DS/1864/IV Mündliche Anfrage
Ich frage das Bezirksamt:
1. Für wie viele Geflüchtete ist der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg nach SGB XII und SGB II (über die Jobcenter) jeweils zuständig?
2. Wie viele Geflüchtete konnten im letzten Jahr aus Landeseinrichtungen jeweils in Hotels, Hostels, Gemeinschaftsunterkünften oder anderen Unterbringungsmöglichkeiten in bezirkliche Obhut übernommen werden?
3. Wo wurden diese Geflüchteten im Einzelnen untergebracht?
Nachfragen:
1. Wie viele Wohnungslose gibt es in der Zuständigkeit des Bezirks?
2. Mit wie vielen Fällen von Wohnungslosigkeit in bezirklicher Zuständigkeit rechnet das Bezirksamt bei Wiederbeginn der Kältehilfe bei wie vielen zur Verfügung stehenden Plätzen?
Beantwortung: Herr Mildner-Spindler
zu Frage 1:
Ich kann Ihnen bedauerlicher Weise keine exakten Zahlen benennen, da das …, die
Statistiken, die wir führen, so nicht hergeben. Weil wir das als unerträglich empfinden, haben wir im Frühjahr diesen Jahres angefangen für diejenigen, die in der Wohnhilfe vorsprechen, endlich eine Statistik zu führen, um einen Überblick zu haben, was kommt überhaupt bei uns an. Wir sind auch derzeit nicht in der Lage, einen Abgleich zu machen, wie viele Menschen haben in der sozialen Wohnhilfe aufgrund dessen, dass sie einen Aufenthaltsstatus haben, eine Wohnung sich suchen können zwecks Beschaffung von Wohnraum vorgesprochen. Wie viele sind davon vom Jobcenter gekommen, wie viele sind im Bereich von Leistungsbezug SGB XII. Das ist sehr bedauerlich, da braucht es in der Tat einen anderen Überblick.
Derzeit haben bei uns ca. 400 Flüchtlinge im Bezirksamt vorgesprochen, die über einen Aufenthaltsstatus verfügen, der zu einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II führt. Wir können gleichzeitig nicht sagen, sind es alle, die inzwischen beim Jobcenter registriert worden sind oder nicht, weil das Jobcenter erfasst nach Nationalitäten. Da könnten wir einen Abgleich machen, aber es wäre wiederum spekulativ zu sagen, alle, die als Syrer, Iraker, Iraner usw. und so fort geführt sind, sind Flüchtlinge. Es sind Leistungsberechtigte nach SGB II. Von den Leistungsberechtigten nach dem SGB II haben in der Wohnhilfe ca. 400 Flüchtlinge vorgesprochen.
Insbesondere in den letzten Monaten haben die Fallzahlen sprunghaft zugenommen. Im Bereich der Wohnhilfe sind seit Juni monatlich durchschnittlich 50 Vorsprachen neu dazugekommen. Eine Vermittlung in privaten Wohnraum findet faktisch mangels konkreter Angebote nicht statt. So verbleiben die Familien als wohnungssuchend hinsichtlich der Frage der Unterbringung über einen unbestimmten Zeitraum in der Zuständigkeit der sozialen Wohnhilfe. Eine genaue Auswertung ist aufgrund der fehlenden elektronischen Datenerfassung nicht möglich. Dass wir eine händische
Erfassung eingeführt haben, habe ich schon ausgeführt.
Im Jobcenter erlaubt momentan nur die Staatszugehörigkeit eine etwaige Identifizierung, habe ich auch ausgeführt. Wir haben momentan im Jobcenter im Mai 465 syrische Staatsangehörige, 212 irakische Staatsangehörige, 80 iranische Staatsangehörige, 55 aus Pakistan, 44 aus Afghanistan. Ob das alles Flüchtlinge sind, können wir so nicht sagen.
zu Frage 2:
In die bezirkliche Obhut übernommen werden, weiß ich nicht genau, was Sie damit
meinen. Meinen Sie mit Sammelunterkünften auch Gemeinschaftseinrichtungen, also Flüchtlingswohnheime?
