Berliner Wassertisch und Freunde diskutierten in der Ladengalerie der jungen Welt. Ein Artikel aus der Jungen Welt von Claudia Wangerin.

Das Bündnis „Berliner Wassertisch“ hat viel vorzuweisen: Mehr als 666000 Menschen stimmten beim Volksentscheid am 13. Februar 2011 für die Offenlegung der Geheimverträge über die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe 1999; das waren von 98,2 Prozent der Abstimmenden.

Initiatoren und Teilnehmer der erfolgreichen basisdemokratischen Bewegung trafen sich am Dienstag abend in der Ladengalerie der jungen Welt in Berlin: Michel Tschuschke vom Berliner Wassertisch, die Berliner Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche sowie Werner Halbauer von der Strömung „Sozialistische Linke“ innerhalb der Linkspartei und Männe Grüß von der DKP Berlin diskutierten am Dienstag, wie die Verträge juristisch überprüft und angefochten werden können, wie die Wasserbetriebe rekommunalisiert werden könnten, ohne den privaten Anteilseigner nochmals einen Extraprofit aus öffentlichen Kassen zu garantieren und welche Kontrollmöglichkeiten die Öffentlichkeit hat. jW-Redakteur Jörn Boewe, der die Diskussion moderierte, hatte in der Vergangenheit regelmäßig über die Folgen der 1999 vom CDU-SPD-Senat vorgenommenen Teilprivatisierung und das Volksbegehren für die Veröffentlichung der Verträge berichtet.

„Es gibt gesellschaftliche Mehrheiten gegen die fortschreitende Enteignung des öffentlichen Sektors. Das Geniale am Wassertisch ist, daß er es geschafft hat, diese Mehrheiten zur Geltung zu bringen“, so Männe Grüß.

Das vom Wassertisch erarbeitete Gesetz trat Mitte März, einen Monat nach der Abstimmung, in Kraft. Die bestehenden „Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden“ zwischen dem Land Berlin und den privaten Anteils­eignern RWE und Veolia sind demnach unwirksam, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres offengelegt werden. Zugleich muß das Parlament die bestehenden Verträge prüfen – dafür wurde ihm im Gesetz eine Frist von sechs Monaten eingeräumt, die fünf Tage vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus endet.

Wie unkooperativ sich der SPD-Linke-Senat dabei verhält, konnte die Abgeordnete Heidi Kosche berichten. Die Grünen-Parlamentarierin hatte im vergangenen Jahr, schon vor dem Volksentscheid auf Akteneinsicht, geklagt hat. Bisher bekam sie nur 60 von insgesamt 180 Ordnern zu Gesicht. Vieles sei doppelt vorhanden, mitunter sind es Bewerbungsunterlagen von Investoren aus der Zeit vor der Teilprivatisierung. Im schnellen Aussortieren von Unwichtigem sei sie geübt, sagte die Grünen-Abgeordnete. Sie gehe aber davon aus, daß wichtige Teile fehlen. „Mir steht es manchmal bis hier, wie mit Leuten umgegangen wird, die gewählt worden sind“, sagte Kosche am Dienstag in der Ladengalerie. Wenn ihr innerhalb von 14 Tagen nicht alles vorliege, werde sie einen gerichtlichen Eilantrag stellen.

Männe Grüß meinte, wenn das Ergebnis des Volksentscheids nicht umgesetzt werde, seien auf der Straße „Stuttgarter Verhältnisse“ wie beim Protest gegen den eben gestoppten Bahnhofsneubau in der baden-württembergischen Landeshauptstadt angemessen.

Thomas Rudek vom Berliner Wassertisch zeigte sich unbesorgt: „Was nicht innerhalb der Frist offengelegt wird, wird unwirksam.“ Werner Halbauer berichtete von den Auseinandersetzungen innerhalb der Linkspartei, die an der immer noch mauernden Berliner Regierungskoalition beteiligt ist, während Basisaktivisten das Volksbegehren unterstützten. Der Wassertisch hatte den Senat bereits im Februar aufgefordert, die Verhandlungen mit dem Energiekonzern RWE über einen Rückkauf von dessen Anteilen an den Berliner Wasserbetrieben sofort zu stoppen, weil der Senat auf Grundlage von Gewinngarantien verhandle, die der Wassertisch bekämpft. Den privaten Anteilseignern waren 1999 Mindest­renditen von zwei Prozent über dem Zinssatz langfristiger Bundesanleihen vertraglich zugesichert worden. Bis in die jüngste Vergangenheit hatte auch der SPD-Linke-Senat die Existenz dieser Gewinngarantien noch bestritten