Kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) vom 09. Januar 2007 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Januar 2007) und Antwort (Drucksache 16/10182)

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

Vorbemerkung: Der Senat von Berlin fördert Projekte gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus im Rahmen von zwei Förderprogrammen:

a) „Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ und

b) „Berliner Aktionsprogramm für Demokratie und Toleranz – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus – respectABel Aktion Berlin!“

Die Beantwortung erfolgt differenziert nach den beiden Förderprogrammen.

1. Welche finanziellen Mittel stellt der Berliner Senat für Projekte gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus im Jahr 2007 zur Verfügung?

Zu 1.: a) Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus

Der Haushaltsplan für den Beauftragten für Integration und Migration enthält im Kapitel 0903, Titel 68569 die Etatposition „Aktivitäten gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus“ für die in den Haushaltsjahren 2006 und 2007 jeweils 1.222.000 € zur Verfügung stehen. Die Mittel werden für die Projektför-derung im Rahmen des „Landesprogramms gegen Rechts-extremismus, Rassismus und Antisemitismus“ verwendet. Das Programm setzt auf die Stärkung und Weiterentwick-lung demokratischer Initiativen gegen Rassismus und Ausgrenzung und fördert die Verstetigung zivilgesell-schaftlicher, demokratischer Strukturen in und zwischen den ethnischen und kulturell vielfältigen Bevölkerungs-gruppen. Das Programm berücksichtigt, dass ethnische und kulturelle Minderheiten sowohl potenzielle Opfer von Übergriffen sind, als auch Ausgangspunkt demokratiefeindlicher Erscheinungen sein können.

b) Berliner Aktionsprogramm für Demokratie und Toleranz – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus – respectABel Aktion Berlin!

Dieses Programm wendet sich speziell an junge Menschen und verfolgt das Ziel, diese jungen Menschen in ihrem Umfeld zu ermuntern und zu bestärken, sich aktiv für Toleranz im Umgang miteinander und gegenüber anderen Menschen einzusetzen und diejenigen zu unterstützen, die gegen fremdenfeindliche, rassistische und antisemitische Einstellungen und Gewalt vorgehen. Das Programm soll außerdem die Vernetzung der Initiativen für Demokratie und Toleranz, gegen Gewalt und Rechtsextremismus fördern und damit zur Stärkung der Zivilgesellschaft beitragen. Gefördert werden Projekte von lokalen Initiativen sowie von freien und öffentlichen Trägern der Jugendarbeit, Schulen, Kirchengemeinden und Bürgerinitiativen. Die vorliegenden Ergebnisse und die Auswertung des Programms für den bisherigen Förderzeitraum bestätigen die Erreichung dieser Zielsetzungen.

Das Förderprogramm ist gekennzeichnet durch eine Vielfältigkeit der Formen und Methoden der Projektarbeit. Sie reichen von Gesprächskreisen und Exkursionen über Ausstellungen und Theaterstücken bis zu Videofilmen, Musikproduktionen (CD), Webseiten und Jugendzeitungen.

Im Haushaltsplan 2007 sind für das Programm Mittel in Höhe von rd. 170.000 € bei der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung veranschlagt. Hinzu kommen 25.000 € von der Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin und 25.000 € von der Stiftung Demokratische Jugend (s. Punkt 2. b).

2. Welche Gremien entscheiden auf Landesebene über diese Mittelvergabe? Nach welchen Leitlinien werden diese Mittel vergeben?

Zu 2.: a) Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus

Im Rahmen des „Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ werden die Haushaltsmittel als Zuwendung für Projektförderung nach den einschlägigen Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung vergeben. Darüber hinaus wurden Förderkriterien („Hinweise zur Förderung“) entwickelt, die bei der Bewertung von Zuwendungsanträgen berücksichtigt werden (s. Anlage). Daraus geht hervor, dass förderungsfähige Projekte vorrangig aus folgenden Bereichen kommen sollen:

  • Unterstützung und Begleitung für Opfer von Rassismus und Diskriminierung;
  • Thematisierung des Antisemitismus und des Rassismus in der Gesamtgesellschaft und unter Zuwanderern;
  • Interkulturelle Entwicklung von Organisationen und Verwaltungen;
  • Entwicklung von Modellen der (interkulturellen) Konfliktmediation in verdichteten Wohngebieten insbesondere unter Einbeziehung ehrenamtlich tätiger Mediatoren bzw. Mediatorinnen;
  • gewaltpräventive und demokratiefördernde Arbeit insbesondere mit Hauptschülern und Auszubildenden;
  • Unterstützung bezirklicher Akteure bei der Umsetzung lokaler Aktionspläne.

b) Berliner Aktionsprogramm für Demokratie und Toleranz – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus – respectABel Berlin!

