DS/2182/III

Mündliche Anfrage

Ich frage das Bezirksamt:

1. Wie viele Sozialwohnungen wurden seit November 2010 in Eigentumswohnungen umgewandelt und wie viele Anträge auf eine Selbstbenutzungsgenehmigung wurden beim Wohnungsamt gestellt?

2. Wie viele Anträge wurden positiv beschieden bzw. mit welchen Gründen wurden Anträge abgelehnt?

3. Ist eine Freistellung von der Selbstbenutzungsgenehmigung möglich und wenn ja unter welchen Voraussetzungen?

Nachfragen:

4. Geht das Bezirksamt davon aus, dass durch die neue bezirkliche Handlungsvorschrift die Umwandlung weiterer Sozialwohnungen in Eigentumswohnungen verhindert werden kann?

5. Wie viele ehemalige Sozialwohnungen sind mittlerweile in Eigentumswohnungen umgewandelt (in absoluten und prozentualen Zahlen)?

Beantwortung: BezStR Herr Panhoff

Sehr geehrte Frau Vorsteherin, liebe Mitglieder der BVV, sehr verehrte Gäste. Die Beantwortung dieser Fragen wird jetzt etwas Zeit erfordern, dem Umstand geschuldet, dass es sich um eine etwas kompliziertere Materie handelt.

Ich möchte Vorbemerkung machen zu der Frage der Umwandlung. Gegen die gibt es derzeit keine juristische Handhabe bei den Altbau- oder Sozialwohnungen und da sind im Prinzip zwei Typologien vorhanden, nämlich Wohnungsbestände, die vom Wegfall der Anschlussförderung betroffen sind und deren Eigentümer insolvent wurden. Das ist z. B. auch beim Fanny-Hensel-Kiez der Fall, es gibt auch eine Reihe anderer und bei diesen Beständen ist es so, dass mit der Zustimmung der Investitionsbank Berlin, die ja für die Fördermittel zuständig ist, die insolvent gegangenen Bestände dann freihändig verkauft werden.

Das Wichtige zu wissen in dem Fall ist, dass die öffentlichen Mittel, die ja eigentlich zurückzuzahlen sind über lange Zeiträume, möchte jetzt das Förderverfahren lieber nicht referieren, das wäre dann noch mal ein kleiner Exkurs, aber das sind Zeiträume die länger gehen, die noch nicht abgeschlossen sind, d. h. da sind noch Forderungen des Landes Berlins zur Rückzahlung von Fördermitteln und die werden dann nicht mehr zurückbezahlt. Dann wandeln die neuen Eigentümer die Wohnung um und verkaufen die Wohnung. Die sind rechtlich gesehen aber nach wie vor Sozialwohnungen und Belegungsrechtswohnungen, also da hat das Wohnungsamt nach wie vor die Möglichkeit, steuernd einzugreifen, aber das ist den Käufern oftmals nicht bewusst.

Die zweite Variante ist, dass diese Fördermittel vorzeitig abgelöst werden, d. h. da wird der Wert, den das haben würde mit entsprechender Verzinsung rückwärts gerechnet praktisch auf den Barwert, auf das sozusagen den heutigen Wert und dann werden in dem Rahmen die Bindung aufgegeben. Das wird gemacht, also die Freistellung von dieser Bindung, die wird durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erteilt.

Es sind Dinge da, da hat der Bezirk erst mal nicht so viele Möglichkeiten etwas zu tun. Der Eigentümer ist verpflichtet, wenn er Wohnungen oder, also die Teilung vornehmen möchte eines Grundstücks dann zur Umwandlung in Eigentum bzw. die Umwandlung, das dem Wohnungsamt zu melden. Wenn er das nicht tut, können Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden. Das Problem ist nur, dass das nicht so ganz klar ist, ob man die dann am Ende auch wirklich eintreiben kann, weil man vor Gericht möglicherweise damit konfrontiert ist, dass es gar nicht so ein Verstoß darstellt, weil es ja unter Willigung von Investitionsbank Berlin und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erfolgt. Das heißt, man guckt da eigentlich als Bezirk in die Röhre. Das möchte ich als Eingangsbemerkung gemacht haben, um ein bisschen Verständnis dann auch für die weiteren Ausführungen zu wecken, die jetzt auf die eigentlichen Fragen eingehen.

