In einer kleinen Anfrage an den Senat erkundigt sich Heidi Kosche über die Zahngesundheit von Kindern in Berlin und die Präventionsarbeit des Senats.
Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:
1. Bei wie vielen Kindern sind in den zurückliegenden zehn Jahren (1996 – 2006) behandlungsbedürftige Schäden an den Zähnen festgestellt worden? (Differenziert nach Mädchen und Jungen und nach Bezirken)
Zu 1.: Im Schuljahr 1995/1996 hatten 99.724 Kinder (32,7%) behandlungsbedürftige Zähne.
- Im Schuljahr 2005/2006 hatten 69.627 Kinder
(29,2% ) behandlungsbedürftige Zähne.
Der Anteil behandlungsbedürftiger Zähne ist damit bei Kleinkindern und Schülern nur um 3,5 Prozentpunkte zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum ist aber der Anteil kariesfreier Gebisse bei den Kleinkindern von 60,1% auf 69,8 % angestiegen. Bei den Schulkindern hat sich der Prozentsatz der kariesfreien Gebisse innerhalb der 10 Jahre (1995/1996 – 2005/2006) sogar verdoppelt (21,9% 1996 – 41,6% 2006). Die Erhebung wird nicht nach Mädchen und Jungen differenziert. Die Bezirksergebnisse sind der Tabelle 1 zu entnehmen.
2. Wie häufig werden routinemäßig Vorsorgeuntersuchungen bzw. Nachkontrollen der Zahngesundheit von Kindern in Kitas und Schulen, neben den Einschulungsuntersuchungen, durch den KJGD durchgeführt?
Zu 2.:
- Die Zahnärztlichen Dienste (ZÄD) der Gesundheitsämter Berlins führen jährliche Vorsorgeuntersuchungen (VU) und Gruppenprophylaxemaßnahmen (GP) in den Kitas und Schulen durch. (nach § 21 SGB V und §1 und §8 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (GDG)).
- Die VU bilden die Grundlage für die Ermittlung des Prophylaxe- und Behandlungsbedarfs. Ziel der VU ist es, Zahnschäden sowie Zahn- und Kieferfehlstellungen frühzeitig zu diagnostizieren.
- Jedes Kind erhält eine Elterninformation über den Gebisszustand. Neben dem Hinweis auf ggf. Behandlungsbedürftigkeit bzw. Vorstellung beim Kieferorthopäden wird auf die halbjährlichen Vorsorgetermine beim niedergelassenen Zahnarzt verwiesen.
- Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD) führt im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen (ESU) nur eine grobe Einschätzung des Zahnpflegeverhaltens durch. Dies ist nicht vergleichbar mit den Vorsorgeuntersuchungen, da der Anteil behandlungsbedürftiger Gebisse von den Kinderärzten unterschätzt wird.
3. Wie wird die zahnärztliche Behandlung der Kinder mit festgestellten Zahnschäden sicher gestellt?
Zu 3.:
- Die zahnärztliche Behandlung obliegt den niedergelassenen Zahnärzten (§22;§26;§27;§28 SGB V).
- Sicherstellung durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV)
- Aufforderung zum Zahnarztbesuch wie in 2. beschrieben durch Elterninformation der ZÄDs der Gesundheitsämter
4. Bei wie vielen Kindern mit festgestellten Schäden konnten Rückschlüsse auf deren sozialen Status bzw. einen Migrationshintergrund gezogen werden? (Verlauf der letzten zehn Jahre 1996 – 2006)
Zu 4.:
- Der soziale Status wird bei der Vorsorgeuntersuchung nicht erhoben.
- Es wir nur auf Bezirksebene der Sozialindex erhoben.
- Durch die Gegenüberstellung des Sozialindex mit dem Zahnstatus ist der Zusammenhang zwischen Sozialindex und Behandlungsbedürftigkeit erkennbar.
- Je höher der Rang um so schlechter der Sozialindex und um so mehr behandlungsbedürftige Kinder.
- 1999 lag der Anteil behandlungsbedürftiger Kleinkinder/ Schüler im Bezirk Mitte auf Rang 12 mit 42,68% bei Sozialindex Rang 11. Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf lag der Anteil behandlungsbedürftiger Kinder nur bei 20,24% auf Rang 2 und Sozialindex Rang 1.
- Auch das Schuljahr 2005/2006 zeigt für den Bezirk Mitte bei behandlungsbedürftigen Kindern 42,7% Rang 12 und Sozialindex Rang 11. Für den Bezirk Steglitz-Zehlendorf Anteil behandlungsbedürftige Kinder 20,4% Rang 1 und Sozialindex Rang 1.
- Aussagen über den Migrationshintergrund lassen sich zurzeit noch nicht treffen.
- Eine Möglichkeit wäre die Verknüpfung der Daten der Einschulungsuntersuchung des KJGD mit den Daten der Vorsorgeuntersuchungen des ZÄD.Im Bezirk Mitte wurde das erstmals in einer Studie für das Schuljahr 2004/2005 durchgeführt (Ergebnisse werden beim Kongress „Armut und Gesundheit“ vorgestellt). Voraussetzung für eine berlinweite Verknüpfung der Daten wäre EDV-Technik (mit Modul Octoware)in allen Stadtbezirken (bisher nur in 9 Bezirken!).
5. Nach welchem Konzept und in welchem Umfang wird die Präventionsarbeit zur Verbesserung der Zahngesundheit in Berliner Kitas und Schulen durchgeführt?
Zu 5.:
- Wie im §21 SGB V vorgesehen, arbeiten das Land Berlin mit seinen ZÄDs, die gesetzlichen Krankenkassen und die Zahnärztekammer in einem Gesamtkonzept zusammen. Koordinationsträger ist die Landesarbeitsgemeinschaft zur Verhütung von Zahnerkrankungen e. V. (LAG).
- Die Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen erstrecken sich insbesondere auf Untersuchung der Mundhöhle, Erhebung des Zahnstatus, Kariesrisiko, Mundhygiene, Zahnschmelzhärtung und Ernährungsberatung im Rahmen der Gruppenprophylaxe in Kitas und Schulen.
- Das bedarforientierte Konzept seit Schuljahr 2002/2003 sieht nach einem Ranking der Berliner Grund- und Sonderschulen unterschiedliche Prophylaxeimpulse vor und berücksichtigt die Belange der Kinder mit erhöhtem Kariesrisiko. Kinder und Jugendliche mit erhöhtem Kariesrisiko sind überwiegend in Kitas und Schulen anzutreffen, die einen “ schlechten“ Rang nach dem Sozialstrukturatlas haben. Dieser Personenkreis soll das höchste Maß an Prophylaxemaßnahmen erhalten (neben Vorsorgeuntersuchung, praktisch/theoretischer Unterweisung auch Fluoridierungsmaßnahmen).
- Die Grundprophylaxe wird von den Zahnärztlichen Diensten durchgeführt.
- Bis zu 3 Wiederholungsprophylaxen durch die Mitarbeiter der LAG.
6. Wie wird bei der Präventionsarbeit insbesondere auf Kinder / Eltern mit Migrationshintergrund eingegangen?
Zu 6.:
- Durch das bedarfsorientierte Konzept der Gruppenprophylaxe werden diese Kinder erreicht in den Kitas und Schulen.
- Durch verschiedene Aktivitäten bei Öffentlichkeitsarbeit in den Bezirken ( Kita- und Schulfeste, Elternabende).
Berlin, den 19. November 2007
In Vertretung
Dr. Benjamin-Immanuel H o f f
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Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz