Deutsche RichterInnen – u.A. Dirk Behrendt – besuchten Honduras und berichten von ihren Eindrücken.

Tiefe Sorge um den Rechtsstaat

Auf Einladung der honduranischen Richtervereinigung Asociaciòn de Jueces por la Democracia (AJDH) besuchte eine Delegation der Neuen Richtervereinigung (NRV) 14 Tage lang Honduras. Die Delegation bestand aus der Arbeitsrichterin und langjährigen Kennerin von Honduras, Ingrid Heinlein, dem Mitglied des Bundesvorstandes der NRV Ruben Franzen, dem Vorstandsmitglied der europäischen Richtervereinigung Magistrats Européens pour la Démocratie et les Libertés (MEDEL), Thomas Guddat und dem Berliner Abgeordneten Dirk Behrendt.

Die Delegation führte Gespräche mit einem Mitglied des Obersten Gerichts, mit Vertretern des Justizministeriums, mit dem Vorsitzenden des Menschenrechtsauschusses des Kongresses, einem Vertreter der Staatsanwaltschaft für die Menschenrechte sowie mit zahlreichen Menschenrechtsorganisationen. Des Weiteren traf sie mit VertreterInnen feministischer Organisationen, Richterinnen und Richtern verschiedener Gerichte und ArbeiterInnen von Textilfabriken zusammen.

Seine Eindrücke schildert Thomas Guddat: „Wenn ich den Zustand der honduranischen Justiz mit einem Satz beschreiben sollte, würde ich das mit den Worten Joseph Conrads tun: ´Es gibt niemals einen Gott in einem Land, in dem die Menschen sich nicht selber helfen´ (Nostromo). Honduras schützt seine Bürger, vor alllem die Ärmsten, nicht. Nur wenn die ganze Gesellschaft sich von der Korruption befreit, kann es gelingen den Kampf gegen die allgegenwärtige Gewalt und die Menschenrechtsverletzungen zu gewinnen. Hierfür braucht man eine starke Justiz mit mutigen und unbestechlichen Richtern. Dabei kann Honduras es sich nicht leisten, auf aufrechte und unabhängige Richter wie Tirza Flores Lanza, Luis Chévez de la Roche und Adán Guillermo López Lone zu verzichten. Honduras jedoch hat diese Richter entlassen, weil sie von ihrem Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht haben und die Verfassung des honduranischen Staates verteidigten.“ Ruben Franzen ergänzt: „Wir teilen die Besorgnis unserer Gesprächspartner über die katastrophale Lage der Menschenrechte in Honduras. Insbesondere die Straflosigkeit von Morden bedeutet die Kapitulation des Rechtstaates vor der blanken Gewalt. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre die Wiedereinstellung der entlassenen Kollegen. Denn sie wurden entlassen, weil sie sich dafür eingesetzt haben, dass sich tatsächlich etwas ändert. Solange all diejenigen, die Aufklärung betreiben und Transparenz anstreben, mundtot gemacht werden, indem sie ihre Arbeit verlieren, oder mit dem Tode bedroht oder gar ermordet werden, kann sich in Honduras nichts zum Positiven verändern.“

Berlin, den 28. Februar 2012