Seit weit über einem Jahr hat Corona den Alltag vieler Familien in dieser Stadt dominiert. Homeschooling, Kinderbetreuung, Erwerbsarbeit und Haushalt mussten oft über Wochen hinweg alleine von den Eltern getragen werden. Unsere Familien sind erschöpft. Um ihnen, aber auch allen Kindern und Jugendlichen dieser Stadt eine Perspektive bieten zu können, möchte ich schon weiterdenken: an die Zeit, wenn Inzidenzen sinken und die Pandemie beherrscht sein wird.
Wie können wir Familien in Folge der Pandemie darin unterstützen, die Auswirkungen der Belastungen zu überwinden und zu einem unbeschwerteren Familienalltag zurück zu finden? Unter dieser Fragestellung führe ich regelmäßig Fachgespräche mit Expert*innen und Elternvertrer*innen durch. Dabei konzentrieren wir uns einerseits auf die Bildungsarbeit – das Aufholen von verpasstem Unterrichtsstoff, um keine Bildungsverlierer*innen zu riskieren. Andererseits wollen wir sozialen Austausch und positive Erlebnisse für Familien und Kinder wieder ermöglichen. Denn Lachen, unbeschwertes Spiel mit Gleichaltrigen und Räume jenseits des heimischen Umfelds sind für eine gesunde Kindesentwicklung unabdingbar.
Dort wo zusätzliche Unterstützung notwendig ist, muss sie auch geleistet werden.
Der sozialen und psychischen Gesundheit unserer Heranwachsenden muss in unserer Gesellschaft ein ebenso hoher Stellenwert wie Bildungsangeboten eingeräumt werden. Dabei dürfen auch besonders betroffene Personengruppen nicht übersehen werden: pflegebedürftige Kinder, Kinder mit chronischen Erkrankungen und geflüchtete Familien. Sie alle trifft die Pandemie nochmal stärker.
Ressourcen der Sozialräume aktivieren, vernetzen und nutzen
Als ein Ergebnis unserer Fachgespräche konnte ich mitnehmen, dass wir zur Unterstützung von Familien nach Lockerungen nicht zwingend neue Strukturen entwickeln und aufbauen müssen. Wir sollten uns darauf konzentrieren, schon vorhandene Angebote und Ressourcen wieder zu beleben und zu intensivieren. Sportvereine, Beratungsangebote, Nachhilfeinstitute, Familien- und Jugendzentren, Jugendverkehrs-, Jugendkunst- und Gartenarbeitsschulen – sie alle können den Alltag von Familien wieder bereichern und diese in einem ausgewogenen Zusammenleben unterstützen.
Bestehende Angebote therapeutischer oder sozialpädagogischer Art müssen ausgebaut und vor allem dahin gebracht werden, wo Kinder sich aufhalten: an Kitas, Schulen, in die Sozialräume rein. So können Familien Wege abgenommen, diese nachhaltig entlastet und eine Versorgung aller Kinder sichergestellt werden. Digitale Schul- und Distanzlernangebote müssen auch nach der 3. Welle erhalten bleiben. Denn es wird noch lange Kinder und Familien geben, für die eine Coronainfektion Lebensgefahr bedeutet.
Für eine gelingende „Familienpolitik nach Corona“ müssen wir jetzt in die Planung gehen. Wir müssen Bedarfe abfragen, Akteur*innen vernetzen, Patenschaften knüpfen, unbürokratisch Mittel zur Verfügung stellen und niedrigschwellige Angebote konzipieren. Sommerschulen, Feriencamps, Schwimmstunden, Lagerfeuer, Sportangebote, Spielräume – all das muss nach der Pandemie Hand in Hand gehen. Für ein gesundes Familienleben. Für die Möglichkeit einer unbeschwerten Kindheit in unserer Stadt.
Marianne Burkert-Eulitz, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin
Dieser Artikel erschien zuerst im Stachel, der bündnisgrünen Parteizeitung in Xhain.