Mit der Umsetzung des „Berliner Aktionsprogramm für Demokratie und Toleranz – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus – respectABel Aktion Berlin!“ ist die für Jugend zuständige Senatsverwaltung beauftragt. Das Programm wird von einem Stiftungskonsortium bestehend aus der Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin und der Stiftung Demokratische Jugend umgesetzt. Beide Stiftungen beteiligen sich mit Eigenmitteln in Höhe von jeweils 25.000 €. Eine von der für Bildung und Jugend zuständigen Senatsverwaltung initiierte Steuerungsgruppe, die zur inhaltlichen Beratung und Unterstützung eingerichtet wurde, legt gemeinsam mit der Verwaltung die Schwerpunkte des Programms fest und begleitet die Durchführung.

3. Wie viele und welche konkreten Projekte und Maßnahmen gegen Rechtsextremismus sind im Jahr 2006 finanziell unterstützt worden?

Zu 3.: a) Im Rahmen des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit erhielten in 2006 insgesamt 31 Projekte eine finanzielle Unterstützung (s. Tabelle 1).

Tabelle 1


Verein Projekt
1. Aktion Courage e.V Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage
2. Anne-Frank-Zentrum Anne Frank. Ein Thema für die Einwanderungsgesellschaft
3. antifaschistisches pressearchiv und bildungszentrum berlin e.V. (apabiz) Kompetente Netzwerke gegen Rechts
4. Antirassistisch-Interkulturelles Informationszentrum ARiC Berlin e.V. ARICbase online
5. Ariba e.V. Reach out – Opferberatung und Bildung gegen Rechtsextremismus und Rassismus
6. Ariba e.V. Psychologische Beratung für Gewaltopfer
7. Babel e.V. „Interkulturelles Schulprojekt Babylon“
8. Bildungsteam Berlin- Brandenburg e.V. Aktiv Demokratie leben – ohne Antisemitismus
9. Deutsche Gesellschaft e.V. Interreligiöse Begegnungsreihe
10. Eine Welt der Vielfalt e.V. Managing Diversity – Bildung, Beratung, Implementierung
11. Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken (LV Berlin) „Kids Courage“
12. Karame e.V. Begegnung des Anderen
13. Grips-Theater Der Ball ist rund – theaterpädagogische Projekttage
14. HdB – Progressiver Volksverein der Türkei in Berlin e.V. Kreuzberger Gespräche gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus für Toleranz und Vielfalt
15. Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz für das Ausbildungszentrum OTA in Berlin „Jeder ist anders – Jugendliche stark machen gegen Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt“
16. Lowtec gGmbH – Gemeinnützige Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft „KOM – Kommunikation im Kiez“
17. Oase Pankow e.V. Koordinierungsstelle Interkulturelles Haus Pankow
18. Olle Burg e.V. Jugendtheater für Frieden und Gerechtigkeit – gegen Antisemitismus und Islamophobie
19. Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH Netzwerkstelle gegen Fremdenfeindlichkeit
20. ProFit Praxis für Supervision Organisationsberatung zur interkulturellen Öffnung der Verwaltung
21. Regionale Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule e.V. (RAA Berlin) Rechtsextremismusprävention an Berliner Oberstufenzentren
22. Reistrommel e.V. Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung durch Integrationsförderung von Migranten
23. Stiftung SPI (Sozialpädagogisches Institut „Walter May“) – Soziale Räume und Projekte Mobiles Beratungsteam Ostkreuz für menschenrechtsorientierte Demokratie und Integration
24. Sportjugend im Landessportbund Berlin e.V. Sportjugendclub Kreuzberg im ehemaligen Bethanien-Krankenhaus
25. S.T.E.R.N. Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung mbH (Moabit West) Migration und Quartiersentwicklung im Beusselkiez
26. Türkischer Bund Berlin-Brandenburg e.V. Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin: Monitoring, Informationsarbeit und Beratung bei Diskriminierungsfällen
27. VDK (Verein für demokratische Kultur in Berlin e.V.) Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR); Begleitung und Sicherung bezirksbezogener Maßnahmen einschl. des Modellprojekts „Antisemitismus in Zuwanderer-Communities in Friedrichshain-Kreuzberg“
28. VDK (Verein für demokratische Kultur in Berlin e. V.) Informationsreihe für bezirkliche Akteure: NPD und Republikaner in Parlamenten
29. Völkerball e.V. Arte Global: Kunst und Kultur gegen Rassismus, Antisemitismus und Gewalt – Das Fremde ist auch das Eigene
30. Werkstatt der Kulturen „Ich bin ich und wer bist du?“ Dialogtreffen von Schulklassen aus versch. Bezirken
31. ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH Kommunalanalyse Lichtenberg (Weitlingkiez)

b) Im Rahmen des „Berliner Aktionsprogramm für Demokratie und Toleranz – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus – respectABel Aktion Berlin!“ 2006 wurden insgesamt 42 Projekte gefördert. Das Fördervolumen lag zwischen 500 € bis max. 2.500 €.

