Gegen die Stimmen der Grünen BVV-Fraktion hat sich eine Mehrheit im Bezirksparlament für die Investorenplanung einer Mischnutzung von Wohnen und Gewerbe auf dem Gelände der ehemaligen Brauerei ausgesprochen. Der Erhalt eines reinen Kultur- und Gewerbestandortes ist damit gescheitert.

Anfang 2016 begann die Diskussion um die Zukunft des Bockbrauerei-Geländes in Kreuzberg. Die damaligen Pläne des neuen Eigentümers Bauwert Aktiengesellschaft sahen ein reines Wohnquartier vor. Kurz nachdem dies bekannt wurde, brachte die Grüne BVV-Fraktion einen Antrag ins Bezirksparlament ein, der die langfristige Absicherung des Geländes stattdessen als Gewerbe- sowie Kulturstandort mittels eines Bebauungsplans vorsah. Das geschah insbesondere vor dem Hintergrund, dass immer mehr Flächen und Räume im Bezirk für kleingewerbliche Nutzungen, Handwerk, soziale Infrastruktur oder Kunst- und Kultur verloren gehen.

Bebauungsplan scheitert – Mehrheit für Pläne des Investors

Der Antrag wurde im Bezirksparlament zunächst auch von allen Fraktionen beschlossen und es erfolgte die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans durch das Bezirksamt. Im weiteren Verlauf änderten sich dann aber die Meinungen bei den meisten anderen Fraktionen (u.a. SPD, Linkspartei, CDU) und es wurde mehrheitlich der Vorschlag des Investors unterstützt, der nun eine Mischnutzung von etwa hälftig Gewerbe und Wohnen vorschlug. Als Folge daraus wurde Stadtrat Florian Schmidt durch die Mehrheit des Ausschusses beauftragt, in diese Richtung Gespräche mit dem Investor zu führen. Die grüne Fraktion sprach sich stattdessen für die Fortführung des Bebauungsplanverfahrens aus und kritisierte das Vorgehen der anderen Fraktion. Denn ohne Bebauungsplan konnte der Investor sich fortan rechtlich auf bestehendes jahrzehntealtes Baurecht berufen, was ihm seine Planungen vereinfachte.

Gewerbliche Nutzung teilweise gesichert

Immerhin kam es im weiteren Verlauf dazu, dass zumindest ein Teil der Bestandsgebäude für eine gewerbliche Nutzung gesichert wurde und diese durch eine gemeinwohlorientierte Stiftung sowie Genossenschaft übernommen werden sollen. Dadurch wird bezahlbarer Gewerberaum langfristig gesichert und die noch verbliebenen Nutzer*innen auf dem Gelände bekommen eine dauerhafte Bleibeperspektive. Hinzu kommt, dass ein Teil des geplanten Neubaus von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge übernommen werden soll. Über die Gespräche wurde regelmäßig in den öffentlichen Sitzungen des Stadtentwicklungsausschusses berichtet.

Einmaliger Ort für Erinnerungskultur

Daneben standen Denkmalschutzfragen im Mittelpunkt der Debatte. Auf einem großen Teil des Geländes befinden sich Kelleranalagen, die vor nahezu 180 Jahren ursprünglich als Brauereikeller errichtet wurden. Die weiträumigen, teilweise mehrstöckigen Lagerkeller sind bis heute weitgehend erhalten. Sie sind der älteste bauliche Teil des historischen Brauerei-Komplexes und stehen mittlerweile teils unter Denkmalschutz. Während des Zweiten Weltkriegs wurden auf dem Gelände der Bockbrauerei Bunkeranlagen angelegt, die von sowjetischen Kriegsgefangenen errichtet und durch die Nazis für Zwangsarbeit genutzt wurden.

Landesdenkmalamt genehmigt Teilabriss

Umso wichtiger ist es, diese als Gedenkort zu bewahren und in eine Neukonzeption des Areals einzubeziehen. Mittels Resolution hat die grüne BVV-Fraktion den Erhalt gefordert und mit den Initiativen vor Ort gegen den kompletten Abriss gekämpft. Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass es gelungen ist, einen Großteil der Keller unter Denkmalschutz zu stellen. Die letztendliche Entscheidung, wie viele der Keller in welcher Form erhalten bleiben, lag beim Landesdenkmalamt, welches dem Kultursenator untersteht. Am Ende eines längeren Abwägungsprozesses hat sich das Landesdenkmalamt dann leider doch dazu entschieden, einem Teilabriss der denkmalgeschützten Keller zuzustimmen.

Mehrfache Umplanungen

Innerhalb der letzten Jahre kam es hinsichtlich der baulichen Gestaltung mehrfach zu Umplanungen durch den Investor. Zuletzt musste aufgrund des mehrheitlichen Erhalts der denkmalgeschützten Keller umgeplant werden. Es kam in der Folge zu einer höheren Baumasse, die vom Landesdenkmalamt so gebilligt wurde. Der Gestaltungsspielraum seitens des Bezirks war aufgrund der vertanen Chance, ein Bebauungsplanverfahren durchzuführen, gering. Nach den letzten Plänen ist jetzt vorgesehen, eine kammartige Bebauung zur Schwiebusser Straße hin umzusetzen, die dort als Blockrandbebauung abschließt. Hier wird auch ein Großteil der neuen Wohnungen gebaut.

Illegale Baumfällungen und vertane Chance

Zuletzt kam es auf dem Gelände noch zu illegalen Baumfällungen. Anwohner*innen benachrichtigten zwar umgehend die Polizei, die Schäden waren aber bereits zu groß. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet. Und wir bedauern nicht nur den Verlust der Bäume, sondern die aus unserer Sicht von der Mehrheit der BVV vertane Chance, zumindest hier die für unseren Bezirk so wichtigen Flächen für Kleingewerbe, künstlerische Produktion und soziale Angebote langfristig zu sichern.