Bei der letzten Landesdelegiertenkonferenz wurde Barbara Oesterheld mit 71 zu 62 Stimmen zur neuen grünen Landesvorsitzenden gewählt. Von 1995 bis 2006 war sie Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses für den Wahlkreis 2 in Kreuzberg. Als Wohnungspolitikerin trug sie maßgeblich dazu bei, dass der Berliner Bankenskandal aufgedeckt wurde.

Was sind Deine Gründe, jetzt Politik im Landesvorstand zu machen?

Unsere Gesellschaft halte ich immer noch für erheblich veränderungsbedürftig. Ich will mehr Gerechtigkeit, mehr Demokratie und mehr Verantwortung für unsere Lebensbedingungen. Vor allem aber will ich mehr Lebensqualität insbesondere für die Menschen, die nicht zu den Reichen und Schönen gehören und die nicht auf der Sonnenseite unserer Gesellschaft stehen. Dafür kann ich gemeinsam mit dem Landesverband kämpfen.

Angefangen hast du 1985 bei der Alternativen Liste (AL). Dann warst Du seit 1995 elf Jahre für Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus. Was ist Dir an der Parteiarbeit besonders wichtig?

Ich will dafür sorgen, dass inhaltliche Beschlüsse, Leitanträge und Leitlinien, die die Ausrichtung von Bündnis90/Den Grünen festlegen, einen breiten basisdemokratischen Diskussionsprozess durchlaufen. Und ich möchte die Menschen, die in der Kita, der Schule, mit Jugendlichen, in sozialen Bereichen, im Naturschutz, in Verkehrsinitiativen usw. arbeiten, für unsere Ideen begeistern. Sie sollen Lust bekommen, mit uns zu diskutieren und neue Ideen weiterzutragen und umzusetzen.

Du hast Dir als Wohnungspolitikerin einen Namen gemacht, aber auch zahlreiche andere Politikfelder bearbeitet. Welche gesellschaftlichen Probleme liegen Dir für die Arbeit als Landesvorsitzende besonders am Herzen?

Eine der größten Aufgaben, die vor uns liegt, ist die Verbesserung der sozialen Situation. Es geht um die Reduzierung von Kinderarmut und um die Verbesserung der Bildungschancen gerade auch für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Wir müssen auch dafür arbeiten, dass sich das Zusammenleben in den verschiedenen Kiezen verbessert. Außerdem will ich mich dafür einsetzen, dass die Willkürakte bei Hartz IV aufhören, denn diese sind reichlich vorhanden. Und es geht mir darum, die Arbeitslosigkeit mit Hilfe von arbeitsmarktpolitischen Instrumenten zu verringern. Ein wichtiger Schritt nach vorne wird die Diskussion um das Grundeinkommen sein.

Du warst im Untersuchungsausschuss zum Skandal um die Bankgesellschaft. Wirst Du daran weiter arbeiten?

Die Themen Transparenz und Kampf gegen die Korruption sind mir immer noch sehr wichtig. Selbst Bundespräsident Horst Köhler ist inzwischen aufgefallen, dass die Unternehmen nicht sozial sind. Es ist in den letzten Jahren immer offensichtlicher geworden, wie skrupellos Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit stattfindet. Unsere sogenannte „Elite“ übernimmt hier in keinster Weise Verantwortung. Die Prozesse um den Berliner Bankenskandal beweisen dies eindrucksvoll. Und sie beweisen auch, dass die gesetzlichen Regelungen im Wirtschaftsstrafrecht verändert werden müssen, um dem Machtmissbrauch Einhalt zu gebieten. Ich will versuchen, eine Arbeitsgruppe speziell zu diesem Themenkreis aufzubauen.

Welche Optionen siehst Du für die Bündnisgrünen in Zukunft?

Nach dem Motto „wer keinen Mut zum Träumen hat, hat keine Kraft zum kämpfen“ möchte ich für ganz Berlin Wahlergebnisse erreichen wie in Friedrichshain-Kreuzberg. Dort sind wir die stärkste Partei geworden. Denn dann können wir uns aussuchen, mit welcher Partei sich die meisten bündnisgrünen Ziele umsetzen lassen.

Das Interview führte Ute Kätzel.

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