DS/1761/III
Dringlichkeitsantrag
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Das Bezirksamt wird ersucht, gegenüber dem Senat folgende Forderungen zu vertreten:
1. Alle Mieterinnen und Mieter in Objekten, für welche die Anschlussförderung wegfällt, haben unabhängig vom Zeitpunkt der Mieterhöhung und der Anmietung grundsätzlich Anspruch auf Mietausgleich und Umzugshilfen. Bis zur Bereitstellung einer passenden Wohnung (entsprechend Pkt. 3) durch eine städtische Wohnungsbaugesellschaft ist der Mietausgleich in voller Höhe vom Senat zu finanzieren.
2. Die Berechnung des Mietausgleichs darf sich nicht nur an einem speziellen Mietspiegelfeld orientieren sondern muss die ortsübliche Vergleichsmiete der gesamten Baualtersgruppe zum Maßstab haben.
3. Falls Mieterinnen und Mieter sich entscheiden (müssen), ihre bisherige Wohnung aufzugeben, ist von den städtischen Wohnungsgesellschaften Wohnraum zur Verfügung zu stellen, der für Mieter mit ALG II-Bezug die Richtwerte der AV Wohnen einhält und auch für Mieter ohne Transferleistungen bezahlbar bleibt. Für Haushalte mit Kindern müssen die Wohnungen in räumlicher Nähe zur bisherigen Kita bzw. Schule liegen. Insgesamt ist sicherzustellen, dass die betroffenen Mieter in ihrem Lebensumfeld verbleiben können.
4. Die vom Berliner Senat beschlossene generelle Freistellung von Belegungsbindungen (für Objekte mit Wegfall Anschlussförderung) bis zum 31.12.2011 darf nicht verlängert werden.
5. Wir verlangen ein Wohnraumförderungsgesetz des Landes, in dem die Mieter vor den sozialen Folgewirkungen der verfehlten Wohnungsbauförderung weitgehend geschützt werden.
Es ist nicht akzeptabel, dass Mieter in Sozialwohnungen, die mit erheblichen Fördermitteln errichtet und bewirtschaftet wurden, nach 15 Jahren mietpreisrechtlich deutlich schlechter gestellt sind als Mieter in freifinanzierten Wohnungen.
6. Die Mietobergrenzen in der AV Wohnen (Kostenübernahme gemäß SGB II – ALG IIBezieher- und SGB XII – Grundsicherung) müssen auch für Mehrpersonen-Haushalte an die deutlich gestiegenen Mieten angepasst werden.
7. „Eine Sicherung stabiler Nachbarschaften, die weder durch soziale Verdrängung noch durch soziale Entmischung charakterisiert sind“ (Frau Junge-Reyer in der Senatsvorlage R- 708/2010 vom 25.03.2010 zum Entwicklungsziel in Kreuzberg), muss zur Grundlage für konkretes stadtentwicklungspolitisches Handeln werden.
8. Wir fordern, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unverzüglich ihre Blockadehaltung aufgibt und an den Sitzungen des bezirklichen Runden Tisches zur Lösung der Probleme teilnimmt. [DS 1672/III Punkt 2]
Begründung:
Auf der Sitzung des Abgeordnetenhauses am 25. Februar 2010, in der die sozialen Probleme des Fanny-Hensel-Kiezes Thema waren, wurde die Drucksache 16/2995 „Mieterprobleme im Fanny- Hensel-Kiez lösen“ abgestimmt, mit der die Senatorin für Stadtentwicklung aufgefordert wurde, folgende Schritte zu unternehmen: „Die bestehende Härtefallregelung (Mietausgleichsvorschriften) für vom Wegfall der Anschlussförderung betroffene Mieterinnen und Mieter soll überprüft werden, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit einer Verlängerung der bisher geltenden Fristen für die Gewährung befristeter Mietzuschüsse und Umzugsbeihilfen.“.
Heute müssen wir feststellen, dass, seit der Beschlussfassung des Abgeordnetenhauses, durch die zuständige Senatorin, Frau Junge-Reyer, nichts passiert ist, um die drängenden sozialen Probleme der Mieterinnen und Mieter in der Fanny-Hensel-Siedlung, aber auch in der Charlottenstr. 96- 97 b, Zimmerstr. 6 – 7, Kochstr. 29, Wilhelmstr. 40 – 42, Lindenstr. 36 – 37, Oranienstr. 99 – 105 und am Tempelhofer Berg 7 – 7 c zu lösen.
Wir müssen weiterhin feststellen, dass die Wohnungsangebote der städtischen Wohnungsgesellschaften sich qualitativ und quantitativ nicht mit dem Wohnungsbedarf der betroffenen Mieterhaushalte decken. Betroffene Mieterhaushalte sind weiterhin von Obdachlosigkeit und Verdrängung aus dem angestammten Lebensumfeld bedroht.
Damit stehen weiterhin alle Zeichen des Senats auf soziale Verdrängung der einkommensschwachen Mieterinnen und Mieter aus der Innenstadt. Die Sozialmieter sollen den Preis dafür bezahlen, dass der Senat im Jahr 2003 entschied, aus der Anschlussförderung ohne ausreichende soziale Absicherungen für die betroffenen Mieter auszusteigen.
Der Senat, der die Auswirkungen seiner Entscheidung für die Mieterinnen und Mieter nicht zur Kenntnis nimmt und sich der Suche nach Lösungen konsequent verweigert, widerspricht dem eigenen Anspruch auf eine soziale Stadtentwicklung. Wir halten diese Blockadestrategie des Senats daher für sozial- und mietenpolitisch unverantwortlich und auch unter finanziellen Gesichtspunkten für fragwürdig, da abzusehende sozialpolitische Folgekosten unberücksichtigt bleiben.
Die Mieter wollen keine weitere Lyrik der Politik mehr hören. Sie dürfen keine Opfer sozial verfehlter Politik des Senats sein, Sie wollen, dass ihnen endlich sofort und ausreichend geholfen wird. Der Senat muss die Folgen seines politischen Handelns zur Kenntnis nehmen sowie sofort und ausreichend den betroffenen Mieterinnen und Mietern helfen, damit ihre Kinder weiter ohne Sorgen in die Kitas und Schulen gehen können und sie keine Sorgen haben müssen, plötzlich auf der Straße zu stehen.