abfragen bei anderen Ämtern im Bezirk, ob der Betrieb aus einer anderen fachlichen Erfordernis, zum Beispiel pädagogischen Gründen, zwingend aufrecht zu erhalten ist. Diese Notwendigkeit wurde sowohl vom Jugend- als auch vom Schulbereich verneint. Auch eine langjährige bzw. dauerhafte Übergabe des Betriebs an ein Beschäftigungsträger erwies sich als nicht realisierbar, da der Träger keine langjährige dauerhafte Förderzusage für die Unterhaltung der Anlage erwarten kann.
zu Frage 3:
Es gibt noch keine konkreten Pläne für die Nachnutzung. In der internen Diskussion
wird derzeitig allerdings die Möglichkeit der Einrichtung eines Skulpturengartens in Erwägung gezogen, zum Beispiel um vom Diebstahl bedrohte Skulpturen, die zum Teil schon eingelagert sind, an einem anderen öffentlichen, aber auch gesicherten Ort ausstellen zu können.
zu Nachfrage 1:
Ich habe einiges ja schon in der ersten Antwort auf die Frage von Herrn Dahl
genannt. Voraussetzung wäre die dauerhafte Übertragung der gesamten inhaltlichen, organisatorischen und finanziellen Verantwortung für das Tiergehege an einen zuverlässigen Betreiber. Das Grünflächenamt muss sich zukünftig ausschließlich um seine Pflichtaufgaben konzentrieren. Mehr ist aktuell bei dem vorhandenen Ressorts nicht leistbar, es sei denn, Herr Müller packt vielleicht in Zukunft seinen Geldsack aus, dann können wir über alles reden, wenn wir dann auch noch wieder Tierpfleger einstellen können, können wir ja vielleicht Neukölln nachahmen, aber das ist aktuell so
nicht absehbar. Von daher ist ein Betrieb durch den Bezirk im Moment nicht leistbar.
Herr Dahl:
Ja, lustiger Weise sind die Antworten von der Anfrage vom letzten Monat und für diesen
Monat fast identisch. Das nenne ich effektiv. Aber meine konkrete Frage ist: Sie haben gesagt, Sie haben genau mit einem freien Träger, nämlich dem Beschäftigungsträger Deville sozusagen verhandelt, ob der das übernehmen kann, aber mit sonst keinem freien Träger. Das habe ich doch richtig verstanden oder?
zu Nachfrage 2:
Also wie gesagt, ich bin leider nicht Herr Panhoff, von daher … kann ich nur berichten,
was ich aus Bezirksamtsdiskussionen mitbekommen habe, dass noch mit einigen anderen Konstrukten, insbesondere Kooperationen mit der Glaßbrenner-Schule oder Charlotte-Salomon-Schule diskutiert wurde, dass aber auch dort kein Konstrukt sich entwickelt hat, was zuverlässig gewesen wäre nach Einschätzung des Amtes.
Herr Husein: Sie meinten ja, es sind ein bisschen mehr als 15.000,00 EUR Kosten, verursacht das Tiergehege. Sie haben es gerade begründet mit vielen Arbeitsstunden. Können Sie mir jetzt konkret sagen, wie viele Arbeitsstunden das Bezirksamt für das Tiergehege … ja, verbraucht? Ja oder Nein?
zu Nachfrage 3:
Nee, vielleicht noch mal zur Richtigstellung: Wir haben im Moment Sachkosten
von 15.000,00 EUR. Aber wenn man das Ganzheitlich betrachtet und das auf solide Beine stellen hätte wollen würden, dann muss man mit ca. 150.000,00 EUR rechnen, genauso wie … in Neukölln. Es gibt keine Aufdröselung, wie viel Arbeitsstunden Herr Koller, Herr Schädel und die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs Grünflächen da noch zusätzlich, das wird nicht aufgedröselt. Das ist ähnlich wie bei den buw-Kosten, das fließt alles auf die Grünflächenprodukte.
Frau Jösting:
Meine Frage geht in eine ähnliche Richtung wie die von Herrn Husein. Sie sagten bei der Beantwortung der ersten Anfrage, dass 120.000,00 EUR Personalmittel gebraucht würden
und in der zweiten Frage bei der Beantwortung sagten Sie, drei Personen wären …, sozusagen würden gebraucht werden, weil zwei sozusagen im Kern vertreten. Das sind in meiner …, jetzt würde ich gerne wissen, ob das stimmt, drei Stellen à 40.000,00 EUR, das wäre eine A12, A13, das ist schon ein guter Tierpfleger und die bringen Sie aber alle drei in einem Schlag, obwohl da nur einer dort arbeitet und zwei denjenigen vertreten, die also den Rest des Tages doch aber andere Aufgaben machen. Die warten ja nicht darauf, dass einer krank wird. Ich frage, ob das …
zu Nachfrage 4:
Nein, das sind auch keine Tierärzte, aber Angestellte sind teurer als Beamte, auch das muss man … ja, das kann man schon mal … Wie gesagt, man bräuchte drei angelernte
Menschen, die sich dann auch im Zweifelsfall vertreten könnten und wenn man das schön machen wollen würde, dann würde auch dort noch mal jenseits der Ziegen etwas mehr Bedarf sein.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 29.10.2014
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller: Jonas Schemmel