Initiator*in: B’90/Die Grünen, Filiz Keküllüoglu
Mündliche Anfrage
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Abt. Familie, Personal und Diversity
Ihre Anfrage wird beantwortet wie folgt:
1. Was versteht das Bezirksamt unter „Interkultureller Öffnung der Verwaltung“ (IKÖ), die im Koalitionsvertrag der Berliner Regierung verankert ist und sich u.a. auch auf die bezirklichen Verwaltungen bezieht?
Gem. § 4 (3) PartIntG ist Interkulturelle Kompetenz eine auf Kenntnissen über kulturell geprägte Regeln, Normen, Wertehaltungen und Symbole beruhende Form der fachlichen und sozialen Kompetenz.
Der Gesetzgeber verknüpft dabei Zielvorgaben zur Erhöhung des Anteils der Beschäftigten mit der Interkulturellen Öffnung der Verwaltung. Dabei gilt jedoch grundsätzlich, dass allen Bevölkerungsgruppen – vorbehaltlich formaler Voraussetzungen – der barrierefreie Zugang zum öffentlichen Dienst ermöglicht werden soll.
Merke jedoch: Aus der Erhöhung des Anteils der Mitarbeiter*innen mit Migrationshintergrund in einer Dienststelle folgt nicht zwingend die Verbesserung der interkulturellen Organisations- oder Personalkompetenz. Erforderliche Kompetenzen sind vielmehr bei der Personalrekrutierung und –entwicklung zu berücksichtigen.
Rechtliche Grundlagen – Interkulturelle Öffnung der Verwaltung
§ 4 (1) PartIntG
Einrichtungen sorgen im eigenen Zuständigkeitsbereich für gleichberechtigte Teilhabe und interkulturelle Öffnung. Die Vielschichtigkeit der Einwanderungsgesellschaft ist zu berücksichtigen. Die Aufgabenwahrnehmung ist bedarfs- und zielgruppengerecht auszurichten.
§ 11 (1) Gemeinsame Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltung (GGO I)
Die Berliner Verwaltung ist interkulturell ausgerichtet. Toleranz und Weltoffenheit gehören zu den Maßstäben des Verwaltungshandelns ihrer Dienstkräfte. Die Behörden erbringen ihre Leistungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zuverlässig, kompetent, verständlich, freundlich und so schnell wie möglich.
Das Bezirksamt hat sich im Rahmen einer ressortübergreifenden Steuerungsgruppe, der AG Interkulturelle Öffnung im Jahr 2008 auf folgende Definition für Interkulturelle Öffnung festgelegt:
„Interkulturelle Kompetenz ist eine auf Kenntnissen über kulturell geprägte Regeln, Normen, Werterhaltungen und Symbole beruhende Form der sozialen Kompetenz. Sie ist das Zusammenspiel von Fähigkeiten und Fertigkeiten, das es einer Person ermöglicht in der Interkulturellen Kommunikation unabhängig, flexibel, sensibel angemessen und damit wirkungsvoll zu handeln.“
2. Welche konkreten Ziele leitet das Bezirksamt aus der IKÖ für sich heraus?
3. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt das Bezirksamt, um das Ziel der IKÖ zu
erreichen?
Maßnahmen zur Erhöhung der Interkulturellen Kompetenz in der Bezirksverwaltung Friedrichshain – Kreuzberg
1. Stärkung der interkulturellen Kompetenz der Mitarbeiter*innen
• Im Fortbildungsplan der Abteilungen müssen weitere spezielle Angebote zur interkulturellen Kompetenz sowie Diversity – Schulungen berücksichtigt werden.
• Bei Bedarf wird zu den bestehenden Fortbildungsangeboten beraten.
2. Maßnahmen zur stärkeren Berücksichtigung der interkulturellen Anforderungen in der fachlichen Arbeit
• Es wird weiterhin angestrebt, den Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund zu erhöhen.
• Menschen mit Migrationshintergrund und Angehörige ethnischer Minderheiten werden ausdrücklich aufgefordert, sich zu bewerben.
(BVV – Beschluss vom 23.01.2008 / Drs. Nr. DS/0552/III)
• Bei der Ausschreibung von Ausbildungsplätzen werden weiterhin gezielt Bewerber*innen mit Migrationshintergrund angesprochen.
• Bei der Erstellung und Überarbeitung von Anforderungsprofilen werden die Anforderungen an die interkulturelle Kompetenz beachtet. Der Kriterienkatalog ist dem Beschluss als Anlage beigefügt.
