Grüner Sonderparteitag in Göttingen

Bereits im Vorfeld stand fest: Beim grünen Parteitag zur Afghanistanpolitik am 15. September in Göttingen würde es hoch her gehen. Zu widersprüchlich die Positionen innerhalb und außerhalb der Partei, zu vielfältig die Meinungen im Spannungsfeld von Militäreinsatz und zivilem Wiederaufbau, zu gegensätzlich die Auffassungen über die „Tornados“. Ihr Flugeinsatz im umkämpften Süden Afghanistans hatte das Göttinger Treffen überhaupt erst veranlasst. Denn das Votum von 44 Kreisverbänden (darunter Friedrichshain-Kreuzbergs) für die Einberufung eines Sonderparteitags war auch eine Reaktion auf die Zustimmung zum Tornado-Einsatz durch einen Teil der Bundestagsfraktion.

Auch in Göttingen erwies sich der Streit um die Kampfflieger als Knackpunkt: Während die Partei einhellig ihre Ablehnung des US-geführten Militäreinsatzes Operation „Enduring Freedom“ (OEF) bekräftigte, plädierte eine Mehrheit für die Fortsetzung des Mandats der internationalen Schutztruppe zum Wiederaufbau in Afghanistan (ISAF). Da die Verlängerung von ISAF jedoch nach dem Willen der Großen Koalition bei der Bundestagsabstimmung im Oktober mit dem Tornado-Mandat „im Paket“ abgestimmt werden soll, wäre ein Grünes Ja zu ISAF gleichzeitig eine Ja zu den Tornados. Dabei stehen ausgerechnet die Kampfflieger – so die Auffassung vieler RednerInnen beim Parteitag – für die unzulässige Vermischung von OEF und ISAF sowie eine falsche militärische Strategie, die den zivilen Wiederaufbau gefährdet.

Die Grünen Partei- und Fraktionsvorsitzenden versuchten das Dilemma mit einem Leitantrag umgehen, der auf jede Festlegung verzichtete. Gerade diesem Vorgehen wollte die Basis jedoch nicht folgen. Eine deutliche Mehrheit von 361 zu 264 Stimmen votierte für einen konkurrierenden Antrag, der sich für ein klares Nein zum Tornado-Einsatz (und damit auch zu ISAF) ausspricht. Ein Erfolg für die InitiatorInnen des Sonderparteitags und den Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg, der sich im Vorfeld gegen ein „Weiter so“ in der Afghanistanpolitik ausgesprochen hatte. Die Grün-interne und öffentliche Diskussion zu den Bundeswehreinsätzen hat eine Wende erfahren – steht aber in vielerlei Hinsicht noch am Anfang.

Daniel Wesener, Bezirksverordneter für Friedrichhain Kreuzberg