SA/320/III

Schriftliche Anfrage

Ihre schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

Vorbemerkung Mit dem „Gesetz zur Einführung der beitragsfreien Förderung im Kindergarten und zur Änderung weiterer Vorschriften“ wurde u.a. ab dem 01.01.2010 ein Rechtsanspruch auf eine bedarfsunabhängige Teilzeitbetreuung vor Beginn der regelmäßigen Schulpflicht eingeführt.

Die Einführung erfolgt stufenweise in den nächsten drei Jahren. Danach wird ab dem 01.01.2010 für alle Kinder im letzten Jahr vor Beginn der regelmäßigen Schulpflicht auf Antrag ohne weitere Bedarfsprüfung eine Teilzeitförderung gewährt. In den Jahren 2011 und 2012 haben alle Kinder in den zwei letzten Jahren vor Beginn der regelmäßigen Schulpflicht einen Anspruch auf Teilzeitförderung.

Ab 2013 gilt der bedarfsunabhängige Anspruch auf Teilzeitförderung in den letzten drei Jahren vor Beginn der regelmäßigen Schulpflicht (§ 4 Abs. 3 i. V. m.§ 28 Abs. 10 KitaFöG). Dieser Anspruch richtet sich an alle Personenkreise.

Weiterhin gilt die bisherige Regelung, nach der Kinder, die bis zum 31. Juli des nächsten Jahres das dritte Lebensjahr vollenden, ohne Vorliegen eines Bedarfs ab dem 1. August des laufenden Jahres gefördert werden können, fort bis zum 31.07.2013, dem Beginn des bundesrechtlichen Rechtsanspruchs Dieser Anspruch richtet sich an alle Personenkreise.

Darüber wird für Kinder, die das zweite Lebensjahr vollendet haben und für deren sprachliche Integration eine Förderung erforderlich ist, wird ab 2011 der bisherige (mindestens) Halbtagsauf einen (mindestens) Teilzeitanspruch ausgeweitet (§ 4 Abs. 3 i. V. m. § 28 Abs. 10 KitaFöG).

1. Wie kann es gelingen, die Betreuungs- und Erziehungsaufgaben erwerbsloser alleinerziehender Mütter und auch Väter über spezifizierte Angebote zu entlasten, um ihre Chancen am Arbeitsmarkt zu erhalten oder zu verbessern?

Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 VOKitaFöG liegt ein Bedarf aus sozialen Gründen vor, wenn Kinder auf Grund besonderer, belastender Familienverhältnisse einer Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege bedürfen. Zunächst ist zwischen arbeitssuchenden und arbeitslosen Personen zu unterscheiden.

Arbeitssuchend sind Personen, welche sich bereits in einem Arbeitsverhältnis befinden. Eine entsprechende Arbeitssuchendmeldung sagt lediglich aus, dass beispielsweise eine andere Beschäftigung oder eine Erweiterung der bisherigen Teilzeitbeschäftigung gesucht wird. (§ 15 SGB III)

Letzterer Personenkreis befindet sich hingegen in keinerlei Beschäftigungsverhältnis. Die Arbeitslosmeldung beinhaltet, dass der Arbeitslose dem Arbeitsmarkt „vollständig“ zur Verfügung steht und sich auch nicht zum Beispiel im Erziehungsurlaub oder in einem geringen Beschäftigungsverhältnis befindet. (§ 119 SGB III)

Die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat in Zusammenarbeit mit den Bezirken und den freien Trägern eine „Orientierungshilfe zur Feststellung des Bedarfs für Kinder bis zum Schuleintritt“ (Stand Februar 2008) entwickelt, welche Kriterien und Verfahren beinhaltet, die den Zugang zu Tageseinrichtungen sowie die entsprechende Bedarfsbescheidung erleichtern und vereinheitlichen.

Die Orientierungshilfe enthält zudem nur Regelbeispiele und enthält zudem einige beispielhafte soziale Bedarfkriterien aufgelistet. In dieser wurde auch der Umstand der Alleinerziehenden erwähnt. Jedoch wird der Tatbestand der Überlastung und den damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Erziehung in den Vordergrund gestellt.

Letztlich ist von der Tages- und Hortbetreuung der jeweilige individuelle Sachverhalt zu bewerten und entsprechend zu entscheiden. Hierbei ist grundsätzlich der von den Eltern (Elternteil) vorgetragene Betreuungsbedarf Ausgangspunkt für das „Feststellungsverfahren“ Ggf. werde auch eine entsprechende sozialpädagogische Stellungnahme eingeholt.

2. Wie wird der (bedingte) Rechtsanspruch insbesondere erwerbsloser Alleinerziehender auf einen Kitaplatz in welchen Altersstufen eingelöst?

Das Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege (KitaFöG) hat keine spezielle gesetzliche Regelung für erwerbslose Alleinerziehende definiert. Im Übrigen wird auf die o.g. Ausführungen verwiesen.

3. Wie wird bei der Knappheit von Kitaplätzen die besondere Belastung von Alleinerziehenden berücksichtigt?

Nach Maßgabe des § 6 Abs 3 VO KitaFöG sind die Jugendämter verpflichtet, entsprechende Plätze nachzuweisen. Soweit Bürger/Innen bei der Suche nach entsprechenden Plätzen Schwierigkeiten haben bietet das Jugendamt Unterstützung an. Die Unterstützung erfolgt entweder durch eine Sozialarbeiterin der KBE bzw. durch den Bereich der Tages- und Hortbetreuung.

Die Entscheidung über die Vergabe eines Kita-Platzes liegt beim jeweils zuständigen Kita- Träger. Das Jugendamt hat hier kein Weisungsrecht.

4. Welche (Zwischen-)Ergebnisse haben sich aus der Arbeit der beim Jobcenter eingerichteten AG Alleinerziehende ergeben?

Die AG wurde im Dezember 2008 eingerichtet und hat sich seitdem personell erweitert. 6 Vermittlungsfachkräfte fungieren als MultiplikatorInnen für die Teams. Die initiierten Beschäftigungsmaßnahmen für Alleinerziehende werden von eben diesen MitarbeiterInnen betreut.

Dies gilt ebenso für eines der GAFA-Projekte des BMAS (Gute Arbeit für Alleinerziehende), mit dem unser Haus kooperiert. Auf diese Weise fließen Erfahrungen aus den Maßnahmen direkt in den Arbeitskreis zurück und finden bessere und fundierte Berücksichtigung bei den Planungen für die Folgejahre.

Desweiteren ist es gelungen, eine Kollegin aus dem Jugendamt (Frühe Bildung und Erziehung) für die Mitarbeit zu gewinnen. Mit ihrer Hilfe ist es gelungen, für Alleinerziehende, die noch an keiner Beschäftigungs- oder Qualifizierungsmaßnahme teilnehmen, durch ein Unterstützungsschreiben des JC eine Teilzeitkinderbetreuung (statt üblicherweise Halbtags) zu erwirken.

Dies birgt die Vorteile, dass die Alleinerziehenden mehr Zeit zur Selbstorganisation haben und sich besser in Richtung Arbeitsmarkt entwickeln können und dass Teilzeitkinderbetreuungsplätze leichter zu finden sind als Halbtagsplätze. Die AG hat eine Liste der Hilfsangebote für Alleinerziehende erstellt, auf die alle KollegInnen Zugriff haben. Inhouse-Infoveranstaltungen sind von der AG außerdem vorbereitet und durchgeführt worden.

5. Ist dem Bezirksamt das Bundesmodellprojekt „Entwicklung kooperativer Strukturen zur Unterstützung Alleinerziehender im SGB II“ bekannt und wie positionieren sich Jobcenter und Jugendamt hierzu?

