Grüne Positionen zum BürgerInnenbegehren Spreeufer für alle

Ein Spreeufer mit viel Platz für breite Uferparks und andere Freiflächen, die allen zur Verfügung stehen – ein äußerst sympathisches Ziel, das das BürgerInnenbegehren Spreeufer für alle erreichen möchte. Neu ist diese Idee allerdings nicht.

Seit Jahren kämpfen wir Grünen in Bezirksparlament und Bezirksamt für eine durchgängige Uferpromenade und umfangreiche Parkanlagen auf beiden Seiten der Spree. Auch viele kulturelle ZwischennutzerInnen haben wir immer unterstützt und werden dies auch weiterhin tun. Der Kerngedanke des Bürger- Innenbegehrens nach einem möglichst offenen Spreeufer für alle, findet daher grundsätzlich unsere volle Unterstützung.

Der schwierige Weg zu Parks und Uferwegen

Allerdings war es in der Vergangenheit nicht immer einfach, unser Ziel einer durchgängigen Uferpromenade mit umfangreichen Parkanlagen auf beiden Seiten der Spree durchzusetzen. Denn anders als in anderen bundesdeutschen Städten sind große Bereiche der Berliner Spreeufer in Privatbesitz. Trotzdem hat der Bezirk über Jahre hinweg Stück für Stück Uferflächen von Privatleuten erworben, damit Parkflächen direkt am Spreeufer entstehen können. Eine geplante Uferpromenade von durchschnittlich 15 Metern Breite ist in einem mühsamen Prozess durchgesetzt worden. Auf Kreuzberger Seite wird die Promenade durch kleinere Parkanlagen auf freien Grundstücken ergänzt. Wo vorhandene Gebäude bis ans Wasser reichen, werden Steganlagen eine durchgängige Promenade garantieren. Auf Friedrichshainer Seite entstehen aktuell mit einem Park an der Spree und dem East-Side-Park zwei öffentlich zugängliche Grünflächen. Für diese Freiflächen haben wir Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg in den vergangenen Jahren gekämpft – gemeinsam mit unserem früheren Baustadtrat und heutigem grünen Bürgermeister Franz Schulz.

Finanzielle Unterstützung vom Land Berlin haben wir nie bekommen. Im Gegenteil: Der rot-rote Senat war immer für eine direkte Uferbebauung. Das Problem dabei: Er sitzt am längeren Hebel! Er konnte und kann dem Bezirk jederzeit seine Plan-Zuständigkeit für den Spreeraum entziehen — dazu bedarf es nur eines Hinweises auf die gesamtstädtische Bedeutung.

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Das Erbe der Vergangenheit

Doch nicht nur der rot-rote Senat legte uns Steine in den Weg zu einem „Mehr Spreeufer für alle“. Es gibt auch rechtkräftige Bauvorbescheide aus Zeiten, als Friedrichshain noch ein eigenständiger Bezirk war. Sie machen es heute schwer, ausufernde Neubauten zu begrenzen. Denn das wäre an manchen Stellen geboten. Beispiel: Auf Friedrichshainer Spreeseite wurde vor der Bezirksfusion mit dem Altbezirk Kreuzberg ein 55-Meter-Hochhaus genehmigt. Dort wäre der Uferbereich gut für einen durchgängigen Park geeignet. Doch der Vorbescheid hat das Grundstück so wertvoll gemacht, dass der Bezirk nicht in der Lage war, den Uferstreifen zu erwerben. Der Grund: Der alte Bauvorbescheid ist nur gegen erheblichen Schadensersatz zurücknehmbar.

Während wir im Altbezirk Friedrichshain einen geringen Einfluss auf die Stadtentwicklung hatten, stellen wir die zuständigen StadtbaurätInnen in Kreuzberg seit 1981. Hier haben wir Grünen erfolgreich den Bau von Hochhäusern verhindern können und damit manche Investoren-Pläne zu Nichte gemacht.

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Forderungen von Mediaspree versenken:

– Keine neue Autobrücke über die Spree im Bezirk.

– Keine neuen Hochhäuser im Gebiet zwischen Stadtbahn (S5, S75, S9) und Köpenicker/ Schlesische Straße, die über 22 Meter Höhe hinausgehen.

– Neubauten sollen im Bereich zwischen Michael- bis Elsenbrücke einschließlich Lohmühleninsel nicht näher als 50 Meter an die Spreeseite heranreichen.

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Grüne Positionen zu einzelnen Forderung des BürgerInnenbegehrens:

Keine neue Autobrücke: Eine zusätzliche Autobrücke zwischen Friedrichshain und Kreuzberg lehnen auch wir grundsätzlich ab, weil sie verkehrspolitisch fatal wäre. Eine solche Brücke auf Höhe der Brommystraße hätte laut vorliegenden Untersuchungen sehr negative Folgen für das Verkehrsaufkommen im nördlichen Wrangelkiez und im Wohnquartier um die Straße der Pariser Kommune: Der Verkehr in den Nebenstraßen würde stark steigen und die Wohnqualität damit sinken. Als Grüne haben wir im Bezirksparlament als einzige Fraktion nur für eine neue Brücke ausschließlich für Rad und FußgängerInnen gestimmt. Leider konnten wir uns bisher gegen SPD, Linke und CDU nicht durchsetzen!