Zu Frage 1:

Also die Anzahl der Eigentumswohnungen, die seit November 2010 umgewandelt wurden, können wir leider nicht beziffern. Beziffern können wir die Anzahl der Selbstbenutzungsgenehmigungen, die seitdem erteilt wurden. Das sind also 50 bzw. 50 Freistellungen von der Selbstbenutzungsgenehmigung, um das korrekt auszusprechen, und, also bis November 2010 wurden 50 Freistellungen erteilt.

Nach November 2010 wurden vier Selbstbenutzungsgenehmigungen erteilt und drei Anträge sind in Bearbeitung und 141 Freistellungen wurden im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erteilt. Bezieht sich auf die vorher gemachten Ausführungen bei der Ablösung durch Barwertbezahlung.

Zu Frage 2:

So, wie viele Anträge wurden positiv beschieden und mit welchen Gründen wurden Anträge abgelehnt? Die vier Anträge seit November 2010 wurden positiv beschieden und die anderen sind noch in Bearbeitung. Da kann ich mich nur wiederholen. Grund für eine Ablehnung könnte sein, wenn die geltenden Einkommensgrenzen nach dem Wohnraumförderungsgesetz überschritten werden, aber wie gesagt, das ist noch in Bearbeitung.

Zu Frage 3:

Wir hatten ja eine ähnliche Frage schon mal hier erörtert. Es gibt dort sozusagen zwei Gruppen von Antwort. Das eine ist, dass gar keine Genehmigung erteilt werden muss, nämlich dann, wenn der Käufer der umgewandelten Wohnung oder der umgewandelten Sozialwohnung selbst einen Wohnberechtigungsschein hat und damit für die Wohnung auch in Frage kommt.

Wenn das nicht der Fall ist, dann gibt es die Ausnahmen und die sind wie Folgt:

Der Käufer war schon beim Wegfall der Anschlussförderung Mieter in der Wohnung und will dort weiter verbleiben.

Zweiter Fall, der Käufer fällt unter die Härtefallregelung, das sind z. B. Rollstuhlfahrer, das sind z. B. Senioren und möglicherweise dann in Wohnungen, die auch ausschließlich für diesen Personenkreis vorgesehen sind.

Dritter Ausnahmefall, der Käufer kann ein gewichtiges Selbstnutzungsinteresse nachweisen, obwohl er nicht die Grenzen des Wohnraumförderungsgesetzes einhält. Also insofern auch keinen Wohnberechtigungsschein erhalten könnte, aber die Wohnung liegt in der Nähe der Betriebsstätte oder seines Arbeitsplatzes, z. B. als Heimleiter, Hausmeister oder Wachhabender.

Das sind also Ausnahmetatbestände, die dann in Kraft treten könnten.

Zu Nachfrage 4:

Also zunächst einmal ist voranzustellen, dass der Bezirk überhaupt erst mal ein transparentes Verwaltungshandeln erklärt hat, garantieren kann, in dem das mal fixiert wurde. Das ist ja auch soweit wir wissen erst mal nicht in Berlin der Fall. In der Vergangenheit und das ist so der Skandal eigentlich, bei der ganzen Sache kam es öfter vor, dass Käufer die sofortige Bestätigung des Endes der Förderung begehrten und sich dann berufen haben auf die sie fördernde Bank, die Investitionsbank und das, obwohl ja die öffentlichen Mittel nicht zurückgezahlt wurden. Ich hatte in der eingehenden Bemerkung schon gesagt, also es gibt den Fall, dass die Fördermittel nicht zurückbezahlt werden, das Objekt insolvent fällt, die Fördermittel nicht zurückbezahlt werden, das hebt aber noch nicht auf normaler Weise, dass es sich weiterhin um Sozialwohnungen handelt, wo z. B. Belegungsrechte ausgeübt werden können. Viele von diesen Verfahren sind zur Zeit vor Gericht anhängig, da muss man gucken, was passiert.