Das Jobcenter hat selbst keinen Antrag gestellt (ESF-Umsetzung wäre aus personellen Gründen gar nicht möglich). Kooperationsanliegen, die an uns herangetragen werden, sind im Einzelfall auf Sinnhaftigkeit und Machbarkeit zu prüfen. Das Jobcenter ist jedoch aktiv an dem ESF-BMAS-Projekt „Gute Arbeit für Alleinerziehende“ beteiligt (Steuerungsgruppe, Facharbeitskreis).

Zur Ausschreibung „Lokale Netzwerke“ liegt bisher ein Kooperationsanliegen vor, was derzeitig noch geprüft wird.

6. Gibt es zuverlässige statistische Daten über den Anteil von Alleinerziehenden im Rechtskreis des SGB II? Wie hoch ist dieser Anteil in Friedrichshain-Kreuzberg im Vergleich zum Berliner und bundesdeutschen Durchschnitt?

7. Wie viel Prozent der Hilfebedürftigen Alleinerziehenden im Rechtskreis SGB II sind arbeitslos gemeldet, wie viele stehen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, weil sie sich um die Kinder kümmern müssen und wie hoch ist der Anteil an Aufstocker/innen unter alleinerziehenden Hilfebedürftigen?

Es gibt keine Veröffentlichungen, die diese Daten enthalten. Eine Möglichkeit bietet die Abfrage des operativen Datensatzes, die Ergebnisse sind in der Regel jedoch unterzeichnet. Eine Auswertung ist zudem nur für das JC F-K möglich. Als alleinerziehend gelten im Folgenden alle Hilfebedürftigen, die einen „Mehrbedarf für Alleinerziehende“ beziehen:

  • Anteil an Alleinerziehenden an allen Hilfebedürftigen: 5,4%; alleinerziehende Frauen: 5,1%;
  • alleinerziehende Männer: 0,3%

  • Anteil der arbeitslosen Alleinerziehenden an allen Alleinerziehenden: 37,7%
  • Anteil der nichtverfügbaren Alleinerziehenden (mit Kindern unter 3 Jahren) an allen Alleinerziehenden:
  • 16,2%

  • Anteil der Alleinerziehenden mit Erwerbseinkommen an allen Alleinerziehenden: 22,2%

8. Welche kurzzeitigen Kinderbetreuungsangebote im oder ortsnah zum Jobcenter werden angeboten, um eine konzentrierte, entspannte und effiziente Beratungsatmosphäre für erwerbslose Alleinerziehende beim Vermittler/bei der Vermittlerin herzustellen?

Es gibt kein spezielles Angebot der kurzfristigen Kinderbetreuung im oder um das JobCenter.

9. Wie werden Erwerbslose mit Kindern im Jobcenter auf dieses Angebot hingewiesen?

entfällt.

10. Wie sieht eine vergleichbare Angebotssituation im Jugendamt aus, um dort entspannte Beratungsgespräche zu ermöglichen?

Grundsätzlich steht jedem Bürger ein Beratungsgespräch zu. Die Beratung erfolgt im Regelfall in den Räumen der Tages- und Hortbetreuung. Bei speziellen und besonderen Lebenssituationen oder Schwierigkeiten wird dem Bürger zusätzlich die Möglichkeit eröffnet, beim Sozialberater/- in der KBE (Bereich frühkindliche Bildung und Erziehung) ein ausführliches und entspanntes Beratungsgespräch zu führen.

11: Wird das Angebot an kurzzeitigen Kinderbetreuungsangeboten im oder ortsnah zum Jobcenter vom Bezirksamt als ausreichend angesehen?

12: Wenn nicht, wie können diese – ggf. durch Beschäftigungsträger – ausgeweitet werden?

Es wird im JobCenter geprüft werden, ob ein Bedarf für Kinderbetreuung dringend besteht und ob es ggf. Realisierungschancen dafür gibt.

13: Welche spezifizierten Qualifizierungs-, Weiterbildungsangebote und Arbeitsförderungsmaßnahmen werden erwerbslosen Alleinerziehenden im Jobcenter gemacht, um z. B. durch den zeitweiligen Ausstieg aus der Berufswelt entstandenen „Praxisferne“ zu kompensieren?

