Mündliche Anfrage eingebracht von Claudia Schulte zur BVV am 24. Mai 2023
Ich frage das Bezirksamt:
1. Wie bzw. mit welchen Maßnahmen wird das Bezirksamt den bereits im Mai 2022 vom Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin allen Bezirken zur Verfügung gestellten Musterhitzeschutzplan umzusetzen?
2. Zu welchen Ergebnissen und Maßnahmen ist die unter Leitung des LaGeSo eingerichtete AG Hitzeschutz, an welcher auch die Bezirke beteiligt sind, bisher gekommen?
3. Zu welchen Ergebnissen und Maßnahmen ist das vom Bezirksamt angekündigte bezirkliche „Netzwerk der Zusammenarbeit aus verschiedenen Abteilungen“ bisher gekommen?
Beantwortung: BezStR Herr Kindler
zu Frage 1: Bei den Maßnahmenplänen wird unterschieden zwischen Hitzeschutzmaßnahmenplänen und Hitzereaktionsplänen.
Hitzeschutzmaßnahmenpläne betreffen ausschließlich den Gesundheits- und Pflegebereich. Hitzereaktionspläne greifen weit darüber hinaus und berühren Maßnahmen in nahezu allen Politikfeldern, zum Beispiel Trinkwasserbrunnen, Schaffung von Grün und schattigen Plätzen in Städten, einer besseren Gebäudegestaltung sowie angepassten Arbeitszeiten und vieles mehr.
Beschlussgrundlage zum Thema Hitzeaktionspläne ist übrigens die Gesundheitsministerkonferenz 2020 in Berlin, in der die Gesundheitsminister und -ministerinnen, Senatoren und Senatorinnen der Länder die Erstellung von Hitzereaktionsplänen innerhalb eines 5 Jahres-Zeitraumes für erforderlich hielten. An dieser Stelle lassen Sie mich gerne ein paar allgemeine Aussagen zum Thema machen, die das Bezirksamt und deren Ämter zum Thema Hitzeschutz beschäftigen.
1. Hitzeschutz, auch bezirklicher Hitzeschutz, kann nur in einem Netzwerk aus einer Vielzahl von Akteuren realisiert werden.
2. Hitzeschutz ist nicht im Gesundheitsdienstgesetz (GDG) festgeschrieben; es ist eine Kann-Aufgabe,
leider noch keine Muss-Aufgabe. 3. Hitzeschutzmaßnahmen kosten viel Geld.
4. Politischer Wille und Unterstützung auf allen Ebenen ist für das Gelingen notwendig.
Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg werden bereits viele einzelne Maßnahmen umgesetzt. An dieser Stelle möchte ich auf die umfassende Beantwortung der mündlichen Anfrage, Drucksache DS/0270/VI „Hitzesommer Vorkehrungen“ zur BVV am 29.06.2022 durch Frau Sommer-Wetter verweisen. Ein gelungener Hitzereaktionsplan setzt die Beschäftigung und Planung aller Ressourcen im Sinne eines Health in All Policies-Ansatzes voraus. All die bereits vorhandenen Maßnahmen zu bündeln ist weiterhin erklärtes Ziel des Bezirksamtes, um eine Zusammenfügung in ein gesamtbezirkliches Konzept zu gewährleisten. In der Beantwortung aus dem letzten Jahr zur Vorbereitung auf einen Hitzesommer wurde darauf hingewiesen, dass die Erstellung eines solchen Maßnahmenplanes ein längerer Prozess sein wird, der allgemeine, aber natürlich auch konkret vorbereitete Maßnahmen beinhaltet. Als hinderlich bei einer schnellen
Erstellung von Hitzereaktionsplänen wurde bereits im vergangenen Jahr das Thema finanzielle und personelle Kapazitäten in der AG-Hitzeschutz identifiziert. Dies gilt für viele Bezirke, leider auch für Friedrichshain-Kreuzberg. Das Bezirksamtskollegium hat sich nicht nur über eine regelmäßig aktive Beteiligung innerhalb der AG-Hitzeschutz und im Rahmen des Aktionsbündnisses verständigt, sondern darüber hinaus im Januar 2023 beschlossen, ein bezirkliches Steuergremium einzurichten, u. a. mit dem Ziel, einen Hitzeaktionsplan auf Grundlage des bereitgestellten Musterplanes gemeinsam zu erarbeiten. Das Steuerungsgremium soll sich aus Vertreterinnen und Vertretern aller Abteilungen zusammensetzen. Die Koordination ist zunächst in meiner Abteilung Jungfamilie und Gesundheit angesiedelt. Eine konkrete Abstimmung und Einberufung zu diesem Gremium konnte aber aufgrund der Wiederholungswahl und der Neubesetzung noch nicht realisiert werden.
zu Frage 2: Die zur Unterstützung der Bezirke eingerichtete AG-Hitzeschutz ist innerhalb des Aktionsbündnisses Hitzeschutz und den darin beteiligten Sektoren meines Wissens einmalig. In der AG tauschen sich die Bezirke und das LaGeSo sowie die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege als Vertreter des Sektors Öffentlicher Gesundheitsdienst aus und diskutieren die weitere Umsetzung und Fortentwicklung des Themas Hitzeschutz. Dafür ist eine Differenzierung verschiedener Strategien relevant.