Gebäudehöhe: Neue Gebäude müssen bezüglich ihrer Höhe ins Stadtbild passen und sich daher am Bestand orientieren. Für diese städtebauliche Philosophie haben wir in der Vergangenheit immer gekämpft. Auf Kreuzberger Seite haben die gründerzeitlichen Wohn- und Speichergebäude eine Höhe von 18 bis 24 Metern. Investorenpläne mit höheren Wünschen haben wir hier erfolgreich abwehren können. Das werden wir auch in Zukunft durchsetzen.

Auf Friedrichshainer Seite haben wir teilweise eine andere Situation: Es gibt zwischen Holzmarktstraße und Karl-Marx-Allee Hochhäuser mit DDR-Standardhöhen zwischen 55 und 65 Metern. Davon ausgehend passen in dieser Lage auch andere Gebäudehöhen ins Stadtbild. Anders ist das etwa am ehemaligen Osthafen direkt an der Spree. Hier gibt es nur denkmalgeschützte Speicher und ältere Wohnhäuser. Riesige Hochhäuser passen und gehören hier nicht hin.

Trotzdem halten wir es für sinnvoll, in Einzelfällen auch Gebäudehöhen über 22 Metern zu erlauben. Aber eben nur dort, wo sie sich an der Umgebung orientieren. Eine kategorisch geforderte 22-Meter-Regel, die ursprünglich aus der Zeit preußischer Polizeigesetze stammt, lehnen wir ab.

Keine Neubauten im 50-Meter-Streifen: Nur unbebaute Uferbereiche ermöglichen es, dass BewohnerInnen das Spreeufer auch nutzen können. Grundsätzlich halten wir es daher für sinnvoll, dass große Bereiche des Speeufers unbebaut bleiben und als Freiflächen etwa für Parkanlagen und Uferwege allen Menschen zur Verfügung stehen. Dafür haben wir uns in der Vergangenheit eingesetzt. Einen ausdrücklichen 50-Meter-Streifen halten wir aber vor allem wegen der zu erwartenden Schadensersatz-ansprüche der EigentümerInnen für problematisch.

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Zeitplan bis zu einem möglichen BürgerInnen-Entscheid

Da die Initiative Mediaspree versenken bis Anfang März genügend Unterschriften gesammelt hat, wird möglicherweise im Juli ein BürgerInnen-Entscheid in Form einer Abstimmung unter allen BewohnerInnen des Bezirks stattfinden. Es sei denn, die InitiatorInnen einigen sich mit dem Bezirksparlament bis Ende Mai auf einen Kompromiss. Die Gespräche mit allen Fraktionen haben bereits begonnen.

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Kosten für Entschädigungen

Sollten alle Forderungen der Initiative Mediaspree versenken umgesetzt werden, hätte das wahrscheinlich fatale finanzielle Folgen für den Bezirk. Denn bei vielen geplanten Gebäuden liegt bereits Baurecht vor – teilweise seit etlichen Jahren. Der Bezirk kann zwar theoretisch eine Bebauung nachträglich verhindern, indem er neue Bebauungspläne aufstellt. Aber für diesen Fall sieht das Gesetz vor, dass die EigentümerInnen Anrecht auf Entschädigung haben. Da der Baugrund an der Spree inzwischen sehr wertvoll geworden ist, rechnet das Bezirksamt mit Kosten in Höhe von etwa 165 Millionen Euro für den Bezirkshaushalt. Zum Vergleich: Das ist in etwa sechsmal der Betrag, über den der Bezirk jährlich in seinem Gesamt-Haushalt überhaupt frei verfügen kann. Auch kleinere Entschädigungen durch einen Kompromiss treffen Friedrichshain-Kreuzberg und seine BewohnerInnen hart. Schließlich reicht nach jahrelangem Kürzungsdruck durch den rot-roten Senat das Geld schon heute nicht aus, um dringend notwendige soziale Infrastruktur, bezirkliche Einrichtungen wie die Bibliotheken oder die Pflege der Parkanlagen auskömmlich zu finanzieren. Jede Million, die für eine Entschädigung ausgegeben werden müsste, hätte Kürzungen in anderen Bereichen zur Folge.

Die Initiative Mediaspree versenken rechnet mit nur etwa 51 Millionen Euro, da einige der Spree-grundstücke landeseigenen Firmen wie BSR oder Behala gehören. Als Grüne halten wir es leider für sehr unwahrscheinlich, dass das Land auf eine mögliche Millionen-Euro-Entschädigung verzichtet. Dafür zeigt sich der Senat im Streit um die Bezirkshaushalte insgesamt zu unnachgiebig. Trotzdem würden wir uns bei Finanzsenator Thilo Sarrazin darum bemühen. Aber es gilt: Nur wenn Rot-Rot auf Landesebene auf Entschädigungen verzichtet, sind dort zusätzliche Parkanlagen möglich.

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Fazit und Ausblick

Die Grundidee eines möglichst offenen Spreeufers ist richtig. An vielen Stellen können wir in Friedrichshain-Kreuzberg konkrete Erfolge vorweisen. Doch auch wenn die Richtung stimmt, entsprechen nicht alle Forderungen der InitiatorInnen des BürgerInnen-begehens Spreeufer für alle komplett unseren politischen Vorstellungen. Wir streben daher mit der Bürgerinitiative einen Kompromiss an, der Grundlage eines Beschlusses des Bezirksparlamentes sein sollte. Damit wollen wir das Begehren der BürgerInnen zum Spreeufer ernst nehmen. Wir begrüßen es, wenn sich BürgerInnen beteiligen und einmischen. Schließlich lebt Stadtentwicklung von der Debatte. Und wenn die nun stärker öffentlich geführt wird, ist das auch ein Verdienst des BürgerInnenbegehrens.

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