Herr Weeger:
Von den Notunterkünften des Landes, wenn dann die Verfahren weit genug sind,
dass sie Ansprüche haben …
zu Frage 2:
Wir haben jetzt normale Verfahren, dass ein Asylbegehrender zuerst in eine Erstaufnahmeeinrichtung, danach in eine Gemeinschaftsunterkunft untergebracht wird und wenn über das BAMF sein Asylantrag geklärt ist, dann der sich eine Wohnung suchen kann. Wir haben im Moment die Situation, dass aufgrund der angestrebten kurzen Bearbeitungszeit, insbesondere bei syrischen Flüchtlingen angestrebt sechs Wochen, wir dort eine Zunahme haben. Dort haben wir die Situation, die Leute kommen aus Gemeinschaftsunterkünften, nicht aus den Notunterkünften, aus Gemeinschaftsunterkünften de facto, das hat das Land schon mehrmals von den Bezirken gefordert, müssten sie, wenn ihr Status geklärt ist und sie einen Aufenthalt haben, aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen und in einer Wohnung untergebracht werden.
Dazu, das habe ich schon ausgeführt, sind wir aufgrund des knappen Wohnraums nicht wirklich immer in der Lage. Wir sind jetzt inzwischen dazu übergegangen, auch dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit folgend, die Mieten nach der AV Wohnen so zu handhaben, dass wir Menschen, die wir aus Gemeinschaftsunterkünften und aus Hostels rausnehmen und eine teurere Miete bezahlen, als tagtäglich Tagessätze für eine Unterbringung im Hostel zum Beispiel zu bezahlen. Aber dennoch steht nicht genügend Wohnraum zur Verfügung.
Ein Großteil verbleibt in den Gemeinschaftsunterkünften und andere, die aus den Gemeinschaftsunterkünften raus wollen, werden dann in Hostels oder in Hotels untergebracht. Aber grundsätzlich haben wir uns erst mal mit dem Land darauf geeinigt, jemand der vom BAMF Bescheid hat, wird nicht aus der Gemeinschaftsunterkunft rausgesetzt und de facto wird nicht nur obdachlos gemacht, sondern verbleibt dort, bis der Bezirk eine Wohnung nachweisen kann. Gut.
zu Frage 3:
Wo wurden diese Geflüchteten im Einzelnen untergebracht, habe ich schon gesagt.
zu Frage 4:
Auch zu den Wohnungslosen existieren keine verlässlichen Statistiken. Es wird in
Fachkreisen von einer Zahl zwischen 950 und 1.100 im Bezirk lebenden Wohnungslosen ausgegangen. Zuständig für die Unterbringung ist die soziale Wohnhilfe, zuständig ist sie für alle Wohnungslosen, die ihre letzte Meldung in einer Wohnung im Bezirk hatten Liegt keine Meldung in Berlin vor, ist unser Bezirk für die im Monat Februar geborenen Personen zuständig.
Die soziale Wohnhilfe hat die Aufgabe, die Personen unterzubringen. Dafür gibt es Gemeinschaftsunterkünfte, die in der Berliner Unterbringungsstatistik und in der Liste aufgeführt sind. Auch das sind regelmäßig zu wenig Plätze, weshalb wir als Bezirk uns darum kümmern, zusätzliche Unterkünfte zu akquirieren. Das ist uns ja in den vergangenen 1 ½ Jahren an mehreren Stellen gelungen, zuletzt mit der jetzt beginnenden Nutzung eines größeren Hauses mit 100 Plätzen in der Großbeerenstraße hier im Bezirk.
Im Bereich des SGB XII sind es ca. 90 Wohnungslose, dort können wir das aufgrund dessen, dass wir die bei uns direkt in der Betreuung haben, besser nachweisen. 90 Wohnungslose, die also nicht erwerbsfähig sind, Leistungen für den Lebensunterhalt inklusive Unterbringung nach SGB XII vom Sozialamt Friedrichshain-Kreuzberg erhalten.
zu Frage 5:
Notübernachtungsplätze im Bezirk im Rahmen der Kältehilfe stehen allen nachfragenden
Personen zur Verfügung. Auf eine eventuelle bezirkliche Zuständigkeit kommt es bei der
allnächtig neu organisierten Unterbringung nicht an. Es gibt keine belastbaren Zahlen, es gibt seitens der GEBEWO immer eine Auswertung der zurückliegenden Kälteperiode, wie viele Menschen von November bis März in den jeweiligen Einrichtungen untergebracht wurden.