1. Die Frage nach der Risiko-Kommunikation an die Bevölkerung und die Hilfesysteme.
2. Das Management von Akutereignissen für vulnerable Bevölkerungsgruppen.
3. Langfristig wirksame Maßnahmen zum Schutz vor Hitzeextremen.
Der Grad der Beteiligung der Bezirke in der AG und die Vorbereitung und Umsetzung von Hitzeschutzmaßnahmen in den Bezirken ist unterschiedlich weit fortgeschritten. Für Friedrichshain-Kreuzberg sind aktuell Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsamt des Fachbereichs II, Infektionsschutz, umweltbezogener Gesundheitsschutz und Katastrophenschutz oder auch meine Referentin vertreten. Durch den regelmäßigen Austausch soll u. a. gewährleistet werden, dass eine Zusammenführung der Maßnahmen in ein gesamtstädtisches Konzept erfolgen kann. Aus der AG heraus wurden erst kürzlich übergeordnete Empfehlungen im dritten Workshop des Aktionsbündnisses, Hitzeschutz am 2. Mai, angesprochen. Beispielsweise ist das Thema Landesweite Öffentlichkeitsarbeit bzw. Infokampagne eine Entwicklung eines Hitzemonitorings auf Landesebene, das Angebot von zielgruppenspezifischen Schulungen zum Thema Hitzeschutz und der Bedarf nach einer verstärkten Vernetzung innerhalb der Sektoren des Bündnisses, aber auch zu weiteren Akteuren der Stadtgesellschaft adressiert worden.
Als spezifische gemeinsame Prioritäten der AG-Hitzeschutz für das Jahr 2023 wurden die Kernthemen Öffentlichkeitsarbeit und Kühlräume diskutiert und benannt. Über das LaGeSo werden aktuell für die Infohilfekampagne der AG-Hitzeschutz Postkarten und Flyer erstellt, die für eine direkte Verteilung an vulnerable Gruppen z. B. über Apotheken, Essen auf Rädern, Kältehilfe, Tafel und weitere vorgesehen sind.
Der Bezirk erhält von diesen Flyern und Postkarten Exemplare zur freien Distribution, z. B. zur Auslage in Bürgerämtern, dem Familien-Service-Büro und weiteren Stellen oder kann diese Mitarbeitern im Außendienst zur Verfügung stellen. Eine digitale Version der Hitzeinformationen soll über die digitalen Schaukästen der Apotheken Verwendung finden. Weitere Displaymöglichkeiten werden vom LaGeSo geprüft. Zudem besteht die Möglichkeit, dass die digitale Vorlage zur freien Verwendung an die Bezirke versendet wird. Hier kämen z. B. die Displays in den Bürgerämtern in Betracht. Bezüglich der Einrichtung eines oder mehrerer kühler Räume gibt es verschiedene Hürden und Rahmenbedingungen in den Bezirken u. a. bei den vulnerablen Bevölkerungsgruppen, die nach Stadtteil oder Kiez variieren oder baulich-technische Voraussetzungen nicht passen. Voraussetzungen eines kühlen Raumes sollten u. a. eine zentrale Lage im Ortsteil, möglichen Schauzugang, Einkaufsmöglichkeiten, klimatisierte Räumlichkeiten, hohe Aufenthaltsqualität, Sitzgelegenheiten, Unterhaltungsangebote, Getränke und bestenfalls tägliche Öffnungsmöglichkeit, aber auch eine hohe Motivation der Leitung und der Beschäftigten der Einrichtung sein, sich zum Thema Hitzeschutz einzubringen. Auch wenn keine aktiven Planungen für die kühlen Räume für den Sommer 2023 im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg angegangen werden konnten, wie es übrigens in einer Vielzahl der Bezirke der Fall ist, schafft eine künftige Befassung mit diesem Thema die Möglichkeit, um Maßnahmen in den kommenden Jahren zu verbessern und unsere Kompetenz in diesem Feld zu erweitern.
zu Frage 3: Amtsübergreifende Arbeitsgremien, sogenannte Steuerungsgremien, wurden nur in einigen wenigen Bezirken bereits eingerichtet. Dies liegt u. a. auch daran, dass zusätzliche Stellen für den Bereich Hitzeschutz Hitzeaktionsplanung nicht überall zur Verfügung stehen.
In der Antwort zu Frage 1 hatte ich auf die beabsichtigte Begründung eines solchen Gremiums im Bezirksamt hingewiesen, die jedoch noch aussteht. Ziel muss hierbei auch sein, das einzurichtende Gremium und deren Strukturen auch nachhaltig so zu gestalten, dass diese verstetigt werden können, damit die Wirksamkeit gemeinsamer Abstimmungen und Maßnahmen vergrößert wird.
Vielen Dank.