Drucksache 16/0606

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Der Senat wird aufgefordert, mit den Unternehmen, die sich mehrheitlich in Landesbesitz befinden, einen Ausbildungspakt abzuschließen, in dem sich die Unternehmen verpflichten, eine Ausbildungsquote – wie im Nationalen Ausbildungspakt vereinbart – von sieben Prozent einzuhalten.

Dem Abgeordnetenhaus ist darüber bis zum 31.08.2007 zu berichten.

Begründung:

Im Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs hat die Bundesregierung zugesagt, den Anteil der Ausbildungsplätze in der Bundesverwaltung auf mindestens sieben Prozent der sozial-versicherungspflichtig Beschäftigten zu steigern. Berlin könnte analog dazu eine Vorbildfunktion übernehmen, indem mit den Unternehmen die sich mehrheitlich in Landesbesitz befinden ein Ausbildungspakt abgeschlossen wird, der eine Ausbildungsquote von mindestens sieben Prozent festschreibt. Angesichts der Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt, ist eine derartige Initiative dringend notwendig.

Aktuell sind in Berlin 26.727 junge Menschen unter 25 Jahre erwerbslos. Hinzu kommen noch Zehntausende von Jugendlichen, die sich in sog. „Warteschleifen“ befinden, wie berufsvorbereitenden Maßnahmen oder Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (MAE). Dem gegenüber stehen rund 5.000 derzeit noch unbesetzte Ausbildungsplätze.

Diese Zahlen machen deutlich, dass auch in diesem Jahr wieder Tausende von Jugendlichen bei der Ausbildungsplatzsuche leer ausgehen werden. Verschärft wird die Situation durch die Zahl der sog. „AltbewerberInnen“, die von Jahr zu Jahr dramatisch ansteigt. In Berlin liegt die Quote der AltbewerberInnen bereits bei fast 70 Prozent. Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge steigt zwar wieder, unter dem Strich hat dies aber nicht dazu geführt, dass alle BewerberInnen versorgt werden konnten.

In Berlin hat sich die Zahl der Ausbildungsplätze seit 1999 um 15,9 Prozent reduziert! Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Berlin sank von 24.871 abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Jahr 1999 auf 20.908 im Jahr 2006.

Ein steigender Anteil an jungen Menschen in Berlin erhält überhaupt keine Be-rufsausbildung. Ein Großteil der jungen Menschen unter 25 Jahren in Berlin, die arbeitssuchend gemeldet sind, haben nie eine Berufsausbildung durchlaufen. Dies ist ein gigantischer gesellschaftlicher Sprengstoff, der bei der Bewertung der Ausbildungsplatzsituation gerne übersehen wird.

Angesichts dieser dramatischen Situation helfen regelmäßige Ankündigungen des Senats, die Ausbildungsplatzlücke rein rechnerisch zu schließen nicht weiter, denn die Zahlen sprechen hier eine eindeutige Sprache. Trotz der katastrophalen Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt hat der Senat die finanziellen Mittel, die für Ausbildungsplätze zur Verfügung standen in den letzten Jahren nicht ausgeschöpft. Dies betrifft sowohl die Ausbildungsmittel im Öffentlichen Dienst (rund 16 Millionen Euro verfallen im Jahr 2006) als auch Mittel, die im Rahmen des Bund-Länder-Programms (insgesamt acht Millionen Euro darunter eine Million ESF-Mittel nicht ausgeschöpft im Jahr 2006) zur Verfügung standen.

Hinzu kommt, dass die Unternehmen mit einer Landesbeteiligung von mind. 50 Prozent nur einen geringen Beitrag zur Entspannung der Ausbildungsplatzsitua-tion leisten: Die durchschnittliche Ausbildungsquote in 2005 betrug magere 4,1 Prozent. Besonders beschämend sind die Ausbildungsquoten der BSR (2,9 %) und der BVG (2,7 %), aber auch die Quote von Vivantes (5,7%) ist angesichts des zu erwartenden Arbeitskräftebedarfs im Gesundheitsbereich durchaus noch steigerungsfähig.

Berlin, den 6. Juni 2007