Der Senat hat den Wasser-Rückkauf beschlossen. Wie stark die Tarife sinken, bleibt offen. Der Finanzsenator sieht nur einen kleinen Puffer. EinArtikel aus der Berliner Morgenpost von JOACHIM FAHRUN.
Ulrich Nußbaum war ein wenig ungehalten. Da hatte er den Auftrag der Koalitionäre erfüllt, hart mit dem Essener Energiekonzern RWE über einen Rückkauf des knappen Viertels der Berliner Wasserbetriebe verhandelt, einen aus seiner Sicht guten Kaufpreis für das Land Berlin herausgeholt und seinen Plan im Senat durchgebracht. Aber die Journalisten fragten nur danach, ob und – wenn ja – wann der Wasserpreis endlich sinken werde.
Das sei nicht das Thema heute, erklärte der Finanzsenator. Es gehe nur um den Rückkauf der Anteile, um die Teil-Rekommunalisierung der 1999 von der großen Koalition an RWE und Veolia verkauften knappen Hälfte des Wasserversorgers.
Das Abgeordnetenhaus müsse beschließen, ob es bereit sei, auf die Einnahmen aus dem Wassergeschäft für den Landeshaushalt zu verzichten, sagte Nußbaum. Denn eines ist klar: Umfangreiche Preissenkungen, wie sie eine breite Allianz – von linken Bürgerinitiativen bis zur Industrie- und Handelskammer – fordert, sind nur auf Kosten des allgemeinen Etats umzusetzen.
Nußbaum konnte zwar vorrechnen, dass auch die vom Bundeskartellamt verfügte Preissenkung für Frischwasser um 17 Prozent verkraftbar ist. Auch in diesem Fall ließe sich der Kaufpreis für RWE, 618 Millionen Euro plus Nebenkosten, aus den zusätzlichen Gewinnen über dann 30 Jahre refinanzieren.
Eine Einschränkung machte der Finanzsenator allerdings. Das derzeit historisch niedrige Zinsniveau müsse bleiben. Der Senator kalkuliert mit einem Zinssatz von 2,62 Prozent. Dieser lässt sich aber nur über 20 Jahre absichern, wie es in der Senatsvorlage heißt. Für die restliche Laufzeit des Finanzierungskonzeptes bestünde dann das Risiko, einen höheren Zins bedienen zu müssen.
Nußbaum sieht kaum Spielraum
Nach den Berechnungen Nußbaums könnte der gesamte Wasserpreis – Trinkwasser, Abwasser und Regenwasserentsorgung – von derzeit 5,70 Euro pro Kubikmeter bis 2015 auf unter 5,30 Euro sinken. Danach würden die Preise allmählich wieder ansteigen und 2023 das heutige Niveau erreichen. Nußbaum erklärte das mit normaler Inflation sowie steigenden Lohn- und Energiekosten. Für weitere, politisch motivierte Preissenkungen gibt es in Nußbaums Modell keinen Puffer.
Ebenso wenig für den Fall, dass das Bundeskartellamt sich, wie von Grünen und Bürgerinitiativen gefordert, auch den Abwasserbereich ansehen und dabei ebenfalls überhöhte Preise feststellen sollte.
Nußbaum verwies darauf, dass eine einseitig vom Land Berlin durchgesetzte Preissenkung dazu führen würde, dass der verbliebene private Miteigentümer Veolia darauf pochen könne, entgangene Gewinne vom Land ausgeglichen zu bekommen. Allein die vom Kartellamt angestrebte Preissenkung würde für Berlin nach dem Rückkauf der RWE-Anteile einen Verlust an Gewinn von 30 Millionen und für Veolia von zehn Millionen bedeuten.
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Christian Wiesenhütter, sagte, alleine aus dem Rückkauf sei eine Entlastung der Verbraucher nicht zu finanzieren. Mehr staatlicher Einfluss garantiere auch keine sinkenden Preise. „Es bleibt also dabei: Der Senat kann seiner Verantwortung für niedrige Wasserpreise weiterhin nur mit dem Verzicht auf Gewinnentnahmen gerecht werden“, sagte Wiesenhütter.
Grüne warnen vor Folgen des Rückkaufpreises
CDU-Fraktionschef Florian Graf bekräftigte die Position des kleineren Koalitionspartners, wonach der Rückkauf nur Sinn mache, wenn die Bürger auch entlastet würden. Für die Unternehmensverbände sagte der stellvertretende UVB-Hauptgeschäftsführer Klaus-Dieter Teufel, bei allen Rückkauferwägungen müssten die dauerhafte Senkung der Wasserpreise und eine Novellierung des Tarifsystems Priorität haben. „Die UVB fordert seit Langem, dass der Senat die schon heute bestehenden Preissenkungsspielräume nutzt, beispielsweise beim Grundwasserentnahmeentgelt“, sagte Teufel.
Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop und die Wasser-Expertin Heidi Kosche warnten, durch den nach ihrer Ansicht zu hohen Kaufpreis drohe den Berliner Wasserkunden über 30 Jahre hohe Wasserpreise. Der Plan des Finanzsenators sei untauglich, das siegreiche Volksbegehren umzusetzen. „Die Berliner wollen sinkende Wasserpreise, die sich an den Kosten zur Herstellung guten Trinkwassers und einer effektiven Abwassersäuberung orientieren.“