DS/0908/IV
Mündliche Anfrage DS/0908/IV
1. Ist dem Bezirksamt bekannt, dass die Betriebs- und Heizkosten in den GSW- und Hermes- Häusern (siehe beigefügte Adressen) am Kottbusser Tor im Vergleich zu anderen Häusern im Bezirk deutlich höher sind?
Dem Bezirksamt ist nicht erst seit der letzten Sitzung des Stadtpanungsausschusses der BVV vom 25.09.13 bekannt, dass nach Darstellung der Mieterschaft die Betriebskosten am Kottbusser Tor deutlich höher seien, als woanders. In den letzten Jahren sind die Betriebskosten und Heizkosten stark gestiegen. Es gibt Hinweise im Zusammenhang mit der Tätigkeit im Quartiersmanagement am Mehringplatz und auch durch die Aktivitäten von Kotti und Co. für das Kottbusser Tor, dass die Betriebs- und Heizkosten in mehreren
Großquartieren im Ortsteil Kreuzberg die dort lebenden Haushalte stark belasten.
Einen großen Einfluss hat auch die energetische Beschaffenheit der Gebäude. Hier gibt es gerade bei den Gebäuden in den Großquartieren aus den 60iger und 70iger Jahren Defizite. Am Mehringplatz betragen die Betriebskosten ca.4,10 €/qm. Diese Größe wurde von der ASUM für das Sanierungsgebiet ermittelt. Die EB Group ( Eigentümer) erwartet durch die energetische Sanierung eine Heizkostenersparung von ca.25-30 Cent je qm. Mehr nicht.
Dafür könnte rechtlich eine Umlage von ca.1, 60 €/m² für die Modernisierungsmaßnahmen auf die Mieter zukommen. Der Einschätzung der Mieterberatungsgesellschaft ASUM zufolge werden in Wohnungen von ALG II-Beziehenden die hohen Betriebskosten auch durch die Überbelegung der Wohnungen verursacht. Mitunter können transferleistungsbeziehende Haushalte ihren Wohnraum, der den WAVAnforderungen unterliegt, nicht ohne Überbelegung finanzieren. Letztlich können die Betriebs- und Heizkosten in beschränktem Maße von den Wohngewohnheiten und dem Verbrauchsverhalten der Mieterinnen und Mieter beeinflusst werden.
Keinen Einfluss haben sowohl Mieterschaft als auch Vermieter auf allgemein steigende Kosten für Müllabfuhr, Öl, Gas o.ä. Ressourcen. Eine geringe Möglichkeit der Einflussnahme auf die Betriebskosten hat der Vermieter, z.B. durch die Gestaltung
von Verträgen mit Gebäudeversicherern u.a.
2. Wie hoch ist der Anteil von Leistungsbezieher*innen nach dem SGB II (Jobcenter) bzw.SGB XII (Sozialamt) in diesen Häusern?
Die Ermittlung des Anteils von Leistungsbeziehenden nach SGB XII und SGBII in den benannten Häusern ist im Rahmen der Beantwortung einer mündlichen Anfrage so kurzfristig nicht möglich. Die Beantwortung dieser Frage wird in Zusammenarbeit von Jobcenter, Amt für Soziales und Wohnungsamt unter Berücksichtigung des Datenschutzes schnellstmöglich erfolgen. Da der Anteil der Transferleistungsemfpangenden an der Gesamtbewohnerschaft unter diesen Adressen jedoch im letzten Schritt händisch erfasst bzw. errechnet werden muss, bitten wir für die abschließende Beantwortung um Geduld.
3. Überprüft das Jobcenter die Betriebs- und Heizkostenabrechnungen der Leistungsbezieher*innen in diesen Häusern auf ihre Plausibilität (nach welcher Vorschrift bzw. nach welchem Vergleichsmaßstab)?
Das Jobcenter überprüft die Betriebs- und Heizkostenabrechnungen in Hinsicht auf den Zeitraum, die Übereinstimmung der geleisteten Vorauszahlungen und bei Auffälligkeiten (z.B. sehr hoher Verbrauch Heizung oder Warm-/Kaltwasser, sehr hohe Abrechnung im Allgemeinen). Grundlage ist der §22 SGB II in Verbindung mit der WAV und der AV Wohnen.
Nachfragen:
1. Für den Fall, dass Unregelmäßigkeiten bei den Abrechnungen auftauchen: Ermutigt das Jobcenter die Leistungsbezieher*innen zu einer Überprüfung der Kosten durch einen Mieterverein bzw. eine Klage gegen die GSW und/oder Hermes?
