Zum Freudenberg-Areal gibt es ein erfolgreiches Bürgerbegehren, das unter anderem eine Obergrenze für die Baumasse auf dem Gelände fordert. Der Senat hat jedoch dem Eigentümer schon alle Baugenehmigungen erteilt. Hier lest ihr den Stand der Dinge und einen Rückblick auf die Bauplanung der vergangenen Jahre.
Im Juli 2014 hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Genehmigung zur umstrittenen Bebauung des Friedrichshainer Freudenberg-Areals erteilt. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hatte den Bauantrag des Investors zuvor abgelehnt, wogegen dieser bei der Senatsverwaltung erfolgreich Widerspruch einlegte. Seitdem gibt es Baurecht für das Vorhaben des Investors.
Über die zukünftige Bebauung des Freudenberg-Areals ist in den Gremien der BVV kontrovers und lange debattiert worden. Zusätzlich gab es vor Ort öffentliche Veranstaltungen, an denen auch Bezirksvertreter*innen und der Eigentümer des Grundstücks teilnahmen.
Für unsere Fraktion war das Ziel dieser Debatten die Aufstellung eines Bebauungsplans und der Abschluss eines städtebaulichen Vertrages. In diesem sollte rechtssicher Folgendes vereinbart werden: Der Entwickler des Areals
– baut eine Kita mit circa 100 Plätzen,
– schafft eine große Grünfläche und übergibt diese der öffentlichen Hand, so dass die neue Freifläche im Friedrichshainer Südkiez dauerhaft für die Öffentlichkeit gesichert ist,
– bietet einen gewichtigen Anteil von Wohnungen an, die für 5,50 EUR/qm nettokalt vermietet werden.
Außerdem sollte in diesem geordneten Verfahren die Beteiligung der Bürger*innen an den Verhandlungen über die Inhalte des Bebauungsplans und des städtebaulichen Vertrags weiterhin ermöglicht werden.
2014 wurde in der BVV insbesondere über die Situation der ausgelasteten Friedrichshainer Schulen, die Größe der Grünfläche, die auf dem Freudenberg-Areal entstehen sollte, sowie die Anzahl bezahlbarer Wohnungen debattiert. Außerdem herrschte Uneinigkeit zwischen Bezirksamt, BVV und den Initiator*innen des Bürger*innenbegehrens darüber, was davon man in welcher Größenordnung rechtssicher vom Bauherrn verlangen kann, ohne alle erreichten Kompromisse zu gefährden.
Währenddessen verhandelte der Grundstückseigentümer mit einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft über eine Kooperation und beantragte die Bebauung des Freudenberg-Areals ohne Bebauungsplan und nach §34 BauGB. Diesen Antrag lehnte das Bezirksamt ab, wogegen der Bauherr Widerspruch beim Senat einlegte. Die zuständige Widerspruchsbehörde, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gab dem Widerspruch statt und genehmigte damit den Antrag. Dadurch ist Baurecht entstanden.
Bürger*innenbegehren und -entscheide richten sich an die bezirklichen Gremien. Diese verantworten in der Regel auch die Bauleitplanung, also die Aufstellung von Bebauungsplänen. Durch den Bauantrag des Eigentümers und die Genehmigung desselben durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gibt es aber auf dem Freudenberg-Areal bereits gültiges Baurecht für sein Vorhaben, auch ohne einen Bebauungsplan.
Deshalb hat das Bürger*innenbegehren auf Bezirksebene zur Bauleitplanung auf dem Freudenberg-Areal zwar einen symbolischen Charakter, faktische Auswirkungen wird es aufgrund der inzwischen geschaffene Rechtslage nicht mehr haben können. Das Baurecht für das geplante Projekt auf dem Freudenberg-Areal kann auch durch einen neuen Bebauungsplan auf Bezirksebene nicht zurückgenommen werden.
Haben demokratische Abstimmungen und Beschlüsse de facto keinerlei Auswirkungen, beschädigt dies die Demokratie und vertieft die Politikverdrossenheit. Wir halten es für falsch zu suggerieren, es gäbe etwas zu entscheiden, wenn alle Würfel bereits gefallen sind und rechtskräftige Entscheidungen vorliegen.
Ein erfolgreicher Bürger*innenentscheid hätte denselben Status wie ein Beschluss der BVV. Somit ist die rechtliche Situation des vorliegenden Antrags mit der eines erfolgreichen Bürger*innenentscheids „Das Freudenberg-Areal retten!“ identisch.
Deshalb macht die BVV auf diesem Weg den Weg frei, für eine Stellungnahme des Bezirksamtes zur Rechtslage und zu den verbliebenen Einflussmöglichkeiten im Sinne der Forderungen des Bürger*innenbegehrens. Mit einem positiven BVV-Beschluss zum Begehren wird schneller und mit derselben Rechtswirkung Klarheit über die verbliebenen Einflussmöglichkeiten geschaffen, als durch dessen Ablehnung. Eine Abstimmung über ein Bauvorhaben, wenn bereits die Bagger rollen, wäre allerdings absurd und könnte somit den Instrumenten der direkten Demokratie schaden.
Hier lest ihr einen Antrag, den wir am 25. März gemeinsam mit der SPD in die BVV eingebracht haben. Unten findet ihr außerrdem eine umfassende Chronik zu den Bauplanungen der vergangenen Jahre.