4. Welche dieser Projekte und Maßnahmen erhielten 2006 eine Ko- oder vollständige Finanzierung aus den alten Bundesprogrammen (z.B. Civitas), und wie hoch war ggf. jeweils der Finanzierungsanteil des Bundes?

Zu 4.: a) Die Projektförderung im Rahmen des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ wird in erheblichem Umfang durch die zusätzliche Finanzierung aus Bundes- und anderen Mitteln ergänzt und erweitert (s. Tabelle 2 und Tabelle 3).

Kofinanzierung durch Bundesprogramme (Tabelle 2)


Verein (Projekt): Gesamtfördersumme: Davon entfallen auf Bundesprogramme:
Ariba e.V. (Projekt: Reach Out) 229.803,04€ CIVITAS 52,5 %
Eine Welt der Vielfalt Berlin e.V. 10.420,76€ EQUAL 38,9 %
Entimon 11,6%
Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH 47.054,48€ CIVITAS 76,5%
Stiftung SPI 276.760,00€ CIVITAS 57%
(BA Marzahn-H’dorf 16%)
Verein für demokratische Kultur in Berlin e.V. (Projekt: Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus) 330.080,18€ CIVITAS 50,7%

Kofinanzierung außerhalb der Bundesprogramme (Tabelle 3)


Verein: Gesamtfördersumme: Davon entfallen auf:
Grips-Theater 9.000,00€ Evang. Entwicklungsdienst 44,4%
Katholischer Fonds 16,7%
Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken (LV Berlin) 9.620,00€ Children for a better world e.V. 26%
Regionale Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule e.V. (RAA Berlin) 20.160,00 € Jugend- und Familien- stiftung Berlin (JFSB) 38,7%

b) Berliner Aktionsprogramm für Demokratie und To-leranz – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus – respectABel Aktion Berlin! Eine Kofinanzierung aus ehemaligen Bundesprogram-men (z.B. Civitas) bzw. Finanzierungsanteile des Bundes sind nicht eingeflossen.

5. Wie viele und welche Bezirke haben bis zum 31.12. 2006 Interessensbekundungen zum neuen Bundesprogramme „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ eingereicht, und wie ist der Senat in den weiteren Entscheidungsprozess eingebunden?

Zu 5.: Eine abschließende Aussage, wie viele Bezirke Interessenbekundungen zum neuen Bundesprogramm „Ju-gend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ eingereicht haben bzw. noch einreichen, kann derzeit nicht gegeben werden, zumal die Anmeldefrist auf den 31.01.2007 verlängert wurde. Allerdings hatte Berlin die Möglichkeit, sich an einer vom Bundesministerium installierten Vorphase zu beteiligen und dafür Interessenbekundungen für drei lokale Aktionspläne bis zum 30.11.2006 zu stellen. Dieser Möglichkeit ist Berlin nachgekommen. Für die eingereichten Anträge der Bezirke Marzahn-Hellersdorf, Mitte und Lichtenberg liegen die Förderzusagen bereits vor. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand werden (oder haben bereits) zusätzlich die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln, Pan-kow und Tempelhof-Schöneberg innerhalb der verlänger-ten Frist eine Interessenbekundung einreichen.

Die für Jugend zuständige Senatsverwaltung und der Beauftragte für Integration und Migration sind über die Fortentwicklung des neuen Bundesprogramms in ständigem Kontakt mit der Bundesregierung, so dass eine reibungslose Informationsweitergabe an die Bezirke und freien Träger gewährleistet ist.

Darüber hinaus sieht das Verfahren vor, dass die eingegangenen Interessenbekundungen der Kommunen/Regionen den zuständigen Fachministerien der jeweiligen Länder vor Bescheiderteilung zur Kenntnis und Votierung vorgelegt werden.

Berlin, den 30. Januar 2007

In Vertretung

Dr. Petra Leuschner

Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Februar 2007)