Schwerpunktthema: Integration Integration und Partizipation gelten eigentlich als Gegensätze und sollen nun in einem Gesetz vereint werden
Das Ansinnen Integration und Partizipation in einem Gesetz zu vereinen klingt widersprüchlich. So widersprüchlich ist auch der Gesetzesentwurf. Die Verwaltung soll interkulturell geöff net werden, obwohl kaum Einstellungen möglich sind. Die Normprüfungsstelle der Senatskanzlei behauptet, dass es keine geeigneten Bewerber gäbe, da es faktisch keine Menschen in dem Alter gäbe, in dem derzeit Einstellungen erfolgen könnten, da deren Eltern versäumt hätten, ihnen Deutschkenntnisse zu vermitteln. Demgegenüber wird von anderen vertreten, dass bereits die mangelnden freien Stellen ein Hindernis bei der Einstellung seien. Also wird es wohl bei dem seit Jahren proklamierten Weiterbildungsprogramm für die MitarbeiterInnen bleiben. Der Gesetzestext gibt keinen Anlass zu hoff en, dass die Kurse verpfl ichtend oder deren Verweigerung sanktionsbewehrt sein sollen. Genausowenig haben MigrantInnenvertreter das Recht gegen die Missachtung des Integrationsgesetzes bei Einstellungen oder Beförderungen zu widersprechen oder gar zu klagen. Alles nur warme Worte und Absichtserklärungen sage ich dazu, aber auch immerhin die richtige Richtung. Zu befürchten ist nur, dass sich die Integrationssenatorin zufrieden zurücklehnt und es nach einiger Zeit wieder den Aufschrei in der Gesellschaft geben wird, warum auch dieses Instrument nicht gefruchtet hat. Dazu kann ich nur sagen, weil wieder halbherzig gehandelt wurde.
Ein Gesetz für Tote
Das Gesetz regelt abschließend den Lebenssachverhalt von muslimischen MigrantInnen, die nicht mehr leben und nunmehr auch im Leichentuch bestattet werden können. Dieser Umstand ist ebenso überfällig, wenn auch für viele muslimische oder der muslimischen MigrantInnengruppe zugeordnete Menschen nicht vorrangig regelungsbedürftig. Viele MigratInnenn würde sich eher wünschen das Lebensbereiche wie Arbeit und Bildung in ein Integrationsgesetz Eingang finden. Denn in diesen Bereichen bestehen derzeit die Herausforderungen.
Partizipation nach DIN
Das Gesetz hat den Anspruch die bessere Partizipation von MigrantInnen zu regeln. Im Widerspruch hierzu steht, dass ihnen der Integrationswille abgesprochen wird, ohne das dieser defi niert bzw. das Bestehen eines Integrationswillens anhand von Kriterien positiv festgestellt werden kann.
Demgegenüber werden die Rechte zur Partizipation nicht über das bereits bestehende Maß hinaus geregelt, sondern lediglich vereinheitlicht. Durch die Neudefinition des Begriffs „Migrationshintergrund“ wird die von Diskriminierung besonderes betroff enen Generation, die so genannte dritte Generation, aus der Definition herausgenommen. Damit gibt das Gesetz auch jede Möglichkeit auf, antidiskriminierend einzuwirken. Mehrere Kleine Anfragen zu dem Th ema machen klar, dass es keine klare Analyse zur Situation von MigratInnen in Berlin gibt, auf deren Grundlage Entscheidungen zur Verbesserung der Situation für die Menschen getroff en werden könnten. Wieder einmal wurde eine Chance verpasst, einen Beitrag zur Integration und Partizipation zu leisten.
Grün lädt ein zur Mitwirkung am Gesetz
Wenn sich dann die Integrationssenatorin hinstellt und Behauptungen aufstellt, was sie geregelt haben will bzw. wie ihr Gesetz wirken soll, fällt mir nur ein, dass sie selbst einmal einen Kurs für interkulturelle Kompetenz besuchen sollte. Die Erwartung der Menschen mit und ohne Migrationshintergrund an ein Integrations- und Partizipationsgesetz sind vielfältig. Daher habe ich einen Fragebogen entworfen, um zu erfahren, was sich die Menschen davon erhoff en bzw. was sie befürchten.
Dieser Fragebogen und alle Informationen zu dem Thema sind auf meiner Seite www. integrationsgesetz.de zu finden. |
Canan Bayram, Mitglied des Abgeordnetenhauses, integrationspolitische Sprecherin