Das ambitionierteste Klimaschutzprogramm der Republik: Das ist das erklärte Ziel der Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg. Mit rund 70 Projekten zur Verbesserung des lokalen Klimas gehen wir an den Start mit unserem „Klimaschutzprogramm 2020 für Friedrichshain-Kreuzberg“. Doch das ist nur der Anfang. Gemeinsam mit der Bevölkerung und lokalen Umweltverbänden soll der Bezirk zum Vorbild des ganzen Landes werden. Das Ziel: Den CO?-Ausstoß bis ins Jahr 2020 um rund 45 Prozent verringern

Spätestens nach den gescheiterten Verhandlungen auf der Weltklimakonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009 war klar: Auf einen Wandel in der globalen Klimapolitik von „oben“ noch weiter zu warten, ist verschwendete Zeit. Frei nach dem Motto „Denke global, handle lokal!“ wollen wir daher als Bezirk eine orbildfunktion im Bemühen um mehr Schutz für das Klima einnehmen.

Auch wenn wir als Bezirk aufgrund der Aufgabenverteilung zwischen dem Land Berlin und den Bezirken schnell an die Grenzen unserer Zuständigkeiten stoßen, so ist doch schon der Versuch einer ambitionierten Klimaschutzpolitik eine Ausnahme. Die Europäische Union, die Bundesregierung und der rot-rote Senat von Berlin machen zwar vollmundige Versprechungen. Wenn es aber um die Einführung notwendiger Regulierungen, Gesetze und Maßnahmen zur Umsetzung der eigenen Ziele geht, drücken sie sich. Ihre Klimapolitik bleibt hohle Bekenntnispolitik ohne glaubwürdige Bemühungen.

Für uns stand daher von Anfang an fest, dass wir uns nicht nur ambitionierte Ziele setzen wollen, sondern für deren Umsetzung auch gleich viele, viele Projekte identifizieren müssen. Der Ausbau von Radstraßen und -streifen, ökologische Sanierung von Gebäuden, Abschaffen von Dienstwagen oder Energiegewinnung aus Schulabwasser – die Liste bereits bestehender Klimaschutzprojekte ist lang.

Bereits über 70 Projekte für noch mehr Klimaschutz

Mit der Frage, was in den vergangenen 20 bis 30 Jahren bereits von grünen StadträtInnen für den Klimaschutz geleistet wurde, begann die monatelange Arbeit an einem Klimaschutzprogramm für den Bezirk. Eine Gruppe von BezirkspolitikerInnen aus der Bezirksfraktion und Partei begann Projekte, Ideen und Konzepte für ein neues Programm zusammenzustellen. Nach der Festlegung der Gesamtziele für die Klimaschutzbemühungen des Bezirks galt es Leitlinien für das bezirkliche Handeln in den Bereichen Grünfl ächen, Mobilität, Klimabildung und vor allem für den Bereich der öff entlichen Gebäude zu erstellen. Doch die schönsten Ziele nützen nichts, wenn man sich nicht überlegt, wie man diese erreichen will. Daher haben wir in Eigenarbeit über 70 Projekte für die Verbesserung des Klimas zusammengetragen und entwickelt. Und das ist nur der Anfang! Denn das Klimaschutzprogramm 2020 für Friedrichshain-Kreuzberg soll mit Hilfe aller Klimainteressierter weiter gedeihen und wachsen.

Klimapolitische Ziele für Friedrichshain-Kreuzberg

Es ist die globale Herausforderung unserer Tage, den Klimawandel zu stoppen und den Temperaturanstieg auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen. Staaten, Regionen und Städte haben sich dazu mehr oder weniger ambitionierte Ziele gesetzt: Relativ fortschrittlich sind dabei die Bundesrepublik Deutschland oder Städte wie Berlin. Sie peilen bezogen auf das Basisjahr 1990 eine Reduktion ihres CO?-Ausstoßes um 40 Prozent bis ins Jahr 2020 an.

