Das RAW Gelände rückt in den letzten Wochen wieder verstärkt in den Fokus der öffentlichen Diskussion. Der Grund: Die vom Bezirk und den heutigen Nutzern des RAW Geländes gewünschte "Stadtentwicklung von unten" scheint in Gefahr. Der skandinavische Investor scheint andere Pläne zu haben, denn er verlässt kurzer Hand den gemeinsamen Verhandlungstisch

Das RAW (Reichsbahnausbesserungswerk) Gelände umschreibt das Gebiet zwischen Revaler Straße, Modersohnstraße, Bahnanlagen und Warschauer Straße und bildet damit die südliche Begrenzung des im Ortsteil Friedrichshain liegenden Boxhagener Kiezes. Einst wurden hier Lokomotiven repariert, seit 1991 allerdings wird das Gelände nach und nach durch Zwischennutzungen aller Art (Theater, Maler, Bildhauer, eine Skatehalle, der Club „Cassiopeia“, eine Kletterhalle und -turm, Sprayerprojekte, Wiedereingliederungsmaßnahmen für Jugendliche, usw.) erobert, welche aus ihm ein kleines kulturelles Biotop in Mitten des Bezirks entstehen ließen.

Kulturelles Biotop bedroht durch familienfreundliches Wohnprojekt?

Durch die stetige Zunahme der kulturellen und sportlichen Angebote durch die Zwischennutzer, wurde das Gebiet neu belebt. Doch diese positive Entwicklung scheint nun ihn Gefahr. Im Januar 2007 konnte die Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg noch das schlimmste abwenden, denn der ursprüngliche Eigentümer, die Vivico Real Estate GmbH, plante das Gelände mit Einkaufszentren und Großhandel zu bebauen. Doch die Bezirkspolitik entschied, dass dies nicht den Entwicklungen des Geländes und des gesamten Kiezes gerecht werden würde und beschloss die Planungen einzustellen. Daraufhin verkaufte die Vivico das Gelände an die R.E.D. Berlin Development GmbH, einen isländischen Investor. Dieser erklärte sich bereit, die Fläche gemeinsam mit Nutzern, Stadtplanern und Politikern zu entwickeln. Die Entwicklung des Geländes sollte schrittweise erfolgen. Geplant ist nach Aussage des Unternehmens ein familienfreundliches Wohnviertel mit Platz für Kultur. Beschlossen wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern des Unternehmens, Repräsentanten der heutigen Nutzer und als Moderator dem Bezirksbürgermeister. Der Bezirk erklärte einstimmig, dass man die Zwischennutzer dauerhaft vor Ort sichern und eine Stadtentwicklung von unten auf dem RAW Gelände realisieren wolle. Doch nun scheint es als wäre auch dieser Prozess in Gefahr. Denn der Investor verließ kurzer hand den Verhandlungstisch. Notwendig ist allerdings, dass alle beteiligten Parteien im Gespräch miteinander bleiben. Nur über den Dialog ist ein für alle befriedigendes Ergebnis zu erreichen. Wir Grüne fordern daher die R.E.D. auf, wieder zurück an den Verhandlungstisch zu kehren und die Gespräche mit den Nutzern wieder aufzunehmen. Eine Stadtentwicklung von unten ist nur dann zu verwirklichen, wenn das Engagement der derzeitigen Nutzer dem Gelände auch in Zukunft zu Gute kommt. Wir Grüne werden den Fortgang der Gespräche genau beobachten und stehen in regelmäßigem Kontakt mit den Nutzern. Ob und in welcher Form dafür das Aufstellen eines neuen Bebauungsplans dienlich ist, muss sich in der Diskussion zeigen. Aber auch diese Entscheidung kann nur dann gefällt werden, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen.

Antje Kapek