Nicht behandelte Mündliche Anfrage Nr. 15 der Abgeordneten Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) aus der 17. Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 13. September 2007 und Antwort (Drucksache 16/20137)

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre nicht erledigte Mündliche Anfrage gemäß § 51 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses wie folgt:

1. Hat die Jugendzeitschrift BRAVO im Rahmen ihrer Kampagne „Schau nicht weg“ auch Besuche in Berliner Schulen absolviert, um gemeinsam mit Musikern gegen Gewalt an Schulen zu werben und falls ja, um welche Schulen handelt es sich, was war der Inhalt und Umfang der Besuche, wer hat seitens BRAVO daran teilgenom-men und wie waren sie in den Stundenplan integriert?

Zu 1.: Schulen gestalten auf der Grundlage des Schulgesetzes und der geltenden Rahmenlehrpläne eigenverantwortlich den Unterricht. In diesem Rahmen ist es durchaus üblich, Gäste einzuladen. Dies wird jedoch nicht in der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung erfasst, sondern liegt in der Verantwortung der Schulen.

2. Wie schätzt der Senat den pädagogischen Gehalt und die Wirksamkeit der Kampagne „Schau nicht weg“ ein?

Zu 2.: Die Initiative der Veranstalter war aus jugendpolitischer Sicht zu begrüßen. Wenn Stars aus der Musikszene als Identifikationsfiguren der Kinder und Jugendlichen sich öffentlich gegen Gewalt in Schulen engagieren, so kann dies zu positiven Auswirkungen auf deren Gewaltverhalten führen. Rock-, Pop- und HipHop-Musik stützt in der großen Mehrzahl die Werte der demokratischen Gesellschaft und betont die Bedeutung von Menschenwürde, sozialer Gleichheit und Mitmenschlichkeit. Zahlreiche gesellschaftliche Initiativen, die diesen Zielen dienen, werden auch von Künstlern aus diesen Bereichen mitgetragen. Die Forderung nach „Respekt“ gegenüber Minderheiten ist ein zentraler Wert der HipHop-Kultur. Andererseits sind Musik, Musiktexte und andere Ausdruckformen der jugendbezogenen Popkultur von den Produzenten häufig bewusst so angelegt, dass sich Konflikte mit den Wertvorstellungen der Erwachsenen ergeben. Viele Popmusiker wurden erfolgreich, weil sie diesen Konflikten Aus-druck gaben. Häufig werden dabei Widersprüche, Tabus und Doppelmoral in der Erwachsenenwelt provozierend thematisiert. Zudem werden Minderheitenerfahrungen, z.B. von jungen Menschen mit Migrationshintergrund, bearbeitet, dramatisiert und in Analogie zu popkulturellen Interpretationsmustern interpretiert.

Der pädagogische Gehalt und die Wirksamkeit der Kampagne „Schau nicht weg“ ist jedoch differenziert zu betrachten, insbesondere bezüglich der verbalen Ausfälle des Rappers Bushido. Dessen Verhalten war unangemessen. Ein Problem liegt aber auch bei den Veranstaltern selbst. Sie waren offensichtlich bereit, ein so wichtiges Thema wie Gewalt durch die Entgleisungen von Bushido ins Gegenteil verkehren zu lassen.

Berlin, den 24. September 2007

Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner

Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Oktober 2007)