Initiator*in: B’90/Die Grünen, Jutta Schmidt-Stanojevic
Mündliche Anfrage
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Abt. Arbeit, Bürgerdienste, Gesundheit und Soziales
Stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat
Ihre Anfrage wird beantwortet wie folgt:
1. Welcher Personenkreis profitiert in Zukunft vom Budget für Arbeit im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes?
Seit dem 1.1.2018 ist das Budget für Arbeit eine bundesweite Regelleistung, die mit dem BTHG (§ 61, SGB IX9 eingeführt wurde.
Zum Personenkreis, der vom Budget für Arbeit im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes profitieren wird, gehören Menschen bis zum 67. Lebensjahr, die den Bescheid bzw. den Anspruch haben, in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfbM) arbeiten zu dürfen bzw. zu können. Es muss bei diesen Menschen keine anerkannte Schwerbehinderung vorliegen. Notwendig ist eine volle bzw. teilweise anerkannte Erwerbsminderung.
2. Welche Möglichkeiten bietet das Budget für Arbeit insbesondere Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für Behinderte arbeiten?
3. In welchem Umfang haben Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt arbeiten, die Möglichkeit durch das Budget für Arbeit einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bekommen?
Zu 2 und 3.:
Das Budget für Arbeit soll insbesondere Menschen mit Behinderungen, die im Arbeitsbereich einer WfbM tätig sind, bzw. einen Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer WfbM haben, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen.Es ist aber auch für die Menschen relevant, die zwar den Anerkennungsbescheid für eine Werkstatt haben, aber (noch) nicht in einer Werkstatt tätig sind.
Das Budget für Arbeit kann beantragt werden, wenn der Budgetnehmerin bzw. dem Budgetnehmer ein konkretes Beschäftigungsangebot auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorliegt. Im Unterschied zu Außenarbeitsplätzen1 erhalten Menschen mit Behinderung, die im Rahmen eines „Budgets für Arbeit“ tätig sind, einen klassischen Arbeitsvertrag, der entsprechende Arbeitnehmerrechte beinhaltet. Dazu gehört z. B. die Entlohnung, die das Mindestlohnniveau nicht unterschreiten darf.
Im Unterschied zu einem Außenarbeitsplatz kommt es daher zu einem Rechts- und Arbeitsverhältnis zwischen dem Menschen mit Behinderung und der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber und somit zu einer vollständigen betrieblichen Integration in das Unternehmen.
Trotz des Arbeitsvertrags und des Arbeitnehmerstatus bleiben die Budgetnehmer und -nehmerinnen dauerhaft voll erwerbsgemindert und daher Rehabilitanden im Sinne der Eingliederungshilfe. Dies bedeutet, dass sie ein uneingeschränktes Rückkehrrecht in die WfbM besitzen.
Beachtet werden muss, dass beim Budget für Arbeit kein Anspruch auf Arbeitslosenversicherung entsteht, da keine Versichertenanteile eingezahlt werden. (Budgetnehmer ist dauerhaft erwerbsgemindert.) Die Budgetnehmer behalten alle Anwartschaften in der Rentenversicherung z.B. aus ihrer Tätigkeit in einer WfbM. Im Budget erfolgt aber nicht mehr die für Werkstattbeschäftigte geltende Aufstockung der Rentenversicherungsbeträge (auf 80 Prozent der maßgeblichen Größe in der Sozialversicherung).
Insofern können möglicherweise geringere Beiträge in die Rentenversicherung gezahlt werden, was Auswirkungen auf die spätere Rentenhöhe hat. Deshalb sollte vor einer Beantragung des Budgets für Arbeit eine Beratung durch die zuständigen Integrationsfachdienste erfolgen.
Nachfragen
1. Welches Konzept verfolgt das Bezirksamt, um insbesondere Menschen mit Behinderungen und psychisch kranke Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren?
Obwohl das Bezirksamt originär nicht zuständig ist, werden selbstverständlich Ausschreibungen/Aufrufe für Programme dieser Zielgruppe interessiert verfolgt und unterstützt. Konkret für den Bereich der Menschen mit einer Psychischen Erkrankung – inklusive Menschen mit eine Abhängigkeitserkrankung – wird das Thema Arbeit und Beschäftigung im Rahmen der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft diskutiert und vorangetrieben. Dabei werden Angebote und Projekte weiterentwickelt und Informationen zu Möglichkeiten von Integrationsmaßnahmen ausgetauscht.
Eine geringfügige Beschäftigung im Rahmen des Zuverdiensts- auch als Maßnahme, um die Arbeitsfähigkeit zu erproben, ist eine der Angebotsformen für diese Zielgruppe im Bezirk. Viele weitere Angebote werden über Ausschreibungen und Projekte – z.B. über das BBWA –erprobt und finanziert.
Aktuell beabsichtigt unser Jobcenter, sich an dem Aufruf für Modellprojekte im Rahmen von rehapro zu beteiligen und sich mit einem Konzept zu bewerben. Schwerpunkt liegt hierbei auf früher Intervention und Aufklärung sowie das frühe Erreichen der Zielgruppe.
1 Bei dieser Beschäftigungsform handelt es sich um begleitete Arbeit von Beschäftigten einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes. Die dort Beschäftigten bleiben Beschäftigte der Werkstatt für behinderte Menschen. Die fachliche Begleitung übernimmt weiterhin die Werkstatt. Die Kooperation zwischen Arbeitgeber und Werkstatt für behinderte Menschen wird vertraglich geregelt. Der Arbeitgeber zahlt der Werkstatt für die erbrachte Dienstleistung des Beschäftigten ein vertraglich vereinbartes Entgelt.
2. Wie berechnet sich die Höhe der Leistungen des Budgets für Arbeit?
Das BfA umfasst einen Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber zum Ausgleich der Leistungsminderung des Beschäftigten und die Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz. Der Lohnkostenzuschuss beträgt bis zu 75% des vom Arbeitgeber regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts, höchstens jedoch 40% der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Dauer und Umfang der Leistungen bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalles.
Ein Lohnkostenzuschuss ist ausgeschlossen, wenn zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber die Beendigung eines anderen Beschäftigungsverhältnisses veranlasst hat, um durch die ersatzweise Einstellung eines Menschen mit Behinderungen den Lohnkostenzuschuss zu erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Mildner-Spindler
Friedrichshain-Kreuzberg, den 25.04.2018
Bündnis 90/Die Grünen
Fragestellerin: Jutta Schmidt-Stanojevic