Claudia Schulte, Foto: Kilian Vitt

Bis zum Jahr 2030 soll es in Berlin keinen Menschen mehr ohne Obdach geben, so lautet die Forderung der Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Elke Breitenbach. Ihr Masterplan fußt neben der Prävention von Wohnungsverlust in erster Linie auf dem sogenannten „Housing First-Prinzip“, dem das Recht auf Wohnen ohne Vorbedingungen zugrunde liegt, d. h. Wohnraum mit eigenem Mietvertrag. Zwei Pilot-Projekte (davon eines für Frauen) laufen seit Oktober 2018.

Der Weg zum Ende der Wohnungslosigkeit wird jedoch weit sein. Bis der benötigte Wohnraum zur Verfügung steht (nach dem Willen der Senatorin sollen u. a. 6.400 Microappartments der landeseigenen Berlinovo von Wohnungslosen genutzt werden), bedarf es weiterhin geeigneter Maßnahmen und Angebote.  Wohnungslosigkeit wird – nicht nur in Berlin – seit Jahren lediglich verwaltet, ohne dass sich an der tatsächlichen Situation der betroffenen Menschen grundsätzlich etwas zum Positiven geändert hat. Auch schon vor der Pandemie waren die Probleme überdeutlich.

Es mangelt z. B. an Hygieneeinrichtungen (insbesondere auch für obdachlose Menschen mit Behinderungen), an ausreichend medizinischer Versorgung (insbesondere für Menschen ohne Papiere), an bedarfsgerechten, niedrigschwelligen Tagesangeboten und an Kapazitäten aufsuchender Sozialarbeit. Viele Maßnahmen, wie z. B. die Unterbringung nach ASOG, sind mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden.

Auf Grüne Initiative hat die Rot-Rot-Grüne Regierung seit 2017 einige Verbesserungen in der Wohnungslosenhilfe herbeigeführt, wie z. B. die verlässliche Übernahme der Kosten der Unterkunft, die Einrichtung einer Krankenwohnung oder die Bereitstellung von Duschbussen. Und tatsächlich hat der Rot-Rot-Grüne Senat die Ausgaben für die Wohnungslosenhilfe in den letzten Jahren auch erheblich aufgestockt. Mit der Evaluation der „Leitlinien der Wohnungslosenhilfe und Wohnungslosenpolitik“ 2019 sowie den inzwischen fünf Strategiekonferenzen wurde versucht die Bewältigung dieser Herausforderung voranzutreiben. Aber letztlich ist dies lediglich der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“.

Bündnisse schaffen Angebote im Kiez

Längst dürfte allen Akteur*innen klar sein, dass diese Aufgabe nur gesamtstädtisch zu bewältigen ist. Allerdings dauern Prozesse wie die Einführung eines Fachstellenkonzeptes und der gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung viel zu lange. Währenddessen hat sich in Xhain das „Aktionsbündnis Solidarisches Kreuzberg“ – ein Zusammenschluss von Nachbarschaftszentren und Kiezinitiativen – gegründet, um bessere Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen für wohnungslose Menschen zu erreichen. Durch Unterstützung bzw. Förderung des Xhainer Jugendamtes ist im Görlitzer Park unter Federführung von Gangway e. V. das sog. „CoLab“ entstanden. Hier finden Zusammenarbeit, Austausch und Aktionen verschiedener Träger, Vereine und selbstorganisierter Gruppen aus der Nachbarschaft statt. Damit werden Angebote in direkter Nähe der Betroffenen geschaffen und regelmäßiger Kontakt mit den Menschen gesucht und gepflegt.

Es dürfte Konsens sein, dass wir Wohn- und Obdachlosigkeit nicht weiter verwalten wollen. Für die konsequente Umsetzung von „Housing First“ bedarf es jedoch des politischen Willens und einer gemeinsamen Anstrengung von Land, Bezirken und Wohnungsunternehmen. Es werden viele Schritte zu gehen sein.

 

Claudia Schulte, Bezirksverordnete und Platz 11 unserer Kandidat*innenliste

Dieser Artikel erschien zuerst im Stachel, der bündnisgrünen Parteizeitung in Xhain.