Meine Rede zur Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Plenum, im Plenarprotokoll ist die gesamt Debatte zu finden.

Vizepräsident Dr. Uwe Lehmann-Brauns: Es be-ginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat die Kollegin Herrmann. – Bitte!

Clara Herrmann (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am letzten Samstag war Weltkindertag. Das Motto lautete: Alle Kinder haben Rechte. Es wäre schön gewesen, wenn wir hier heute die Kinderrechte in der Berliner Lan-desverfassung hätten verankern können, aber gut Ding will Weile haben. Wir hoffen sehr, dass dieses Haus bis zum nächsten Kindertag der Initiative meiner Fraktion, Kinderrechte in der Landesverfassung zu verankern, zustimmt.

[Beifall bei den Grünen]

Auch die Themen der heutigen Debatte sind wichtig. Zu-nächst geht es um die Bekämpfung der Kinderarmut. Un-ser Antrag „Kinderarmut bekämpfen I“ ist zumindest auf Berliner Ebene erledigt, da der Bundesrat einstimmig be-schlossen hat, die Regelsätze für Kinder zu erhöhen. Aber die Bundesregierung tut nichts. Die SPD und die CDU sollten dringend auf die Bundesregierung Einfluss neh-men, denn auch die unlängst erschienene Studie, die der Paritätische Wohlfahrtsverband vorgelegt hat, zeigt ein-deutig, dass das Existenzminimum für Kinder deutlich höher ist, als bisher geregelt. Hier muss die Bundesregie-rung handeln. Es wäre angebracht, dass die SPD und die CDU, die sich hier immer kinderlieb geben, dies deutlich machen und auf die Bundesregierung Einfluss ausüben würden.

[Beifall bei den Grünen]

Auch da, wo die Koalition hier etwas tun könnte, nämlich hinsichtlich der Teilhabe von Kindern, passiert nicht viel. Kinderarmut bekämpfen bedeutet für uns nicht nur eine materielle Absicherung, sondern auch, wirkliche gesell-schaftliche Teilhabe zu gewährleisten. Sie lehnen nicht nur das Kitavolksbegehren ab – zumindest wird es nicht für zulässig erklärt -, sondern auch unsere Vorschläge, beispielsweise die Weiterentwicklung von Kitas zu Fami-lienzentren. Gut reden können Sie, aber handeln sieht an-ders aus.

[Beifall bei den Grünen]

Zum Antrag der FDP: Wir begrüßen, dass das Berichts-wesen erste zaghafte Einblicke und Vergleiche zur ge-sundheitlichen Lage von Kindern ermöglicht. Wir halten aber die Vorschläge, die die FDP-Fraktion macht, für Verbesserungen und werden dem Antrag deshalb zustim-men. Was nützen Berichte, die den handelnden Personen keine Handlungsempfehlungen geben und in Fachchine-sisch abgefasst sind? – Nichts! Deshalb stimmen wir dem Antrag der FDP zu.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Wer kann Interessen besser vertreten als die Betroffenen? Kindern und Jugendlichen werden zu wenig Teilhabe-möglichkeiten eingeräumt. Alibibeteiligungen führen nur dazu, dass Kinder und Jugendliche entmutigt werden und sich nicht ernst genommen fühlen. Wir sollte das Signal aussenden, dass es ausschlaggebend ist, junge Menschen stärker für politische Prozesse zu interessieren. Aber was machen die Koalitionsfraktionen? – Sie sehen das ein bisschen anders. Das Thema Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen muss ernst genommen werden, ist aber für die Koalitionsfraktionen scheinbar nicht von Interesse, denn Sie haben unseren Antrag abgelehnt. Die-ser beinhaltet u. a., dass die Kinder- und Jugendpartizipa-tion auch in Institutionen wie den Schulen und Kitas stär-ker ermöglicht werden muss. Manchmal ist es eine Farce, wie im parlamentarischen Alltag gehandelt wird. Im Ausschuss wurde einvernehm-lich eine Anhörung zu dieser Thematik durchgeführt, und Expertinnen und Experten wurden eingeladen. Wir haben uns Zeit dafür genommen. Der Vertreter der LAG Mitbe-stimmung, Herr Lehmann, sagte wörtlich – ich zitiere aus dem Protokoll -: Zum Antrag, die Kinder- und Jugendbeteiligung zu stärken, wurde uns aus der Seele gesprochen. Das schert Sie von den Koalitionsfraktionen aber gar nicht. Sie lehnen unseren Antrag ab. Das haben Sie sich vorgenommen. Dann sagen Sie hier wenigstens offen, dass Sie keine wirkliche Beteiligung von allen Kindern und Jugendlichen wollen. Sie reden immer drum herum. Das verstehen wir nicht, und die Fachwelt wird das auch nicht verstehen. Wenn das der normale Umgang ist, kön-nen die Berliner Kinder und Jugendlichen vielleicht froh sein, dass unser Antrag abgelehnt wird, denn wenn das Ihre Vorstellung von Partizipation ist, dann „Guten A-bend!“.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Manchmal geschehen aber noch Wunder: Sie sind auf unsere Forderung nach einer Kinderfreundlichkeitsprüfung auf Landes- und Bezirksebene eingegangen und sind die-ser im Ansatz gefolgt. Nun wollen wir gemeinsam dafür sorgen, dass Senat- und Bezirksverwaltungen der Emp-fehlung einer Kinder- und Jugendfreundlichkeitsprüfung folgen, damit die Belange von Kindern und Jugendlichen auch im Alltag mehr berücksichtigt werden – nicht nur an Weltkindertagen. – Danke!

[Beifall bei den Grünen]