3. Maßnahmen zur Verringerung der Zugangsbarrieren
• Einführung eines mehrsprachigen Leitsystems
• Überarbeitung der Internetseite des Bezirksamtes Friedrichshain – Kreuzberg, sie soll mehrsprachig (in den Sprachen der großen Zuwanderungsgruppen) verfügbar
sein. Die Umsetzung ist mit den am stärksten nachgefragten Internetseiten zu beginnen.
• Mehrsprachige Flyer sollen über die Leistungsangebote der einzelnen Abteilungen informieren.
• Es wird angestrebt Anträge mehrsprachig zu gestalten, die jeweilige Senatsverwaltung ist einzubeziehen.
• Es sind Mittel für den Einsatz von Sprachmittlern (türkisch und arabisch) zur Verfügung zu stellen. Um die Mittel bedarfsgerecht und flexibel einzusetzen sind ausschließlich Honorarverträge abzuschließen.
4. Qualitätssichernde Maßnahmen
• Bestandsaufnahme
• Auswertung und Festlegung von Zeiträumen für die Umsetzung von notwendigen Veränderungen – konzeptionell und personell.
• 2 – jährige Berichterstattung der Führungsebene (FKE 1 – LUV/SE) der entwickelten Vorgaben gegenüber IntMig.
• Erstellung eines Gesamtberichtes durch IntMig gegenüber der BVV.
Darüber hinaus befindet sich das Jugendamt seit 2007 in einem kontinuierlichen Prozess und seit knapp drei Jahren in einem Projekt „Unterstützung in Vielfalt – Interkulturelle Öffnung der Jugendhilfe in Berlin und Brandenburg“ unter Begleitung des Trägers Bildungsteam Berlin-Brandenburg e.V.
Im Rahmen dessen wurden zielgerichtet Prozesse angestoßen und Maßnahmen durchgeführt, zum Beispiel:
die Entwicklung einer gemeinsamen Haltung im Sinne eines Leitbildes wurde begleitet
der Internetauftritt des Jugendamtes ist vor dem Hintergrund der Willkommenskultur überarbeitet worden
verschiedene Webseiten des Jugendamtes werden mehrsprachig angeboten
Flyer und Informationsmaterial wurden überarbeitet und können nun mehrsprachig und in einfacher Sprache angeboten werden
spezifische Inhouse-Seminare konnten von den Kolleginnen und Kollegen besucht werden
Workshops zur Personalentwicklung und kollegialen Fallberatung fanden in diesem Kontext mit Unterstützung des Trägers statt
Vernetzungstreffen mit den anderen drei am Projekt beteiligten Jugendämtern Charlottenburg-Wilmersdorf, Neuruppin und Straußberg fanden mehrmals zum Erfahrungsaustausch statt.
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes haben eine zweitägige Diversity-Schulung erhalten (bereits seit 2007). Das Jugendamt hat die Charta der Vielfalt im August 2017 unterzeichnet.
Nachfragen:
1. Wie bewertet das BA die bisher erprobten Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels?
Das Bezirksamt hat bereits vielfältige organisatorische Maßnahmen unternommen, um den Zugang zu bezirklichen Angeboten zu erleichtern. So bieten die Fachämter Lots*innendienste und Sprachmittlung sowie Sprach- und Integrationskurse an oder haben Kompetenzteams für geflüchtete Menschen eingerichtet. Ein Problem sind nach wie vor die Kosten, die für die Übersetzung von Flyern etc. entstehen. Darüber hinaus entscheidet jede Fachabteilung selbstständig darüber, wie sie ihre Internetseiten gestalten und ob sie ihre Angebote in andere Fremdsprachen anbieten möchten.
2. Welche Maßnahmen sind in naher Zukunft geplant?
Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ werden im Büro der Integrationsbeauftragten derzeit Flyer vom Zentrum für sexuelle Gesundheit und Familienplanung in die Sprachen Romanes, Serbisch und Kroatisch übersetzt, um die Barrieren für die Gruppe der Roma zu bestehenden Angeboten zu reduzieren. Im Vorfeld hatte die Integrationsbeauftragte alle Fachabteilungen angeschrieben und angefragt, wer von ihnen einen Bedarf hinsichtlich einer Übersetzung in
diese benannten Sprachen aufweist. Das Jugendamt arbeitet im Kontext von Diversity aktiv an der Personalentwicklung. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Gestaltung der Öffentlichkeitsarbeit.
Monika Herrmann
Friedrichshain-Kreuzberg, den 08.11.2017
Bündnis 90/Die Grünen
Fragestellerin: Filiz Keküllüoglu