Als die Mauer am 9.11.1989 fiel war ich vier Jahre alt. An den Tag selbst habe ich keine konkrete Erinnerung mehr. Auch die "subjektiven Gefühle und Ängste” der damaligen Zeit habe ich nicht unmittelbar erfahren. Eine Tour durch die Berliner Unterwelten verdeutlicht aber eindrucksvoll einige dieser Aspekte der Teilung.

Aufgewachsen in West-Berlin, eine Familie in Westdeutschland und regelmäßige Urlaube nach Dänemark prägen meine Erinnerung der vor-90er Jahre. Konkret: mit dem Auto am Innerdeutschengrenzübergang Dreilinden zu stehen, die für mich damals unerklärlichen Spiegel unter dem Auto und die drückende Stille meiner Eltern zu spüren – dann die ewig lange und holprige Autofahrt zu meinen Großeltern ins Fichtelgebirge oder mit dem Nachtzug unerklärbar lang irgendwo zwischen Leipzig und der Grenze ( Richtung Bayern) zu stehen. Damals sind wir häufig mit der Fähre nach Dänemark gefahren. An eine Fahrt erinnere ich mich bis heute. Nach den üblichen Ängsten wir könnten die Fähre verpassen (da es mal wieder länger an den Grenzübergängen dauerte), erreichten wir das Schiff und gingen an Deck. Der Seewind wehte uns um die Nase und die Spannung fiel spürbar von meinen Eltern ab. Wir standen noch im Hafen und plötzlich sagte mein Vater „Puh – jetzt sind wir in Dänemark”. Das war für mich so unverständlich, mitten in Warnemünde und wir waren in einem anderen Land. Ich glaube damals ist mir wirklich bewusst geworden, dass es da Menschen gibt, die diesen Schritt auf die Fähre nicht machen können. Heute Zwanzig Jahre später lebe ich wie selbstverständlich in Berlin-Friedrichshain (ehemals Ost), fahre täglich mit dem Rad durch Kreuzberg ins Büro und verbringe meine Wochenenden gerne in der Uckermark. Wenn ich nicht wie gestern am Alexanderplatz gegen den Neonaziaufmarsch auf die Straße gehe und heute die You auf dem Messegelände besuche und dabei jedes Mal die ehemalige Mauer zwischen Ost und West überwinde. Schön, dass diese Wege heute selbstverständlich und völlig normal in Ost und West sind. Nur manchmal sollte mensch sich daran erinnern. Mauern sind dazu da sie EINZUREISSEN und davon können wir BerlinerInnen erzählen!