In den letzten Jahren war, das ist auch nichts Neues, je nach Witterungsbedingungen das
schwankend. Eine steigende Tendenz gibt es insbesondere was Wohnungslose aus Ost- und Südosteuropa betrifft. Wir werden im Bezirk 69 Notübernachtungsplätze im Rahmen der Kältehilfe, finanziert über Zuwendungen aus dem Bezirkshaushalt, organisieren. Derzeit laufen darüber hinaus mit der Senatsverwaltung und der Stadtmission Gespräche über die zusätzliche Einrichtung von 100 weiteren Schlafplätzen in einer Traglufthalle, die die Stadtmission in Friedrichshain-Kreuzberg auf dem Bahngelände hinter dem Ringcenter errichten könnte, analog der Traglufthalle, die in den vergangenen Wintern in Schöneberg am Innsbrucker Platz errichtet worden war.
Frau Zinn:
Herr Mildner-Spindler, Sie hatten gerade von einer Schätzung von 950 bis 1.000 Obdachlosen, Wohnungslosen im Bezirk geredet. Wie viele Unterbringungsplätze haben wir und wie viel schätzen Sie, sind davon betroffen von der Obdachlosigkeit, also die unterm freien Himmel schlafen zurzeit?
zu Nachfrage 1:
Ich glaube, ich hatte deutlich gemacht, dass wir das bedauerlicherweise nicht
wirklich benennen können. Wir müssen erst mal davon ausgehen, dass nicht alle Wohnungslosen in der Tat obdachlos sind, sondern insbesondere dann bei Freunden, Bekannten unterkommen. In unserem Bezirk, die Plätze in unseren ich glaube 15 Unterbringungsmöglichkeiten, allein auf unsere bezirklich geschätzte Zahl macht auch nicht viel Sinn, weil die Unterbringungsplätze in der Berliner Unterbringungsliste werden landesweit gezählt und jeder Bezirk hat die Möglichkeit, freie Plätze in dieser Liste gelisteten Einrichtungen unterzubringen, so dass eigentlich nur in Friedrichshain-Kreuzberg durchaus Wohnungslose sind, die von anderen Bezirken betreut werden, wie in
Friedrichshain-Kreuzberg Betreute in Einrichtungen anderer Bezirke sind, so dass man das nicht sagen kann.
Und die offenbare, im offenen Straßenland erlebbare tatsächliche Obdachlosigkeit,
die hat niemand gezählt, die kann niemand zählen, die kann niemand, auch insbesondere deswegen statistisch erfassen, weil nicht alle vorsprechen und eine Unterbringung suchen, so dass es da also immer eine Dunkelziffer gibt. Wir haben eine Schätzung. Der Schätzung können wir landesweit, die landesweit zur Verfügung steht, die Plätze gegenüberstellen. Wir haben die alltägliche praktische Erfahrung, dass Wohnungslose, die vorsprechen, nicht sofort immer vermittelt und bedient werden können, so dass es also Suche und erneute Vorsprachen gibt, was weder für die
Wohnungslosen noch für die Sozialarbeiter/innen eine vernünftige Situation ist, weil daraus sehr oft Stress und Streit erwächst. Das ist auch schon alles dargestellt worden. Es kann Ihnen momentan bedauerlicherweise niemand eine verlässliche Antwort darauf geben.
Herr Weeger:
Sie hatten von einer berlinweiten Schätzzahl oder registrierten Zahl im letzten Jahr in der Kältehilfe gesprochen. Haben Sie die Zahl da?
zu Nachfrage 2:
Meine Verwaltung hat mir den Link http://www.kaeltehilfe-berlin.de/aktuelles.html
aufgeschrieben. Da ist die Statistik des letzten Winters drin.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 23.09.2015
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller: Andreas Weeger