Der Verfassungsgerichtshof von Berlin entscheidet am kommenden Mittwoch über die Offenlegung der Privatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe. Die Abgeordnete Heidi Kosche (Grüne) hatte bei dem Gericht eine Organklage eingereicht, um die vollständige Offenlegung der Privatisierungsverträge von 1999 zu erreichen. Der Senat hatte einen entsprechenden Antrag Kosches abgelehnt. Ein Artikel aus der Berliner Morgenpost von JENS ANKER.

Unabhängig von diesem Verfahren setzen die beiden privaten Investoren, Veolia und RWE, im Streit um die Neufassung der Verträge auf eine gütliche Einigung mit dem Senat. „Die Offenlegung der Verträge haben wir dem Senat schon vor Monaten als ein Thema für die geplanten Verhandlungen über die künftige Zusammenarbeit vorgeschlagen“, sagt Michel Cunnac, Vorsitzender der Geschäftsführung von Veolia Wasser. „Leider ist dieser Prozess zum Stillstand gekommen, seit Senator Wolf das Verfahren beim Bundeskartellamt angestrengt hat.“ Das geänderte Informationsfreiheitsgesetz sehe nun ebenfalls Verhandlungen vor. „Dafür stehen wir bereit.“ Cunnac ist zuversichtlich, dass eine Einigung erzielt werden könne. Der französische Konzern Veolia hat zusammen mit dem Energieunternehmen RWE 49,9 Prozent der Anteile der Berliner Wasserbetriebe übernommen. Im Gegenzug erhielt es eine jährliche Gewinngarantie.

Doch die Stimmung zwischen Senat und Investoren hat sich stark abgekühlt, nachdem Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) das Bundeskartellamt wegen möglicherweise zu hoher Wasserpreise angerufen hatte. Das Kartellamt hat inzwischen einen Anfangsverdacht bestätigt. Immerhin sind die Wasserpreise in Berlin seit 2003 um 22 Prozent gestiegen. Und für 2010/11 haben die Wasserbetriebe eine weitere Steigerung um durchschnittlich 0,9 Prozent beschlossen.

Der Senat möchte eine Neuverhandlung mit den Investoren erreichen und eine Reihe von Fragen neu regeln. Dazu zählt die Offenlegung der Privatisierungsverträge und die Gewinnabführung an Veolia und RWE. Kritiker Wolfs befürchten, dass die Linkspartei das Thema bis zur Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr offen lassen möchte, um sich gegenüber den eigenen Wählern mit einem möglichst harten Vorgehen gegen die Investoren zu profilieren.

Volksbegehren Wassertisch

Die Koalition hat nun den Druck weiter erhöht. Das Parlament beschloss eine Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes, in dem die rückwirkende Offenlegung von Privatisierungsverträgen möglich gemacht werden soll. „Es handelt sich um Verträge, die wir eigentlich nicht mehr abschließen wollen“, sagte der Landeschef der Linkspartei, Klaus Lederer, dazu. Die Koalition möchte keine weiteren Privatisierungen vornehmen, die Gesetzesänderung zielt allein auf die Privatisierung der Wasserbetriebe vor elf Jahren ab. Sollte das öffentliche Interesse zur Offenlegung über den Interessen der Privatinvestoren stehen, kann der Senat künftig beauftragt werden, in Verhandlungen über eine Offenlegung zu treten.

Ende vergangener Woche startete zudem das Volksbegehren Wassertisch, das die Berliner Wasserbetriebe ebenfalls gesetzlich verpflichten will, Verträge mit privaten Firmen zu veröffentlichen. „Ziel ist es, die Geheimverträge einer öffentlichen und vor allem unabhängigen kritischen Überprüfung zuzuführen“, heißt es in der Begründung der Bürgerinitiative, die das Volksbegehren gemeinsam mit dem Umweltverband Grüne Liga Berlin, den Globalisierungskritikern Attac und anderen Organisationen ins Leben gerufen hat. Laut Attac ist die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe das bisher größte Projekt europaweit, in dem ein öffentliches Unternehmen mit Privatfirmen zusammenarbeitet. Dadurch seien die Wasserpreise in Berlin „exorbitant hoch“. Das Volksbegehren war zunächst unter anderem aus Gründen des Vertrauensschutzes vom Senat untersagt worden. Das Berliner Verfassungsgericht ließ es jedoch im Oktober vergangenen Jahres zu. Um das Volksbegehren zu gewinnen, müssen bis 170 000 gültige Unterschriften gesammelt werden.