Sofern Unstimmigkeiten festgestellt werden, werden die Mieter durch das JC aufgefordert die Abrechnungen durch andere Stellen (z.B. Mieterverein) überprüfen zu lassen. Die Auseinandersetzung mit dem Vermieter über vermeintlich falsch ermittelte Betriebskosten kann der Mieter nur zivilgerichtlich führen. Eine Beratung der Mieter zur Betriebskostenabrechnung durch Rechtsanwälte ist nach Voranmeldung im Rahmen der offenen Rechtsberatung bei der ASUM kostenfrei möglich.
Durch die Mieterberatungsgesellschaft ASUM wurden in der Vergangenheit Betriebskostenüberprüfung auch für das JobCenter durchgeführt. Die Betriebskostenüberprüfung mit umfangreicher Stellungnahme zur Betriebskostenhöhe durch die ASUM war nicht zielführend und wird für das Jobcenter nicht mehr durchgeführt. Im Ergebnis musste festgestellt werden, dass die Einsparungseffekte nicht besonders groß waren. Gerade in Großsiedlungen fallen die Betriebskosten auf Grund der geschilderten Umstände in der genannten Höhe an.
Nichtsdestotrotz hat sich das Bezirksamt nach der Sitzung im Stadtplanungsauschuss vom
25.09.13 erneut mit dem Jobcenter darüber ausgetauscht, ob über die Organisation der Kosten der Unterkunft Erkennntnisse über die Betriebskostensituation am Kottbusser Tor zusammen getragen werden können. Dies ist momentan leider zu verneinen, da es keine regionalisierte Zuständigkeit im Jobcenter gibt, sondern die Bedarfsgemeinschaften zufallsgeneriert auf alle Teams der Leistungsabteilung verteilt sind.
Im aktuellen Prozess der Optimierung der Zusammenarbeit und der Kooperationsvereinbarungen mit dem Jobcenter werden auch mögliche Vorteile durch die Einrichtung eines spezifischen Teams „Wohnungsnotfälle“ im Leistungsbereich des Jobcenters geprüft. Evtl. können hieraus zu erwartende Erkenntnisse und Aufschlüsse im Hinblick auf regionale Problemlagen im Bereich Wohnen (Mietpreishöhe, Betriebskosten etc.) Grundlage für Interventionen und Unterstützung der Mieterinnen und Mieter sein.
2. Wird seitens des Bezirksamts (Sozialamt, Jugendamt) erwogen, in Kooperation mit dem Jobcenter die ohnehin nach WAV erfassten Betriebs- und Heizkosten von Leistungsbeziehern*innen in einer Datenbank zu erfassen?
Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft werden nach der gültigen WAV vor dem Hintergrund der Gesamtangemessenheitsgrenze (§ 4 WAV) auf Angemessenheit geprüft. Die Betriebs- und Heizkosten werden hierbei nicht, wie in der Frage angenommen wird, statistisch erfasst. Nur in Fällen, in denen die Heizkosten nicht in der Bruttowarmmiete enthalten sind (z. B. Gasetagenheizung), erfolgt eine gesonderte Berechnung der Heizkosten durch das Jobcenter im Rahmen der Angemessenheitsprüfung.
Eine statistische Erfassung erfolgt jedoch auch hier nicht. Betriebskostennachzahlungen werden mit den aktuellen Kosten der Unterkunft angewiesen. Im Jobcenter tauchen solche Betriebskostennachzahlungen statistisch nur im Einzelfall und nur dann auf, wenn dadurch der Richtwert für die KdU überschritten wird, als Fallzahl im KdU-Controlling
(„Einmalzahlungen, wenn nicht dauerhaft über Richtwert“).
Vor diesem Hintergrund gibt es keine ausreichenden Daten als Grundlage für eine Datenbank. Gleiches gilt für das Sozialamt. Eine separate Erfassung der Betriebs- und Heizkosten in einer Datenbank stellt zum Einen im Hinblick auf die Dateneingabe ein personelles Problem dar. Zum Anderen wäre die Auswertung der Daten eine komplexe Aufgabe für eine Statistikfachkraft, da umfangreiche Faktoren berücksichtigt werden müssten (Wohnungsgröße, Sanierungszustand des Hauses, evtl. Überbelegung, Wetterlage), um mit einer errechneten Betriebkostensumme pro qm sinnvolle Vergleiche sowie aussagekräftige Schlussfolgerungen und Konsequenzen ziehen zu können.
Das Bezirksamt wird das Problem der hohen Betriebskosten in den Großquartieren weiter verfolgen und mit der Initiative Kotti&Co und der Mieterberatungsgesellschaft ASUM in einen Austausch über Unterstützungsmöglichkeiten für die Mieterinnen und Mieter treten.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Mildner- Spindler
Fragestellerin: Paula Riester
Bündnis 90/Die Grünen
Friedrichshain-Kreuzberg, den 23.10.13