DS/0648/IV

Mündliche Anfrage



Ich frage das Bezirksamt:

1) Der Neubau wie vieler Wohneinheiten wurde im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in den letzten zwei Jahren in etwa genehmigt oder durch den Beschluss von Bebauungsplänen ermöglicht?

2) Welche großen Wohnbauprojekte befinden sich momentan in Friedrichshain-Kreuzberg in welchem Umfang im Bau oder wurden in den letzten zwei Jahren abgeschlossen?

3) Bleibt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bei der Genehmigung von Wohnungsneubau an Zahlen und Daten belegbar hinter anderen Bezirken zurück oder handelt es sich bei dieser Behauptung um einen unberechtigten Vorwurf, der nicht mit Fakten hinterlegt ist?

Nachfragen:

1) Ist es nach der Einschätzung des Bezirksamts sinnvoll alle bebaubaren Flächen im Bezirk zu identifizieren und zur Wohnbebauung freizugeben, bevor der Senat eine öffentliche Förderung von bezahlbarem Wohnraum auflegt?

2) Trägt Wohnungsneubau ohne öffentliche Förderung angesichts der ohne Förderung niedrigstenfalls erzielbaren Kaltmieten in signifikantem Maße zur Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum bei?

Beantwortung: Herr Dr. Schulz

Zu Frage 1:
Ich muss vorweg sagen, dass ich die Beantwortung der ersten Frage aufgrund der kurzen Zeit heute nicht bringen kann. Dazu ist notwendig die Zuarbeit vom Statistischen Landesamt und das ging so schnell nicht. Das werden wir schriftlich nachreichen. Ich will trotzdem darauf eingehen, zumindest qualitativ und zwar zu Ihrer ersten Frage, Unterteilung Areale, die größer = 5.000 m² sind, also keine Lücken vorhaben, dass würde auch viel zu lange dauern, und zwar den Block, für den Bauplanungsrecht schon existiert, und für einen anderen Block, wo wir im Verfahren sind.

Zu dem Block, wo wir Bebauungsplanrecht schon haben, das ist einmal das Anschutz-Areal, was allein rd. 60.000 m² Wohnen enthält. Das Holzmarkt-Areal, also das ehemalige BSR-Grundstück, das hat nach meiner Erinnerung im westlichen Teil auch eine Größenordnung von rd. 20.000 m² Wohnen. Das Urnova-Grundstück und jetzt in Klammern, weil wir das ja noch versuchen wollen, dort auszulösen, natürlich auch der Bauriegel, aber wir haben auch auf der Stralauer Halbinsel, die Fläche zum Beispiel zwischen der Künaststraße und der Glasbläserallee. Das Grundstück Cuvrystraße, Schlesische Straße, auch das wird im Moment versucht, durch Wohnungsbau zu belegen.

Wir haben die Mantelbebauung Education-Center, also die ehemalige Blumengroßmarkthalle. Das sind mal so ein paar herausgesucht, ohne Anspruch, dass es jetzt vollständig ist. Auch Planungsrecht im Verfahren, da haben wir …, sind es gleich drei, Baufeld Möckernkiezgenossenschaft,
Flottwellpromenade Nord, Mitte, Süd, da kommen wir schon über 1.000 Wohnungen, die dort geplant sind. Wir haben die Matthiasgärten, wir haben die Revaler Straße an der Haasestraße. Die Revaler Straße RAW-Gelände, da war ja die eine Anwohneranfrage heute gewesen.

Dann das ehemalige Freudenberg-Grundstück, dann die Rigaer Straße 71 bis 73. Wir haben das Behala-Gelände an der Köpenicker Straße. Wir haben das Zapf-Gelände ebenfalls in der Köpenicker Straße. Auch hier unvollständige Zusammenstellung, aber da kann man auch schon sehen, welche Größenordnungen da entstehen, wenn man die Fläche von diesen Arealen nimmt und mit einer durchschnittlichen GFZ von 2,0 ansetzt und dann bekommt man in etwa schon einen kursorischen Überblick über die Anzahl der Wohnungen, die dort potenziell möglich sind.

Noch ohne Verfahren der Container-Bahnhof, Frankfurter Allee. Schade, dass Herr Jösting-Schüßler nicht da ist, weil er ja dann vielleicht in ein paar Wochen oder Monaten sagt, da ist er wieder nicht informiert worden. Das ehemalige Dragonerkasernen-Gelände und was das Areal der DB angeht, zwischen der Modersohnstraße und Markgrafendamm. Das sind nicht Vorhaben, die jetzt unmittelbar bevorstehen, wo aber die Eigentümer sich Gedanken machen, ob man nicht dort eine Veränderung der Nutzungsstruktur, auch hinsichtlich Wohnen dort macht und gerade das Gelände zwischen Modersohnstraße und Markgrafendamm ist ja noch mal ein richtig großes Gelände mit doch einem großen Potenzial auch, wenn man sich dort für Wohnen entscheidet, für gutes
Wohnen von der Umgebung her.

