Artikel über die Stärkung der direkten Demokratie von Dirk Behrendt im Stachel

Gleichzeitig mit der Abgeordnetenhauswahl am 17. September 2006 findet eine Volksabstimmung über die Verbesserung direktdemokratischer Rechte auf Landesebene statt. Nach intensivem grünem Druck erklärte sich die rot-rote Regierungsmehrheit doch noch zur zweiten Stufe der Stärkung direktdemokratischer Rechte bereit.

Nachdem 2005 die erste Stufe der Stärkung direktdemokratischer Rechte in Berlin durch die Einführung des Bürgerbegehrens auf Bezirksebene erfolgte und die ersten Erfahrungen vorlagen (u.a. Bethanien und Rudi-Dutschke- Straße, der Stachel berichtete), unternahm die Abgeordnetenhausfraktion von Bündnis´90/Die Grünen im Januar 2006 einen Vorstoß zur Erleichterung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid auf Landesebene. Rot-rot blockte ab und erklärte, die Zeit bis zur Wahl im Herbst würde für eine Beratung nicht ausreichen. Hiervon ließen sich die Grünen nicht entmutigen – und der Druck war letztendlich erfolgreich. Im Mai 2006 verabschiedete das Abgeordnetenhaus Berlin die notwendige Verfassungsänderung. Zur Wirksamkeit der Änderungen bedarf es noch einer Volksabstimmung, die am 17. September 2006 gleichzeitig mit der Abgeordnetenhauswahl durchgeführt wird. Die Volksinitiative trägt ein Anliegen ins Abgeordnetenhaus und ist mit deren Befassung beendet. Mit einem Antrag auf ein Volksbegehren wird die direkte Demokratie als Volksgesetzgebung in Gang gesetzt. Nach erfolgreichem Abschluss der Sammlung sind für das Volksbegehren wesentlich mehr Unterstützer notwendig. Kommen diese zusammen muss das Abgeordnetenhaus das Anliegen beraten. Lehnt es ab, kommt es zum Volksentscheid.

Worum geht es?

Bereits seit Mitte der 90´er Jahre waren in der Berliner Verfassung direktdemokratische Rechte vorgesehen. Die Hürden waren allerdings sehr hoch. Um die Absenkung dieser Hürden geht es bei den jetzt beschlossenen und zur Abstimmung stehenden Änderungen. So wurde das Quorum für eine Volksinitiative von 90.000 volljährigen EinwohnerInnen auf 20.000 abgesenkt, wobei in Zukunft auch 16 und 17 Jährige initiativberechtigt sind. Sämtliche Ausschlusstatbestände (z.B. Landeshaushalt oder Personalbezüge) wurden gestrichen. Zur Beantragung eines Volksbegehrens sind in Zukunft nicht mehr 25.000 sondern 20.000 Unterschriften notwendig. Auf der zweiten Stufe müssen in Zukunft nicht mehr 10 Prozent der Wahlberechtigten unterschreiben (rund 242.000) sondern es reichen 7 Prozent aus (rund 170.000). Dies muss nicht mehr innerhalb von 2 Monaten geschehen sondern die Frist wurde auf 4 Monate verdoppelt. Thematisch sind die Grenzen aufgeweicht worden. Tabu ist weiterhin das Haushaltsgesetz. Möglich ist nun auch die Änderung der Verfassung. Hierzu sind auf der ersten Stufe 50.000 Unterschriften notwendig und auf der zweiten Stufe müssen 20 Prozent unterschreiben (rund 484.000). Zudem soll in Zukunft auch hier eine freie Sammlung der Unterschriften möglich sein. Es wäre dann nicht mehr erforderlich, dass alle Unterstützer persönlich bei den Auslegestellen erscheinen. Für einen Volksentscheid bedurfte es bisher der Zustimmung der Mehrheit der Teilnehmenden und einer Beteiligung von mindestens 50 Prozent bzw. der Zustimmung von mindestens einem Drittel der Wahlberechtigten. Nunmehr reicht die Zustimmung von 25 % der Wahlberechtigen aus.

Die Änderungen sind positiv zu beurteilen

Die Absenkung der Quoren waren notwendig, um die direkte Demokratie mit Leben zu erfüllen. Die thematische Öffnung war überfällig, wie nicht zuletzt die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts zur Unzulässigkeit des Volksbegehrens zur Rücknahme der Risikoabschirmung (Bankgesellschaft) zeigt. Das weiterhin hohe Quorum beim Volksentscheid ist allerdings bedauerlich, zumal anderen Bundesländer ganz ohne Quoren auskommen. Bündnis´90/ Die Grünen werben dennoch für ein Ja bei der Volksabstimmung und werden sich auch in Zukunft engagiert für eine weitere Stärkung direktdemokratischer Rechte – auch auf Bundesebene – einsetzen. weitere Info: www.du-entscheidestmit.de

Dirk Behrendt