In einer kleinen Anfrage an den Senat erkundigen sich Heidi Kosche und Jasenka Villbrandt nach der Situation von Beschwerdestellen für psychisch kranke Menschen in Berlin.

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

1. Gibt es ein „Gesamtkonzept zur Etablierung eines umfassenden Psychiatriebeschwerdemanagements für die sozialpsychiatrische Arbeit in Berlin“ mit einer Beschwerdestelle und Einrichtung einer Besuchskommission für die sozialpsychiatrische Arbeit in Berlin?

Zu 1.: Ja, es gibt ein Gesamtkonzept für ein umfassendes sozialpsychiatrisches Beratungs- und Beschwerdemanagement“ in Berlin mit den Bausteinen

1. einer zentralen, unabhängigen Beschwerde- und Informationsstelle mit hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von denen zumindest ein Teil eigene Psychiatrieerfahrung einbringt

2. mindestens drei Besuchskommissionen mit ehren-amtlichen Mitgliedern und

3. Patientenfürsprecherinnen und -fürsprechern für den Bereich Psychiatrie und für das Krankenhaus des Maßregelvollzugs (KMV)

2. Wenn ja, mit wem wurden diese Konzepte abgestimmt?

Zu 2.: Dieses Rahmenkonzept wurde berlinweit mit den wichtigen Akteurinnen und Akteuren der sozial-psychiatrischen Arbeit abgestimmt. Dazu gehören z. B. die pflichtversorgenden Bezirke und Kliniken, der Landesverband der Angehörigen psychisch Kranker Berlin e. V., der Landesverband der Psychiatrieerfahrenen, die Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, die Berliner Psychotherapeutenkammer und die Berliner Gesellschaft für soziale Psychiatrie.

Auch die gesundheitspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen haben den Entwurf des Rahmenkonzepts zur Information erhalten.

3. Wann soll eine Beschwerdestelle eingerichtet werden? Welche konkreten Planungen bzw. welche Zeitleiste gibt es von Seiten des Senats?

Zu 3.: Eine Voraussetzung für die Etablierung einer Beschwerde- und Informationsstelle ist die Schaffung der finanziellen Voraussetzungen. Mit dem Beschluss des Haushaltsgesetzes 2010/2011 ist hier eine wichtige Grundlage geschaffen. Die Beschwerde- und Informationsstelle soll daher nach Möglichkeit 2010 etabliert werden.

4. Wie soll sich die Beschwerdestelle zusammensetzen (bitte Liste beifügen)?

Zu 4.: Die Beschwerde- und Informationsstelle soll mit hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt sein, von denen zumindest ein Teil eigene Psychiatrieerfahrung einbringt. Dies soll auch für weitere mit Honorarvertrag beschäftigte Personen zutreffen.

5. Wie ist die Kooperation zwischen den einzelnen Teilen des umfassenden Beschwerdemanagements (einschl. der Beschwerdestelle) konzipiert?

Zu 5.: Die Beschwerde- und Informationsstelle arbeitet mit den Besuchskommissionen und Patientenfürsprecherinnen und -fürsprechern partnerschaftlich zusammen und fördert den Informations- und Erfahrungsaustausch untereinander. Sie soll die Besuchs-kommissionen bei der Koordination und Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützen. Dazu sollen sowohl räumliche als auch personelle Unterstützung vorgesehen werden. Die räumliche Nähe soll das Zusammenwirken der verschiedenen Akteure stärken und Kooperation fördern. Die Beschwerde- und Informationsstelle arbeitet auch mit den bezirklichen Beschwerdestellen zusammen. Sie ersetzt diese nicht.

6. Gibt es eine Koordination bzw. ein Beschwerde- Gesamtmanagement zur Abstimmung der sozial-psychiatrischen Beschwerdearbeit? Wer soll diese Leistung erbringen?

Zu 6.: Inwieweit hier eine weitergehende Ko-ordination der verschiedenen Ebenen der Beschwerdearbeit erforderlich ist, bleibt der Entwicklung nach Etablierung des Beschwerdemanagements und den zu machenden Erfahrungen vorbehalten.

7. Wer beruft die Psychiatrie-BeschwerdestellenmitarbeiterInnen? Welchen Status werden diese haben?

Zu 7.: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Beschwerdestelle werden vom Träger der Einrichtung eingestellt, hierzu werden – wie sonst auch üblich – Arbeitsverträge abgeschlossen werden.

8. Inwieweit ist gewährleistet, dass es zu einer Zusammenarbeit der Psychiatrie-Beschwerdestelle mit dem neu zu geschaffenen Kontrollsystem (gemäß Zusatzvereinbarung zur Antifolter-Konvention der Vereinten Nationen), kommt?

Zu 8.: Die Kooperation und Zusammenarbeit der Beschwerde- und Informationsstelle mit weiteren Beschwerdemöglichkeiten und Kontrollinstanzen gehört nach Auffassung des Senats zu ihren grundlegenden Aufgaben. In diesem Zusammenhang ist auch die Zusammenarbeit mit der gemeinsame Kommission zur Verhütung von Folter und der Bundesstelle zur Verhütung von Folter (beide Stellen wurden im Hinblick auf Art. 3 des Fakultativprotokolls zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe eingerichtet) zu sehen.

9. Wann soll eine Besuchskommission einberufen werden? Welche konkreten Planungen bzw. welche Zeitleiste gibt es von Seiten des Senats?

Zu 9.: Besuchskommissionen sollen so bald wie möglich einberufen werden. Voraussetzung für deren Durchsetzungskraft ist die Schaffung entsprechender gesetzlicher Grundlagen. Diese werden zurzeit erarbeitet.

10. Wie soll sich die Besuchskommission zusammen setzen (bitte Liste beifügen)? Zu 10.: Folgende Professionen bzw. Personen sollen mindestens vertreten sein:

• eine Person mit psychiatrischem (fachärztlichem) Sachverstand und klinischer Erfahrung

•eine Person mit juristischem Sachverstand

•eine Angehörigenvertretung

•zwei psychiatrieerfahrene Personen sowie

•eine Person des öffentlichen Lebens

Dabei werden ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis wie auch die Berücksichtigung von Personen mit Migrationshintergrund angestrebt.

Berlin, den 08. Februar 2010

In Vertretung

Dr. Benjamin-Immanuel H o f f

Senatsverwaltung für Gesundheit,

Umwelt und Verbraucherschutz