Es kann keine Aussage darüber getroffen werden, welche Qualifizierungs- /Weiterbildungsmaßnahmen Alleinerziehenden angeboten werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie inhaltlich auf vorhandenes Wissen aufbauen oder weiterführen. Ebenso wird in Teilzeitausbildung vermittelt. Hierbei wird auch das speziell für Alleinerziehende entwickelte Projekt „LILA – Zukunft für Zwei“ genutzt.

Das JC FK hält AGH MAE und AGH Entgelt vor, die speziell auf die Lebenssituation von Alleinerziehenden zugeschnitten sind (Stabilisierung durch Selbst- und Zeitmanagement, flexible Arbeitszeiten, Gesundheitsförderung, Kinderbetreuung zu den Schließzeiten, Netzwerkbildung, um der Isolation zu begegnen etc.).

14: Entspricht der Anteil von an Qualifizierungs- und Arbeitsförderungsmaßnahmen teilnehmenden erwerbslosen Alleinerziehenden dem Anteil der alleinerziehenden erwerbslosen Hilfsbedürftigen insgesamt oder ist ihre „Aktivierungsquote“ geringer als die anderer erwerbsloser Hilfebedürftiger?

Es gibt keine gesonderte Erhebung bzgl. Alleinerziehender in Fördermaßnahmen.

15: Wie ist die Sensibilisierung der Vermittler/Vermittlerinnen gegenüber der spezifischen Vermittlungsproblematik erwerbsloser alleinerziehender Mütter und auch Väter im Jobcenter durch interne Schulung gelungen und was ist noch zu tun?

2009 führte der AK Alleinerziehende die erste Infoveranstaltung für die KollegInnen des Hauses zum Thema „Lebenssituation von Alleinerziehenden“ durch. Sie ist auf gute Resonanz gestoßen.

Ende Oktober wird die diesjährige Veranstaltung den Schwerpunkt haben, über die von unserem Haus angebotenen Maßnahmen zu informieren. Unterschiede sollen deutlicher werden, damit die KundInnen passgenau zugewiesen werden können. Über diese Form der Information wird es selbstverständlich auch wieder eine Sensibilisierung geben.

16: Wenn der Anteil erwerbsloser Alleinerziehender in Friedrichshain-Kreuzberg vergleichsweise hoch ist, sollte es dann nicht möglich sein, etwa über die Instrumente der Freien Förderung oder in den Einzelfällen über den spezifischen Einsatz des Vermittlungsbudgets diese Situation beispielhaft zu bearbeiten?

Nach Einschätzung des JobCenters ist der Anteil von Alleinerziehenden im JC FK nicht überdurchschnittlich hoch. Dennoch wird an einer Strategie zur Vermittlung gearbeitet, die die besonderen Verhältnisse von Alleinerziehenden berücksichtigt. Die regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen zur Sensibilisierung und Information gehören genauso dazu wie die inhaltliche und zeitliche Abstimmung der Angebote für die Zielgruppe.

Die Auswertung der Beschäftigungsmaßnahmen und die aktive Mitarbeit an dem bundesprojekt GAFA dienen der Weiterentwicklung. Durch die Beteiligung externer Institutionen am AK ist uns eine Vernetzung im Bezirk gelungen und die Vorbereitung zur Infoveranstaltung hat aktuell eine Vernetzung der beteiligten Träger angeschoben.

17: Sind ggfs. Zielvorgaben zur Förderung Alleinerziehender anzustreben?

In Bezug auf die vom JobCenter bereits verfolgten und hier vorgestellten Strategien zur Betreuung Alleinerziehender hält das JobCneter weiterführende Zielvereinbarung nicht für erforderlich.

Mit freundlichen Grüßen

Knut Mildner- Spindler

Fragesteller: Rüdiger Brandt

Friedrichshain-Kreuzberg, den 05.10.10

Bündnis 90/Die Grünen