Die hohen Berliner Wasserpreise sind die Folge der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe. Das geht aus den geheimen Verträgen hervor, die nun ins Internet gelangt sind. Offenbar handelte der Senat auch gegen eine Entscheidung des Verfassungsgericht. Ein Artikel aus der Berliner Morgenpost von Gilbert Schomaker und Katrin Schoelkopf.

Das Netzwerk „Berliner Wassertisch“ hat die Veröffentlichung der Berliner Wasserverträge begrüßt. Damit werde deutlich, dass der Senat den privaten Teilgesellschaftern eine Gewinngarantie einräumte. Die Verträge offenbarten auch, dass der Senat eine Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes aushebelte, sagte Heidi Kosche von der Bürgerinitiative und Abgeordnete der Berliner Grünen. „Wir prüfen jetzt, ob wir erneut vor dem Verfassungsgericht klagen“, sagte Kosche. Geklärt werden muss jetzt nach Ansicht von Kosche und anderen Kritikern der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe, ob der Senat gegen eine Gerichtsentscheidung von 1999 handelte.

Die Berliner „tageszeitung“ („taz“) hatte einen Teil der umstrittenen Privatisierungsverträge aus dem Jahr 1999 und die Änderungsverträge aus dem Jahr 2004 als PDF-Datei ins Netz ins Internet gestellt. Sie machen deutlich, dass den privaten Investoren garantierte Renditen versprochen wurden.

FDP-Fraktionschef Christoph Meyer griff im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung die Berliner CDU scharf an. Die Union trage die Verantwortung für überteuerte Wasserpreise. Die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe geht auf das Jahr 1999 zurück, als Schwarz-Rot an der Regierung war. Seit 1999 stieg der Trinkwasserpreis kontinuierlich von 1,76 Euro auf 2,17 Euro je Kubikmeter an. Der Tarif für Schmutzwasser lag 1999 noch bei 1,97 Euro, heute bei 2,46 Euro.

Haushaltsexperte Meyer sagte, die jetzt bekannt gewordenen Details offenbarten ein weiteres Mal den „wirtschaftspolitischen Dilettantismus“ der Berliner CDU. Er kritisierte aber auch den rot-roten Senat. Dessen Nachverhandlung der Verträge im Jahr 2004 sei „skandalös“ gewesen.

Was war passiert: 1999 hatten Grüne und PDS vor dem Landesverfassungsgericht gegen die von der großen Koalition ausgehandelte Teilprivatisierung geklagt. Sie wollten die Privatisierung der Wasserbetriebe verhindern, um das lebensnotwenige Gut Wasser nicht dem Gewinnstreben Privater zu überlassen.

Im Urteil von 1999 beanstandete das Gericht nicht grundsätzlich die vereinbarte Verzinsung für die privaten Investoren RWE und Veolia, es sah aber einen vereinbarten Extrazuschlag von zwei Prozent als nicht nachvollziehbar an. Dieser Extrazuschlag sollte laut Vertrag den Privaten neben einem Zinssatz, der sich an der Rendite von Bundesanleihen richtete, gewährt werden. Statt nachzubessern, so der Vorwurf, vertagte Schwarz-Rot das Problem. Kritiker und auch die jetzt in der Regierung sitzende Linke werfen der damaligen Regierung vor, damals im Wissen einer bevorstehenden Klage eine Klausel im Sinne der privaten Investoren im Vertrag aufgenommen zu haben. Diese garantierte den Privaten auch im Fall, wenn das Gericht die Grundlage für die garantierte Rendite als verfassungswidrig einstufte, dass dies nicht zum Schaden der Investoren sein sollte. Vereinbart worden war eine Ausgleichspflicht zulasten des Mehrheitsgesellschafters Land Berlin. Linke sieht sich in böser Falle

Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) betonte, dass er sich immer für die Offenlegung der Verträge eingesetzt habe. Die „taz“ habe nun ihre journalistischen Möglichkeiten genutzt, „die der in dieser Hinsicht rechtlich gebundene Senat bislang nicht hatte“. „Damit ist jetzt Transparenz hergestellt“, sagte Wolf. Der Senator bestätigte, dass „aus dem Teilprivatisierungsvertrag von 1999 eine Ausgleichsverpflichtung des Landes Berlin an die privaten Anteilseigner resultiert“. Die Nachverhandlungen des rot-roten Senats von 2004 hätten nur die Umsetzung der im Vertrag von 1999 vereinbarten Ausgleichsverpflichtung betroffen. An diese Verpflichtung sei das Land Berlin damals wie auch heute gebunden. „Das Land Berlin hat 2004 keinerlei Verpflichtung übernommen, die über den Teilprivatisierungsvertrag von 1999 hinausgeht“, sagte Wolf.

Der Linken-Rechtsexperte im Abgeordnetenhaus, Klaus Lederer, begrüßte die Veröffentlichung der Verträge ebenfalls. „Durch die Veröffentlichung wird endlich eine Diskussion über deren Inhalte ohne Mythenbildung und Mutmaßungen möglich.“ Die groben Inhalte der Verträge seien jedoch seit Jahren bekannt, auch darauf verwies Lederer. Bei der Linken, die 1999 mit den Grünen gegen die Teilprivatisierung geklagt hatte, sieht man sich jetzt in einer „bösen Falle“. 2004 hatte Rot-Rot mit den Privaten über die Rendite nachverhandelt, um das, „was das Gericht 1999 als nicht nachvollziehbare Zwei-Prozent-Verzinsung beanstandet hatte, umzusetzen“, sagte Linken-Rechtsexperte Lederer. Privaten wurde Frist gesetzt

„Wir haben damals das auszubügeln versucht, was Schwarz-Rot vernachlässigt hat. Wir, die Aufräumarbeiten leisteten, stehen jetzt als diejenigen da, die den Brand gelegt haben. Das ist eine üble Sache.“ Lederer wies darauf hin, dass auch die Linke die Offenlegung der Verträge bislang forderte und die Geheimhaltungsklausel außer Kraft setzen will. „Deshalb haben wir vor der Sommerpause das Informationsfreiheitsgesetz im Parlament verabschiedet.“, sagte Lederer. „Wir haben im August den privaten Gesellschaftern der Berliner Wasserbetriebe eine sechsmonatige Frist gesetzt, um rechtliche Gründe gegen eine Offenlegung geltend zu machen.“

Senatssprecher Richard Meng äußerte sich zurückhaltend. Zunächst müsse die Landesregierung die Folgen der Veröffentlichung prüfen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sei für eine Offenlegung der Verträge, wenn sie rechtlich möglich sei.