Derzeit überhäufen sich die Schlagzeilen von Immobiliendeals – von Taekker, Pardoviz bis Deutsche Wohnen. Es wird munter spekuliert und das auf Kosten der Mieter*innen. Auch für das Neue Kreuzberger Zentrum (NKZ) ist das so zu erwarten. Deshalb ist es notwendig, das NKZ in die öffentliche Hand zu übertragen.
Das Neue Kreuzberger Zentrum (NKZ) am Kottbusser Tor mit knapp 300 Wohnungen und 90 Läden wurde mit Geldern aus einem privaten Fonds mit Hunderten von Mitzeichnern errichtet. Ende März dieses Jahres wurde verkündet, dass der 70er Jahre Gebäudekomplex verkauft werden soll. Der Meistbieter, die Juwelus GmbH & Co KG soll insgesamt 50 bis 60 Millionen Euro geboten haben. Im vereinbarten Kaufpreis stecken angeblich jedoch Verbindlichkeiten, denn die Investitionsbank Berlin (IBB) verlangt etwa 40 Millionen Euro zurück. Auch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag hatte „bis zur Schmerzgrenze“ mitgeboten – offenbar handelte es sich ebenfalls um eine hohe zweistellige Millionensumme. Zwar handelt es sich beim NKZ um Sozialen Wohnungsbau, so ist der Kauf trotzdem attraktiv, zumal die sozialen Bindungen in spätestens zwölf Jahren ablaufen. Die Mieten liegen zwischen vier und sechs Euro. Hier leben viele einkommensschwächere Bürger*innen unseres Bezirkes – aktuell etwa 1200 Mieter*innen aus 30 Nationen. Insbesondere nachdem das NKZ aus der Belegungsbindung gefallen ist, kann nur das Vorkaufsrecht im Milieuschutzgebiet dauerhaft bezahlbare Mieten sichern und Sicherheit für die Mieter*innen bieten.
Kreuzberger Mischung erhalten
Denn in der Zwischenzeit können die Eigentümer die Mieter*innen rauskaufen, und wer bleibt, dem drohen starke Mieterhöhungen, die wir über den Milieuschutz nicht verhindern können. Grüner BVV-Beschluss Deshalb hat die Grüne Fraktion in der BVV das Bezirksamt mit einem Antrag aufgefordert, die Mieter*innen des sogenannten Neuen Kreuzberger Zentrums (NKZ) am Kottbusser Tor vor Verdrängung zu schützen indem das kommunale Vorkaufsrecht ausgeübt wird. Der Bezirk braucht dafür aber zwingend die finanzielle Unterstützung und Rückendeckung des neuen Senats. Entscheidend ist, dass die Gewobag weiterhin am Ball bleibt. Zudem muss geprüft werden, ob es auch möglich ist, die Wohnungen zum Verkehrswert zu erwerben. Auch ist noch nicht klar, ob die neulich mit einem Stammkapital von 25.000 Euro gegründete Juwels GmbH & Co. KG wirklich der aussichtsreichste Käufer bleibt, denn bis zum Redaktionsschluss hatte sie bei der IBB noch nicht darlegen können, dass sie auch wirklich über die geforderte Kaufsumme verfügt.
Natürlich ist es ärgerlich, dass gerade das NKZ, das mit öffentlichen Geldern im Millionenbereich finanziert wurde und als Steuersparmodell für Westdeutsche Anleger im Rahmen des alten Sozialen Wohnungsbaus Westberliner Prägung gedient hat, jetzt zu einem teuren Preis zurückkaufen zu müssen. Jedoch muss uns eben klar sein, dass wir das NKZ nicht nur wegen seiner Strahlkraft über den Bezirk hinaus in Landeseigentum überführen wollen, sondern dass es uns darum geht, die einkommensschwachen Bewohner*innen vor Verdrängung zu schützen. Die Kreuzberger Mischung muss es uns wert sein.
Kommunales Vorkaufsrecht nutzbar machen
Friedrichshain-Kreuzberg hat das kommunale Vorkaufsrecht bereits drei Mal erfolgreich ausgeübt; dazu gehören auch vier Abwendungsvereinbarungen. Damit sind wir Vorreiter für die Anwendung dieses zweigliedrigen Instruments, das bisher ausschließlich von Grünen Stadträten in den Bezirken genutzt wurde. Besonders zentral ist es, die Bezirke endlich die nötige Unterstützung durch die neue rot-rot-grüne Landesregierung bekommen. Hierbei wird gerade eine Konzeption für die Nutzung von Vorkaufsrechten und strategischen Ankäufen entwickelt. Wir Grüne setzen uns ein, dass der Senat einen „revolvierenden Fonds“ als finanzielle Basis für das Vorkaufsrecht sichert (bereithält, zur Verfügung stellt?). Das Instrument muss nur innerhalb von acht Wochen bei einem Hausverkauf angewendet werden. Dazu müssen aber vorher Wertgutachten und Berechnungen anhand der Mieter*innenstruktur erstellt werden und nicht zuletzt auch Partner bzw. Akteure gefunden werden, die das Haus langfristig bzw. dauerhaft vor Spekulation schützen (das wiederholt sich zwei Zeilen weiter unten). Bisher konnte die Gewobag, eine der großen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, überzeugt werden. Es gilt nun Modelle zu entwickeln, die die Beteiligung von Genossenschaften, Stiftungen oder dem Mietshäusersyndikat ermöglichen. Dabei ist zentral, dass wir es schaffen, eine signifikante Zahl von Wohnungen dauerhaft vor Spekulation zu schützen. Ferner ist es möglich, mit den zukünftigen Neueigentümern über sogenannte Abwendungsvereinbarungen in Verhandlungen zu treten, und besondere Mieter*innenschutzrechte zu vereinbaren, um den Vorkauf durch den Bezirk zu verhindern. Im Bundesrat setzt sich Rot-Rot-Grün auch für die Verbesserung des Kündigungsschutzes und für die Stärkung des Milieuschutzes ein, um die Menschen vor Ort besser schützen zu können.
Wir werden mit aller Kraft versuchen, das NKZ dem spekulativen Markt zu entreißen. Der Kapitalmarkt läuft derzeitig so heiß, dass neulich ein anderes Haus im Bezirk weiter verkauft wurde, noch während wir mit dem Besitzer über den Vorkauf oder eine Abwendungsvereinbarung verhandelten. Dieser hat innerhalb von Wochen einen Gewinn von einem Drittel des Kaufpreises eingefahren. Solche absurden Entwicklungen verdeutlichen, wie wenig Transparenz auf dem Immobilienmarkt herrscht und wie wichtig es ist, viele weitere Instrumente gegen Spekulation zu schärfen und zu entwickeln.
Florian Schmidt, Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg
Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der AGH-Fraktion