Die CG Gruppe plant ein neues Quartier rund um das alte Postscheckamt am Halleschen Ufer. Seit Jahren sind die Pläne umstritten. Nach einer einseitigen Planungsänderung scheint die Situation zu eskalieren. Die Grüne Fraktion hat angekündigt, dem Bebauungsplan so nicht zuzustimmen.

„Wenn Sie 250 Millionen Euro haben, dann schmeißen Sie das Geld zum Fenster raus, und dann kommt es zur Tür wieder rein” – mit dieser Aussage beginnt die WDR-Dokumentation „Ungleichland“. Zu Wort kommt Christoph Gröner, Namensgeber und Vorstandsvorsitzender der CG Gruppe, die als eine der größeren Projektentwickler in Deutschland tätig ist. In Friedrichshain-Kreuzberg stand das Unternehmen zuletzt mit zwei umstrittenen Projekten im Fokus: dem Neubau eines Wohn- und Geschäftskomplexes in der Rigaer Straße in Friedrichshain – dessen Baugenehmigung durch den Senat im Widerspruch zum Bezirk erfolgte und für das eines der ältesten Gebäudekomplexe in Friedrichshain sowie der Kulturort Antje Øeklesund weichen mussten – und dem geplanten Neubauquartier rund um das ehemalige Postscheckamt am Halleschen Ufer in Kreuzberg.

Neue Pläne

Um letzteres gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Kontroversen im Stadtentwicklungsausschuss des Bezirksparlaments. Zuletzt stand Ende Juni das Bauprojekt auf der Tagesordnung. Anlass war eine von der CG Gruppe ins Spiel gebrachte Planungsänderung. Bisher war vorgesehen, dass rund um das Bestandshochhaus gegenüber des U-Bahnhofs Möckernbrücke ein neues Quartier mit rund 700 Wohnungen entstehen sollte, von denen etwa ein Drittel für preiswerten Wohnraum durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft degewo vorgesehen waren. Der Wohnanteil hätte aufgerundet ca. 70 Prozent der Fläche ausgemacht. Die restlichen Anteile waren hauptsächlich für gewerbliche Nutzungen eingeplant. Laut neuesten Plänen der CG Gruppe sollte der Wohnanteil reduziert und die Flächen für Gewerbe erhöht werden – auf etwa 50 zu 50 Prozent. In der Konsequenz würde durch solch eine Änderung der Anteil an Bezahlbaren Wohnraum von über 22.000 Quadratmetern auf ca. 17.000 gesenkt werden.

Postscheckamt. Foto: Henry Arnold)

Weniger sozialer Wohnraum

Der Verlust von rund 5.000 Quadratmetern an bezahlbaren Wohnraum ginge dabei auch zu Lasten des Anteils der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft degewo. Auch würde ein weiteres bisher für Wohnen vorgesehenes Gebäude wegfallen und für Gewerbe genutzt werden. Pikant dabei: genau für diese Gebäude hatte die CG Gruppe zusätzlichen preisgedämpften Wohnraum versprochen. Im Ausschuss und im Bezirksparlament sorgten die einseitig von der CG Gruppe vorgesehenen Änderungen für großes Unverständnis und die Grüne Fraktion kündigte an, diese abzulehnen.

Bereits die vorherige Aufteilung war ein mühsam ausgehandelter Kompromiss, auf den sich die Fraktionen im Bezirksparlament nach langem hin und her nur eingelassen hatten, um die nächsten Schritte und öffentlichen Beteiligungsverfahren im laufenden Bebauungsplanverfahren starten zu können. Neben Linke und SPD hat auch die Grüne Fraktion diesem Verfahren zunächst zugestimmt, aber immer wieder deutlich ihr Missfallen über Teile des Projekts zum Ausdruck gebracht. Insbesondere das geplante hochpreisige Wohnen auf Zeit im Hochhaus wurde kritisiert, es geht am Bedarf im Kiez vorbei.

Vorwand Bürgerbeteiligung

Als Gründe für die einseitige Planänderung nannte die CG Gruppe auch die frühzeitige Bürgerbeteiligung, die bei den Immobilienentwicklern für ein Umdenken gesorgt hätten. Das wurde vom Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) entschieden zurückgewiesen. Die Auswertung hätte mitnichten ergeben, dass ein geringerer Wohnanteil gefordert würde. In der Sitzung des Stadtplanungsausschusses wurden stattdessen auch Vermutungen laut, mit Büroflächen würde sich wieder einfacher mehr Geld verdienen lassen und so wären die eigentlichen Beweggründe der einseitigen Planungsänderung durch die CG Gruppe Profitinteressen. Eine weitere Folge der Änderung wäre auch, dass die geplante neue Kita auf dem Gelände kleiner wäre – was ebenso kritisiert wurde.

Ob und wie es mit dem Bauvorhaben am Halleschen Ufer weitergeht, ist derzeit unklar. Stadtrat Schmidt hat Ende Juni im Bezirksparlament deutlich gesagt, dass eine Fortführung des Bebauungsplanverfahrens nur auf Grundlage des alten Kompromisses mit hohem Wohnanteil – insbesondere im bezahlbaren Bereich durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft degewo – geben kann. Die Grüne Fraktion hat dazu erklärt, dass sie der von der CG Gruppe vorgesehenen Planungsänderungen nicht zustimmen wird. Um am Ende aber bauen zu können, ist die Zustimmung des Bezirksparlaments zwingend nötig – außer der Senat und die Stadtentwicklungssenatorin Lompscher (Linke) zieht das Verfahren an sich und entscheidet eigenständig. Derzeit sieht es aber eher nach einer Fortsetzung des Konflikts zwischen Stadtrat und Bezirksparlament auf der einen und der CG Gruppe auf der anderen Seite aus.„Immobilien sind mehr als nur Produkte – mit ihnen verbindet sich eine Weltanschauung“ – so lässt sich Gröner auf der eigenen Firmenwebseite zitieren. Im Fall des Halleschen Ufers scheinen zwei Anschauungen aufeinander zu prallen – Ausgang offen.

Julian Schwarze, Bezirksverordneter, für den Stachel 2018