Schwerpunkt Klima- und Umweltschutz Interview mit Baustadträtin Jutta Kalepky Friedrichshain-Kreuzberg gehört zu den Berliner Bezirken mit einem relativ geringen Baumbestand. Das soll sich nun ändern. Gleichzeitig will der Bezirk besser informieren. Auch die Kritik an den Baumfällungen am Landwehrkanal spielt dabei eine Rolle. Dazu ein Interview mit Umweltstadträtin Jutta Kalepky.

Stachel: Frau Kalepky, wenig Bäume im Bezirk und die vielen Bäumfällungen am Landwehrkanal im vergangenen Sommer. Wie passt das zusammen?

Jutta Kalepky: Gar nicht. Ich halte es noch heute für einen Skandal, dass das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) zunächst 200 Bäume am Kanal fällen wollte – ohne für jeden Baum einzeln zu prüfen, ob das auch wirklich notwendig ist. Schließlich machen wir das im Bezirk schon seit Jahren anders.

Trotzdem werden auch weiterhin Bäume im öffentlichen Raum des Bezirks gefällt – und damit auch in der Verantwortung des Bezirksamts.

Das stimmt. Denn auch wer – wie wir – Bäume erhalten will, muss sich an die Gesetze halten, die in Berlin gelten. Danach sind Bäume dann zu fällen, wenn sie eine Gefahr für die Bürgerinnen und Bürger sind. Etwa weil sie großenteils abgestorben oder weil sie von Pilzen befallen sind. Dann können Äste herunterfallen oder der ganze Baum umstürzen. Das wollen und dürfen wir nicht zulassen.

Das heißt: Ganze Bäume werden schon entfernt, wenn Äste herunter zu fallen drohen?

Nein, erst einmal muss überlegt werden: Wie können wir der Gefahr für die Menschen begegnen. Da reicht es manchmal schon, wenn einzelne Äste abgesägt werden. Aber wenn der Baum dadurch zu instabil wird, geht am Fällen nicht immer ein Weg vorbei.

Das sehen die Bürgerinnen und Bürger anders. Inzwischen sollen Sie schon Protest-Anrufe bekommen, wenn irgendwo im Bezirk Schilder ein Parkverbot ankündigen.

Das ist wahr – zumindest, wenn auf dem Schild der Zusatz auf Grund von „Filmarbeiten“ fehlt. Aber im Ernst: Die öffentliche Aufmerksamkeit beim Baumschutz ist stark gestiegen. Das liegt auch am starken Protest gegen die geplanten Fällungen am Landwehrkanal, den wir als Bezirksamt und vor allem die Initiative „Bäume am Landwehrkanal“ lautstark formuliert haben. Dafür haben sie auch zu Recht den Berliner Umweltpreis des BUND bekommen. Zukünftig wollen wir bei geplanten Baumfällungen genauer informieren, um der Bevölkerung transparent zu machen, was genau geplant ist.

Wie soll das geschehen?

Wie bei den Filmarbeiten auch werden wir künftig den Grund des Parkverbots ankündigen. Also, ob eine Fällung geplant ist oder nur ein Kronenschnitt. Zusätzlich werden wir alle Informationen zum Thema Baumschutz – auch mit anstehenden Fällungen und ihrer Begründung – auf unserer Homepage darstellen. Damit wollen wir den Menschen vor Ort Rechenschaft ablegen, über das, was wir tun.

Trotzdem gibt es im Bezirk nur noch etwa 40.000 Bäume – mit sinkender Tendenz seit einigen Jahren. Wie wollen Sie das ändern?

Geplant ist, dass zukünftig für jeden gefällten Baum drei neue gepflanzt werden sollen. Das geht zurück auf einen Antrag der grünen Fraktion im Bezirksparlament. Angedacht war, dafür Gelder des Senats aus dem so genannten Umweltentlastungsprogramm zu verwenden. Schließlich hat der Bezirk selbst wegen des jahrelangen Kürzungsdrucks durch den Senat nicht einmal genug Geld, die Parks oder Schulen ordentlich in Schuss zu halten. Aber inzwischen ist bekannt geworden, dass die Mittel laut EU nicht für Baumnachpflanzungen verwendet werden dürfen.

Dieser Topf hätte für einige 1000 Bäume gereicht. Wie wollen Sie den grünen Antrag nun umsetzen?

Die Fraktion kennt die Bezirksfinanzen ganz genau und hatte ja aus Protest gegen den Kürzungsdruck 2007 keinen Haushalt aufgestellt, da sie die drastischen Kürzungsvorgaben nicht umsetzen wollte. Die Grünen hatten daher vom Bezirksamt zusätzlich gefordert, sich in der Öffentlichkeit für weitere Baumspenden und Baumpatenschaften stark zu machen. Genau das werden wir jetzt tun. Denn: Mehr Geld für Bäume und dadurch beispielsweise noch weniger für die Park- oder Schulreinigung – das kann´s auch nicht sein.

Frau Kalepky, vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Jutta Kalepky ist seit November 2006 Bezirksstadträtin für Bauen, Wohnen und Immobilienservice – Umwelt und Verkehr. Die freischaffende Architektin ist spezialisiert auf ökologischen Wohnungsbau und seit April 2006 auch Vizepräsidentin der Architektenkammer in Berlin. Das Bezirksparlament wählte die 57jährige Parteilose auf Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen.