SA/257/III

SA/257/III

Frage 1:

Welche Schlüsse zieht das Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg aus den Ergebnissen und seiner Beteiligung am Modellprojekt des BMFSFJ „Wirkungsorientierte Jugendhilfe“ für die weitere Arbeit der bezirklichen Jugendhilfe?

Die Beteiligung des Jugendamtes Friedrichshain-Kreuzberg am Modellprogramm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zur „Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung durch wirkungsorientierte Ausgestaltung der Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen nach §§ 78aff SGB VIII“ hat die fachliche Qualität des Zusammenwirkens zwischen Jugendamt und dem freien Träger „Pflegekinder im Kiez“ deutlich gesteigert.

Gleichzeitig konnten fachliche Erkenntnisse und Anregungen aus den Ergebnissen der anderen beteiligten Kommunen aufgenommen werden, wobei diese in der Regel nicht unmittelbar und unverändert als Verfahren oder Finanzierungselement in bestehende eigene Abläufe und Verfahren dieses Bezirks integrierbar sind. Damit die Schlüsse nachvollziehbar werden, folgen zunächst einige kurze, zusammengefasste Aussagen zu einigen wesentlichen Ergebnissen:

1. Durch die wissenschaftliche Evaluation der im Modellprogramm praktizierten Verfahren zur Wirkungen von Hilfen zur Erziehung an allen 11 Standorten, konnten 15 Elemente einer wirkungsorientierten Vorgehensweise nachgewiesen werden, die für die Praxis eine hohe Relevanz haben.

2. Der Beginn des Modellprogramms fand zeitgleich mit den internen Strukturveränderungen im Bereich der Pflegekinderhilfe – Übertragung der Aufgaben auf einen freien Träger- statt.

Durch die Berater war eine kompetente fachliche Begleitung gegeben, die den Übergangs- und Anfangsprozess bei der Übertragung der Aufgaben unterstützten (Eine erwünschte Nebenwirkung unserer Beteiligung am Modellprogramm).

3. Durch den regelmäßigen Fachaustausch mit den anderen Tandempartner (Kommunen), die zu anderen ambulanten, teilstationären und stationären Hilfearten arbeiteten, wurden wertvolle fachliche Anregungen und Hinweise über das eigenes Thema hinaus verfügbar.

4. In die Vertragsgestaltung mit dem freien Träger konnten Aspekte der wirkungsorientierten Ausgestaltung einfließen: bei der Werbung und Akquise von neuen Bewerbungen, bei der Vermittlung von Kindern in Pflegestellen außerhalb von Berlin und bei der Implementierung einer neuen Form der Vollzeitpflege, der Krisenpflege.

5. Hinsichtlich der Arbeit mit der Herkunftsfamilie wurde ein Evaluationsverfahren (Befragungen des Pflegekindes, der leiblichen Eltern und Pflegeeltern) entwickelt, das eine qualitative Aussage dahingehend ermöglichen soll, ob und inwieweit das Pflegekind in seiner Identitätsentwicklung auf einem guten Weg ist oder Hindernisse bestehen, die zu bearbeiten sind.

6. Das Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg hat zudem eine komplexe Qualitätsentwicklungsvereinbarung mit dem freien Träger abgeschlossen. Dadurch soll sowohl eine partnerschaftliche Kooperation als auch ein hohes Maß an Transparenz und Verbindlichkeit bei der gemeinsamen Verantwortung für eine fortlaufende Qualitätsentwicklung gewährleistet werden.

7. Es wird ein differenzierter jährlicher Controllingbericht über die Entwicklung der Fallzahlen der Pflegekinderhilfe im Vergleich zu anderen stationären Hilfen nach § 34 SGB VIII erstellt und als wesentliches Steuerungselement genutzt.

8. Die überbezirkliche Fachdiskussion zur Wirkung von Jugendhilfe wurde auch durch die Berichte über die Erfahrungen des Bezirks angeregt und bereichert. Die „Krisenpflege“ wurde von der Senatsverwaltung aufgegriffen und es wurden dafür in leicht abgewandelter Form berlineinheitliche Standards entwickelt.

Zusammenfassung:

Die Beteiligung am Modellprogramm „Wirkungsorientierte Jugendhilfe“ bestätigte die Annahme, dass der Förderung der Pflegekinderhilfe im Spektrum der Hilfen zur Erziehung eine große Bedeutung zukommt.

Das gilt in erster Linie im Hinblick auf die Schaffung positiver Lebensverläufe von Kindern, die aus unterschiedlichen Gründen nicht bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen können. Schließlich ist die Weiterentwicklung dieser Hilfeform auch unter Kostenaspekten interessant und kann zu einem Teil Kosten stationärer Unterbringungen reduzieren.

Im Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg hat die Pflegekinderhilfe durch die Teilnahme am Modellprogramm eine wesentliche Qualifizierung erfahren. Die erprobten Instrumente und Verfahrensweisen werden weitgehend weiterhin regelhaft angewandt. Die Anregungen, die im Modellprogramm gewonnen wurden, werden auch in Zukunft in fachliche Planungen einfließen.

Frage 2:

Gibt es Änderungsbedarfe, wenn ja welche und wie können diese umgesetzt werden?

• Es werden dringend mehr Pflegebewerber benötigt. Die Möglichkeiten einer wirkungsvollen Akquise sind, nach den quantitativen Ergebnissen des Bundesmodellprogramms, auf bezirklicher Ebene weitgehend erschöpft. Hier sollte angestrebt werden, eine berlineinheitliche Werbung und Akquise zu verstärken und Rahmenbedingungen für die Aufnahme eines Pflegekindes durch Pflegeeltern zu verbessern, indem z.B. durch ein ausreichendes Erziehungsgeld eine Konzentration auf die Erziehung des Pflegekindes ermöglicht wird.

• Unabhängig von den Ergebnissen des Bundesmodellprogramms wird in diesem Arbeitsfeld immer wieder deutlich, dass es einen dringenden Handlungsbedarf für die Vereinheitlichung der Pflegekinderhilfe in Berlin gibt. Die strukturellen Rahmenbedingungen und die fachlichen Standards sind in den einzelnen Jugendämtern sehr unterschiedlich, was insbesondere für Pflegeeltern bzw. Bewerber/innen eine unzumutbare Herausforderung darstellt.

Auch für die Mitarbeiter/innen der Jugendämter ist die Situation sehr unübersichtlich, es gibt fallbezogen einen hohen Klärungsbedarf und entsprechende Reibungsverluste.

• Die Rahmenbedingungen für die freien Träger und deren jeweiligen Angebote sind sehr unterschiedlich, so dass hier eine Vereinheitlichung anzustreben ist. Hier könnten auch Ergebnisse aus der Vereinbarung mit dem bezirklichen Träger genutzt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Monika Herrmann

Friedrichshain-Kreuzberg, den 04.02.10

Bündnis 90/Die Grünen

Fragestellerin: Marianne Burkert-Eulitz