Zu Frage 2:
Im Bau, auch hier nicht abschließend, nur einige Wichtige. Das Postareal, da wird schon gebaut, Matthiasgärten Teilfläche, da steht der Rohbau schon, die Revaler Straße an der Helmerdingstraße ist ebenfalls weitgehend fertig. Die Stralauer Halbinsel, da haben wir das Goldene Haus beispielsweise oder das Areal um den Flaschenturm auch weitgehend fertig bzw. die Fertigstellung ist demnächst. Die Rigaer Straße 21 bis 22, der Block zwischen Ehrenbergstraße
und Lehmbruckstraße und bei uns hier auch in Kreuzberg die Schultheiss-Brauerei in der Methfesselstraße, die ja auch noch mal das Tivoli-Gebäude, das Maschinenhaus usw. dann nicht gewerblich, sondern als Wohnungsbau realisiert.

Zu Frage 3:
Nach der Abbildung 16 des Stadtentwicklungsplans Wohnen, Vorentwurf 2013, der wird demnächst im Sommer auch als öffentlicher Entwurf vorliegen, liegt Friedrichshain-Kreuzberg im Vergleich mit anderen Bezirken bzgl. fertiggestellter Wohnungen in Neubauten für das Zeitfenster 2007 bis 2011 im mittleren Bereich. Bezieht man allerdings diese Zahl auf die Bezirksfläche und Friedrichshain-Kreuzberg ist der flächenkleinste Bezirk von allen 12, dann liegen wir hinsichtlich der Wohnungsneubauquote im oberen Bereich. Und dazu muss man sagen, noch vor dem Hintergrund, dass wir der dichtbesiedeltste Bezirk von Berlin sind.

Zu Nachfrage 1:
Ja, es ist sinnvoll mit Blick auf die wachsende Bevölkerung, die wachsende Anzahl von Haushalten Neubaupotenziale zu identifizieren. Gleichmaßen wichtig ist es allerdings auch, Neubauflächen zu bestimmen, die für einen neu bezahlbaren sozialen Wohnungsbau geeignet
sind. Dabei muss man hier wieder betonen, dass der Erhalt der sozialen Vielfalt und der Hintergrund von Segregation nicht durch Wohnungsneubau genutzt werden kann, sondern nur durch eine soziale Bestandsmietenpolitik.

Zu Nachfrage 2:
Nein, ganz klar. Die Herstellungskosten, auch für Genossenschaften, auch für
städtische Gesellschaften, die das Grundstück geschenkt bekommen, liegen bei durchschnittlich 8,00 EUR netto kalt pro m² und bedienen damit Mittelschichten. Bezahlbar werden solche Mieten für Transferleistungsbezieher, nur unter der Bedingung, dass sehr kleine Wohnflächen akzeptiert werden. Ich mache das Ihnen mal ein einem kleinen Beispiel deutlich: Ich gehe von einer Ein-
Personen-Bedarfsgemeinschaft aus nach SGB II, ohne Heizkosten und Warmwasser, weil die uns im Moment nicht interessieren und nehmen die maximale Wohngröße von 50 m², die herangezogen werden darf.

Nettokaltmiete nach dem Mietspiegel 4,91 EUR / m², das was gezahlt wird, maximal, und als Durchschnittswert für kalte Betriebskosten werden 1,44 EUR / m² gezahlt. Das macht zusammen 6,35 EUR, das ist das, was maximal bezahlt wird. Mal die maximale Wohnfläche von 50 ergibt 317,50 EUR, die maximal gezahlt werden. Jetzt rechnen wir mal rückwärts mit der Unterstellung, dass die Nettokaltmiete nicht 4,91 EUR ist, sondern 8,00 EUR netto kalt, müssen wir hier ja tun. Wenn Sie dann zurückrechnen, welche maximale Wohnfläche dann herauskommt, dann sind es genau 33,6 m². Also kleiner Karnickelstall.

So und deswegen sieht man daran, dass vor dem Hintergrund der Wohnaufwendungsverordnung und der dortigen Zwänge, die existieren, eine Versorgung von Transferleistungsbeziehern nicht möglich ist, wenn die Nettokaltmiete 8,00 EUR ist. Ist auch nicht möglich, wenn sie 7,00 EUR netto
kalt ist, sondern die muss sich irgendwo zwischen 5,00 EUR und 6,00 EUR netto kalt abspielen und 6,00 EUR ist dann absolute Oberkante. Absolute Oberkante und da muss ich schon entsprechende Transferleistungsbezieher hinsichtlich der Flächengröße schon einschränken.

So, also vor dem Hintergrund ganz klar nein. Wir brauchen eine öffentliche Förderung, um sozialen Wohnraum zu bekommen im Wohnungsneubau und ich kann nur hoffen, dass möglichst schnell im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung für das Haushaltsjahr 2014 / 2015 auch eine
ordentliche Größenordnung dann in den Haushalt eingestellt wird.


Friedrichshain-Kreuzberg, den 20.03.2013
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller*in: Andreas Weeger