In Paris fahren mehr Menschen Rad denn je zu vor – Dank städtischer Mieträder im Jahresabo
Breite Avenuen, enge Straßen und wilde Verfolgungsjagden – der Film „Außer Atem“ von Jean- Luc Godard prägte das Paris Bild ganzer Generationen. Fahrräder kamen darin nicht vor. Das wird sich ändern, dank der Erfindung von Vélib. Vélib, ein Kunstwort aus den Wörtern vélo, Fahrrad, und liberté, Freiheit, bietet seit 2007 für Paris und seine Umgebung im günstigen Jahrestarif praktische solide und stets fahrtüchtige Fahrräder an. An bald 2000 Stationen im Innenstadtbereich, also fast alle dreihundert Meter, stehen insgesamt ca. 20.000 Fahrräder bereit. Pariser, Touristen, Studenten, Hausfrauen und Geschäftsleute steigen um aufs Rad. Keine Sorge mehr wegen Diebstahl, denn Diebstahl ist nicht mehr das Problem des Fahrers. Kette raus gesprungen, Licht kaputt, gar einen Platten, egal.
Das mobile Reparaturteam von Vélib setzt das Fahrrad wieder in Schuss, doch fährst schon wieder. Regen, tant pis! das Rad zur nächsten Station und man selbst nimmt die Métro. Radeln ohne Last für diesen Service zahlt der Nutzer 29 € pro Jahr zumindest, wenn seine Tour weniger als 30 Minuten dauert. Für jede extra Stunde kommen moderate Gebühren hinzu, die letztlich die Nutzer daran erinnern sollen, das Rad zurück an den Ständer zu stellen und nicht in den eigenen Keller.
In Rennes fing es an, bald zogen Lyon, Paris, Toulouse und sechs weitere Städte nach. Das hier in Berlin überall präsente Call-a-Bike System ist für den Endverbraucher deutlich teuerer. Hier kostet das Abo pro Jahr 100€ danach wird im Minutentakt über das Handy abgebucht. Auch wenn man auf seinem Rad hin und wieder Lasten transportieren muss, sind die französischen Räder mit ihrem großen Korb praktischer als die rutschigen Gepäckträger der Call-a-Bike-Räder. Bereits kurz nach dem Start in Paris zählte man 2007 50.000 Abonnenten. Tendenz steigend. Ein ungewohntes Verkehrsgefühl offenbar für manche Pariser, dass die konservative Presse wie Telefrance gern aufgreift, indem sie jeden tödlichen Vélib-Fahrradunfall einzeln (bisher einer pro Jahr!) online meldet. Doch davon lassen sich die Pariser nicht beeindrucken. Vélib ein Modell, dass sich lohnt zu kopieren. Barbara Fischer
Zur umweltpolitischen Bedeutung Das öffentliche Fahrrad verwirklicht erstmals direkt das Verursacherprinzip im städtischen Verkehr, wobei parkende Autos, die während der Fahrt neben Lärm, anderen Abgasen und Feinstäuben auch CO2-Immissionen ausstoßen und damit zum Klimawandel beitragen, leise abgas- und CO2-freie Fortbewegungsarten wie das Radfahren indirekt bezahlen. Zudem stammt die Energie der muskelkraftbetriebenen Fahrräder zu 100 % aus nachwachsender Biomasse („Müslimotor“), ohne dass Umwandlungsprozesse wie bei anderen Bio-Treibstoffen notwendig sind. Es ist ein effektives Mittel, um den Modal Split im Personennahverkehr einer Stadt zugunsten der nachhaltigen Verkehrsträger zu verschieben. Volkswirtschaftlich betrachtet sind die sehr geringen Kosten pro eingesparter Menge Schadstoff interessant (Vermeidungskosten). Laut einer Schätzung der Stadtverwaltung von Lyon, vermeidet jedes dieser Mietfahrräder etwa 500 Kilogramm Kohlendioxid pro Jahr oder 0,19 kg CO2/km [83]während in Barcelona etwa 0,16 kg CO2/km angegeben wird (zitiert nach Wikipedia). |