Der Bezirk jedenfalls lehnt die Freistellung, die generelle Freistellung ab, obwohl da erheblicher Druck herrscht und unterstützen insofern ganz klar die Interessen der Mieter und Mieterinnen, die in diesen Objekten wohnen. Es gibt jetzt auch eine Reihe von Investoren, die, bevor sie die Objekte kaufen, zum Bezirk kommen und sagen, können wir da nicht irgendwie was machen? Also die wollen da im Prinzip im Vorfeld schon einen Deal machen, um möglichst eine schnelle und pauschale Erteilung der Genehmigung und Freistellung zu erzielen. Dem folgt das Bezirksamt aber nicht.

Es gibt noch eine Absurdität, die ist hier auch schon einmal erörtert worden. Es gibt den Fall, dass nach dem Insolventgehen der Sozialwohnung oder der Sozialmietobjekte trotzdem das System der Kostenmiete weiterläuft. Das heißt, durch die Rücknahme der Förderung steigt der Anteil, den der Mieter oder die Mieterin zu bezahlen hat, weiterhin an. Das sind dann, wenn die Förderung wegfällt und auch gerade, wenn es keine Anschlussförderung gibt Mieten, die kaum jemand bezahlen kann, was dazu führt, dass den Mietern dann das Messer an die Kehle gesetzt wird, zumal auch die Möglichkeit besteht, bis zu zwei Jahren rückwärts, also rückwirkend diese Miete dann zu erheben und das ist für die meisten Haushalte, die in diesen Häusern leben, natürlich überhaupt nicht finanzierbar, so dass sie dann aufgrund dieser nicht mehr bezahlbaren Miete „freiwillig“ gehen.

Das ist etwas, wo langsam die Senatsverwaltung aufgewacht ist, auch aufgrund der Initiativen hier in unserem Bezirk und darüber nachdenkt, dieses absolut krasse Missverhältnis abzuschaffen und diesen Geschäftspraktiken dann auch einen Riegel vorzuschieben, das wird nämlich langsam zum Geschäftsmodell.

Zu Nachfrage 5:

Das ist ein Problem zu beantworten, denn die Eigentümer melden das nicht unbedingt dem Bezirk. Das ist eine Ordnungswidrigkeit, nur ist der Personalbestand im Bezirk so, dass die Verfolgung dieser Ordnungswidrigkeit eigentlich kaum, also jedenfalls nicht systematisch vorgenommen werden kann und die Prioritätensetzung liegt derzeit in der Beratung der Mieter und die Versorgung der Mieter mit Ersatzwohnraum, soweit das möglich ist. Das ist bedauerlich, aber die Priorität ist eben so, dass erst mal die akute Versorgung dann hergestellt werden muss.

Es gibt eine Schere, unter der wir hier auch leiden in der Durchsetzung der wohnungspolitischen Ziele. Zum einen gibt es eben schwindende personelle Ressourcen, insbesondere nach dem Wegfall der Zweckentfremdungsverbotsverordnung und auf der anderen Seite steigende Zahlen bei den Verstößen gegen das Wohnungsbindungsgesetz. Da kann ich nur bedauernd die Situation darstellen. Es ist so, dass offensichtlich zu viele Hoffnungen bestanden, dass hier ein ausgeglichener Wohnungsmarkt vorherrsche in Berlin und von daher dieses Thema gar nicht mehr auf dem Tisch ist. Sie sehen, dass die Wirklichkeit eine ganz andere Sprache spricht.

Fragestellerin: Paula Riester

Bündnis 90/Die Grünen

Friedrichshain-Kreuzberg, den 23.03.11