Für den Berliner Bezirk Friedrichshain- Kreuzberg wollen wir einen Schritt weiter gehen. Schon in fünf Jahren wollen wir hier den CO?-Ausstoß der bezirklichen Gebäude um 35 Prozent verringert haben. Bis zum Jahr 2020 sollen 45 Prozent weniger Treibhausgase emittiert werden. Langfristig soll sich der Bezirk für den eigenen Verbrauch bis 2050 von allen fossilen Energieträgern verabschieden, also seinen Wärmeund Strombedarf zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien decken. Dabei sollen die CO?-Emissionen insgesamt um 95 Prozent reduziert werden.

Grundlage der Berechnungen sind die Vergleichszahlen aus dem Jahr 2005. Erst im Jahr 2001 fusionierten der ehemalige Ostberliner Stadtbezirk Friedrichshain und der ehemalige Westberliner Stadtbezirk Kreuzberg im Rahmen einer Bezirksstrukturreform. Daher liegen belastbare Zahlen über den CO?-Ausstoß in der Verantwortung des Bezirksamtes von Friedrichshain-Kreuzberg erstmals für das Jahr 2005 vor. Die Werte für das weltweit gültige Basisjahr 1990 errechnen sich daher aufgrund der durchschnittlichen Reduktion im Land Berlin.

Weil Friedrichshain-Kreuzberg je zur Hälfte Ost- und West-Bezirk ist, lassen sich die Zahlen vergleichen. Die Grenzen des Klimaschutzes im Bezirk Selbstverständlich können wir als BezirkspolitikerInnen nur dort CO? einsparen, wo wir Verantwortung übernehmen dürfen. Dem sind durch die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Senat/Abgeordnetenhaus auf der einen und Bezirken auf der anderen Seite enge Grenzen gesetzt, die uns in unserer Handlungsfähigkeit stark einschränken.

Als Teilverwaltungseinheiten der Gesamtgemeinde Berlin haben wir nicht einmal Einfl uss auf unsere Einnahmen. Auch für übergeordnete Wege wie die Skalitzer Straße, den Landwehrkanal oder Bauvorschriften für Privatpersonen sind wir schlicht nicht zuständig. Doch wir wollen nicht klagen, sondern sehen das eher als Ansporn, umso mehr in unserer bezirklichen Zuständigkeit zu erreichen. Dazu zählen beispielsweise die öffentlichen Liegenschaften (Gebäude im Bezirkseigentum) oder die Grün- und die Verkehrsflächen mit bezirklicher Zuständigkeit. Folglich beziehen sich unsere konkreten Einsparziele nur auf die von uns beeinfl uss- und messbaren CO?-Reduktionen im bezirklichen Gebäudebestand. Weitere Erfolgsindikatoren werden jedoch auch Größen wie der Ausbau des Radverkehrnetzes und die Erhöhung des Baumbestandes sein.

Klimaschutzbericht: Ergebnisse transparent machen

Die Anstrengungen und ihre Ergebnisse für den Klimaschutz wollen wir transparent und nachprüfbar off en legen. Dazu soll der Bezirk alle zwei Jahre einen umfassenden Klimaschutzbericht erstellen, der dezidiert alle relevanten Projekte und Klimadaten aufl istet. Dort müssen selbstverständlich alle für die CO?-Emissionen relevanten externen Faktoren wie das Wetter, die wirtschaftliche und demographische Entwicklung berücksichtigt werden. Voraussetzung für das Erreichen der gesteckten Ziele ist ein radikales Umdenken – besonders in relevanten Disziplinen wie Verkehr, den öffentlichen Gebäuden und den Grünflächen. Klimapakete im Bezirksparlament Ab diesem Herbst soll das Klimaschutzprogramm 2020 für Friedrichshain-Kreuzberg schrittweise Realität werden. Damit die Behörden nicht mit einem Mal von den Massen an Maßnahmen überschwemmt werden, wollen wir in Zukunft jeden Monat Projekt-Pakete ins Bezirksparlament einbringen. Damit wird sichergestellt, dass jeden Monat ein Schwerpunktbereich aus dem Klimaschutzprogramm thematisch im Bezirksparlament diskutiert wird.

Antje Kapek und Paula Riester, Bezirksverordnete