DS/0114/IV

Mündliche Anfrage

Ich frage das Bezirksamt:

1. In welchem Ausmaß sind Sozialberatungsstellen von Freien Trägern oder Wohlfahrtsverbänden von den Mittelkürzungen bei Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsmaßnahmen des Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg betroffen?

2. Sind Sozialberatungsstellen von der Schließung bedroht bzw. haben ihre Arbeit schon eingestellt?

3. Wie kann unter diesen Umständen die sozialräumlich angemessene Verteilung unabhängiger Sozialberatung weiterhin gewährleistet werden?

Nachfrage:

1. Teilt das Bezirksamt die Einschätzung, dass der Erhalt von für die BürgerInnen erreichbaren Sozialberatungseinrichtungen auch für das Jobcenter, das Jugendamt, das Sozialamt, das Wohnungsamt und andere die Arbeit mit den jeweils Hilfesuchenden erleichtert?

Beantwortung: Herr Mildner-Spindler

Zu Frage 1:

Sozialberatungsstellen bzw. Träger von Sozialberatungsstellen, die die Arbeit von Sozialberatungsstellen bisher mit Mitteln der beschäftigungsschaffenden Maßnahmen organisiert haben, sind im gleichen Maße von dem Rückgang, von der bundespolitisch intendierten Kürzung der Mittel für beschäftigungsschaffende Maßnahmen betroffen wie alle anderen. Um das einfach mal in Zahlen auszudrücken: Der Ausgabetitel für beschäftigungsschaffende Maßnahmen in 2012 wird für das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg 9 Mio. EUR unterschreiten.

Ich muss das jetzt so sagen, weil mit 9 Mio. EUR ist geplant worden und wir alle davon ausgehen, dass die Personalmittel für die Berliner Joboffensive noch dazu führen werden, dass da Mittel in diesem Jahr abgezogen werden bis zum worst-case-Fall von 2,6 Mio. EUR.

Wenn man den Vergleich zu den zurückliegenden Jahren nehmen will, noch in 2010 haben in dem Bereich in Friedrichshain-Kreuzberg über das Jobcenter 34 Mio. EUR eingesetzt. 34 Mio. EUR vor zwei Jahren. Im Haushalt 2011 19 Mio. EUR, im Haushalt 2012 Planungsansatz 9 Mio. EUR. Das ist spürbar. Das ist auch nicht mit der Bewertung der Entwicklung Arbeitskräftenachfrage und Chancen, wachsende Chancen für Langzeitarbeitslose auf dem ersten Arbeitsmarkt alleine zu beantworten.

Es werden Sozialberatungsstellen sicher davon betroffen sein. Wir müssen uns aber, ich denke auch über den Fachausschuss noch angucken, welche anderen integrativen Angebote werden in diesem Jahr davon betroffen sein, wo Menschen betreut werden, die nicht unmittelbar die Chance haben, bei wachsender Nachfrage nach Arbeitskräften auf dem ersten Arbeitsmarkt einzumünden.

Wir haben in Deutschland über 2 Mio. Langzeitarbeitslose. Für 500.000 werden gute Chancen gesehen, unmittelbar in den ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden. Da fließen jetzt verstärkt im Mitteleinsatz die Euros hin und diejenigen, die dort keine Chance haben, bezahlen das indirekt durch den Abbau an Maßnahmen im Bereich Beschäftigungsförderung. Das sollten wir uns gemeinsam sozialpolitisch verantwortungsvoll und auch sehr kritisch angucken.

Zu Frage 2:

Im Rahmen auch des Auslaufens der öffentlichen Beschäftigung, die in Berlin in den letzten fünf Jahren organisiert wurde, sind in der Tat inzwischen auch Projekte ausgelaufen, wo wir verlässlich über Jahre Sozialberatung vor Ort hatten. Was das für weitere Anbieter, Träger im Bezirk in diesem Jahr noch betrifft, können wir im Einzelnen noch nicht prognostizieren, aber eine positive oder optimistische Prognose kann aus dem, was ich Ihnen geschildert habe, nicht folgen.

Zu Frage 3:

Ich denke, wenn wir uns das Beratungsangebot angucken, ich berate regelmäßig, übertreffen mit den Sozialberatungsstellen, die Entwicklung im Bezirk, haben wir ein breites Spektrum von Beratungsangeboten bei uns im Bezirk, von dem ich allerdings nicht behaupten würde, dass es sozialräumlich angemessen an den Bedarfen orientiert angeboten werden kann.

Die Situation, dass wir als Kommune zu wenig Zuwendungsmittel haben, solche Angebote unabhängig von Beschäftigungsförderung einzurichten und zu verstetigen, führt dazu, dass diese Beratungsangebote vielfach auch insgesamt unstetig, weil eben von Beschäftigungsförderung, weil von zeitlich befristeten Modellprojekten und Ähnlichem abhängig sind.

Da sehe ich, weil ich die Notwendigkeit solcher Angebote sehe und Ihre Nachfrage danach teile, da sehe ich für mich als Sozialstadtrat für uns als Bezirksamt wie für Sie als BVV gemeinsam auch Handlungsbedarf und Notwendigkeit für die nächsten Jahre, dann unabhängig von Beschäftigungsförderung Angebote zu schaffen.

Fragesteller: Rüdiger Brandt

Bündnis 90/Die Grünen

Friedrichshain-Kreuzberg, den 29.02.12