Dass Wasser billiger werden sollte, haben alle Parteien verstanden. Doch was die Bürger mit ihrem Votum für den Volksentscheid zu den Wasserverträgen außerdem sagen wollten, war im Parlament umstritten. Ein Artikel aus dem Tagesspiegel von WERNER VAN BEBBER.

Leicht tat sich kein Redner in der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses mit dem Volksentscheid zu den Wasserverträgen. Warum? Das wussten die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche und Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Kosche, eine der Organisatorinnen des Wassertischs und des Volksbegehrens, rechnete vor: 660 000 Bürger hätten mit ihrem Ja beim Volksentscheid dem Senat und seiner Wasser-Politik das Misstrauen erklärt – und das seien mehr Stimmen, als SPD und Linke bei der Wahl 2006 bekommen hätten. Womit sie Recht hat: 2006 gewann Rot-Rot mit rund 610 000 Stimmen die Wahl.

Ebenfalls ansatzweise selbstkritisch redete Wirtschaftsenator Harald Wolf.

Er erinnerte seinen Kollegen im Abgeordnetenhaus daran, dass „keine einzige Fraktion“ jemals beantragt habe, den Gesetzentwurf des Wassertischs in Sachen Offenlegung der Verträge mitsamt der Unwirksamkeitsklausel zu beschließen. Deshalb könne keine Fraktion den Erfolg der 660 000 Unterstützer des Volksbegehrens für sich beanspruchen. Das stünde sogar „im Widerspruch zu dem, was dieses Haus beschlossen hat“, sagte Wolf. Kurz: Der Wassertisch hatte in der Berliner Landespolitik keine Anhänger – mit Ausnahme der Grünen Heidi Kosche. Kein Wunder, dass die Aktuelle Stunde zur Rechtfertigungsdebatte wurde.

Da wiederum hatte es Wolf relativ leicht. Der Mann, der die „Rekommunalisierung“ der Wasserbetriebe zu seiner Mission erklärt hat, führt nun Verhandlungen mit den Anteilseignern RWE und Veolia. Was daraus wird weiß niemand. Wolf verspricht, der Senat werde jedenfalls „keinen politischen Preis“ für die Anteile zahlen, die eventuell von RWE zu bekommen sind, um noch vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus einen Rekommunalisierungs-Erfolg feiern zu können.

Leicht machten es Wolf an diesem Donnerstag allerdings auch die Grünen mit ihrem Antrag auf „Schluss mit den geheimen Verkaufsverhandlungen – Offenlegung aller Verkaufsangebote und Absprachen“. Verhandlungen mit RWE per Livestream im Internet oder live und öffentlich im Olympiastadion? Wie eine Partei, die Regierungsverantwortung übernehmen wolle, „einen solchen Schwachsinn“ verlangen könnte – dafür hatte Wolf nur Hohn übrig.

Dass Wasser billiger werden soll, haben alle Fraktionen verstanden. Wie – das dürfte Gegenstand neuer Streitereien werden. Wolf sagte, dazu sei die Änderung des Vertrags mit Veolia notwendig. Das Problem in Berlin seien weniger die Gebühren, die das Land einstreiche – die lägen im Bereich des bundesweit Üblichen. Problematisch sei die garantierte Umsatzrendite von 24 Prozent – darüber will er offenbar verhandeln.

CDU-Fraktionschef Frank Henkel sah das anders. Die Wasserpreise seien „politisch gestaltbar“, und zwar durch den Wirtschaftssenator. Das hätten die Leute längst verstanden und deshalb sei der Volksentscheid der „Ausdruck eines tiefen Misstrauens“ gegenüber dem Senat. Der habe schließlich vor dem vergangenen Sonntag den Volksentscheid für überflüssig erklärt. „Selbst ein Chamäleon könnte von Ihnen lernen“, wie man bei Gefahr die Farbe wechsle, spottete Henkel in Richtung der Senatorenbank und des Regierenden Bürgermeisters, um dann noch aus einer Erklärung der früheren SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing zu zitieren, die 1999 den Verkauf der Wasserbetriebe in hohem Ton begrüßt hatte.

SPD-Fraktionschef Michael Müller erinnerte sich wohl nur zu gut daran, dass das Berliner Wasser von der großen Koalition teilprivatisiert worden ist. Er pries deshalb vor allem Volksentscheide grundsätzlich als Möglichkeit der Mitbestimmung: „Wir haben es ermöglicht“, sagte Müller und stellte fest, Berlin sei „spitze auch in diesem Bereich der Mitbestimmung“. Immer mal wieder trieb die Aktuelle Stunde in Richtung Wahlkampf-Rhetorik-Training ab, bei Müller wie beim Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann: „Sie haben versagt und jetzt sollen wir Ihnen den Rückkauf anvertrauen, die Neustrukturierung des gesamten Unternehmens? Niemals.“

Der FDP-Abgeordnete Henner Schmidt zog aus dem Wasser-Dilemma Schlüsse, die nur ein Liberaler ziehen kann: Der Senat könne noch so viele Anteile kaufen – mehr Einfluss auf das Unternehmen werde er nicht bekommen. Schmidt schlug sauber „ordnungspolitisch“ vor, das Land solle das Wassernetz behalten und den Betrieb der Wasserbetriebe ausschreiben.