Soziale Gerechtigkeit ist vielen Friedrichshain-Kreuzberger*innen ein besonderes Anliegen. So geht es auch uns Grünen. Wir stehen für eine Politik, die niemanden zurücklässt und allen gleiche Chancen bietet. Auch wenn die großen Weichen für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik auf der Bundes- und Landesebene gestellt werden, haben wir den Anspruch, den Bezirk sozialer zu gestalten und gute Arbeit für alle zu ermöglichen. Das heißt für uns, dass Wohnungen und Unterkünfte auch für einkommensschwache Bürger*innen angeboten werden, dass alle Menschen eine Chance  einen Arbeitsplatz haben und Löhne und Einkommen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen müssen.

Mietobergrenzen für Hartz IV-Bezieher*innen erhöhen

Die Mietpreise sind in den vergangenen Jahren in Berlin und auch in unserem Bezirk förmlich explodiert. Bezieher*innen von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) finden kaum noch Wohnungen, deren Mieten sie mit dem amtlich dafür vorgesehenen Betrag noch bezahlen können. Der Senat muss daher die Mietobergrenzen für Hartz IV-Bezieher*innen erhöhen. Denn schon heute zahlt knapp jede*r vierte Hartz IV-Bezieher*in eine Miete oberhalb der vorgesehenen Richtwerte. Die gerichtlich erzwungene Erhöhung im Juni 2015 hat dieses Problem längst nicht beseitigt.

Konsequent gegen Wohnungslosigkeit

Der Verlust der eigenen Wohnung ist eine besondere und existenziell bedrohliche Dimension der Armut. Leider steigt auch in Berlin die Zahl der Menschen, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Schätzungsweise 15.000 Menschen sind wohnungslos und 9.000 Haushalte von einer Zwangsräumung bedroht. Wir setzen uns dafür ein, dass es durch eine bessere Zusammenarbeit der Wohnungsbaugesellschaften, Jobcenter und bezirklichen Wohnungsämter gar nicht erst zu Zwangsräumungen kommt.

Obdachlosigkeit verhindern und leerstehenden Wohnraum konsequent nutzen

Gerade in den beliebten Innenstadtbezirken fällt es nicht leicht, geeignete Räume zur Unterbringung Wohnungsloser zu finden. Weil Obdachlosigkeit aber keine Option ist, sind wir dafür, alle zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um Bedürftige unterzubringen. Dabei kommt für uns als letztes Mittel auch in Frage, Wohnungen, die aus Spekulationsgründen leer stehen, auf Grundlage des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) zur Unterbringung von Obdachlosen zu beschlagnahmen bzw. eine solche Nutzung zu erzwingen.

Soziale Absicherung auch von Selbstständigen verbessern

Friedrichshain-Kreuzberg ist ein junger, ein kreativer und immer noch ein armer Bezirk. Uns ist bewusst, dass Gründen für Viele ein Ausweg aus der Erwerbsarbeitslosigkeit ist. Doch es leben viele Menschen auch als Existenzgründer*innen oder Unternehmer*innen gerade in Friedrichshain-Kreuzberg in prekären Verhältnissen. Oft müssen sie zusätzlich zu ihrer Tätigkeit aufstockende ALG 2-Leistungen in Anspruch nehmen. Gründungsförderung darf kein Ersatz sein für eine gute Sozial- und Arbeitsmarktpolitik! Mehrere Jobs, Scheinselbstständigkeit und unfreiwillige Nebenerwerbstätigkeiten sind massive Indizien für Prekarisierung. Auf Bundesebene setzen wir uns deshalb für eine bessere soziale Absicherung von Selbstständigen ein.

Die Jobcenter stärker auf die Bedürfnisse der Betroffenen ausrichten

Erwerbsarbeitslose müssen die größtmögliche Unterstützung auf der Suche nach einer angemessen entlohnten Stelle erhalten. Zu oft werden sie nicht individuell unterstützt, sondern bekommen standardisierte Maßnahmen übergestülpt. Deswegen muss eine noch bessere Beratung und Orientierung durch das Jobcenter stattfinden.
Hierzu ist die im Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg eingeführte Beratungskonzeption zu verstetigen. Ziel muss es sein, die Beratungsqualität eine messbare Größe werden zu lassen um den Veränderungsprozess hin zu einer Steigerung der Beratungsqualität zu etablieren. Für die Umsetzung sind den Mitarbeiter*innen, auch in möglichen Spezialthemen, im Rahmen einer lebenden Organisation ausreichend Ressourcen und Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Die Arbeitsmarktinstrumente müssen gezielter eingesetzt werden. Vor allem muss mehr auf die Möglichkeiten und Talente von Erwerbsarbeitssuchenden statt auf vermeintliche »Defizite« gesetzt werden! Die interkulturelle Öffnung des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg ist für uns ein wichtiger Baustein dieser Orientierung weg von Defiziten, hin zu Chancen. Sie ist zugleich ein Instrument gegen Diskriminierungen. Wir werden uns – wie schon 2006 bis 2011 – für die Einsetzung eines beschäftigungspolitischen Ausschusses in der BVV einsetzen um die Arbeit des Jobcenters kritisch zu begleiten.

Eine Ombudstelle im Jobcenter
Wir haben uns erfolgreich für eine unabhängige Ombudstelle im Jobcenter eingesetzt, die sich mit Beschwerden und unklaren Rechtsauslegungen befasst und so versucht, der bestehenden Rechtsunsicherheit und Klageflut im Vorfeld zu begegnen. Unser Bezirk ist darin Modellbezirk und wir sind froh darüber, dass dieses Angebot auch weiterhin bestehen wird.

Langzeiterwerbsarbeitslose angemessen unterstützen

In der Vergangenheit ist öffentlich geförderte Beschäftigung für langzeiterwerbsarbeitslose Menschen eine Alternative gewesen, so lange es bei ihrer Integration in den ersten Arbeitsmarkt Schwierigkeiten gab. Der öffentlich geförderte zweite Arbeitsmarkt in Berlin ist von der Großen Koalition aber faktisch abgeschafft worden. Stattdessen gibt es nur noch das Instrument der »Förderung von Arbeitsverhältnissen«. Dies funktioniert jedoch nicht ideal, da es von den Betrieben kaum angenommen wird. Wir fordern weiterhin, dass es einen öffentlich geförderten zweiten Arbeitsmarkt geben soll, der Langzeiterwerbsarbeitslosen nicht ihre Würde nimmt, sondern sie bei ihrem Eingliederungsprozess begleitet und bestärkt (Stärken stärken).

Arbeit und Ausbildung für Geflüchtete ermöglichen

Gemeinsam wollen wir im Bezirk nach geeigneten Lösungen suchen, um Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dazu brauchen wir eine Arbeitsund Ausbildungsvermittlung, die mehr ist als ein Jobcenter mit etwas mehr Personal. Der persönliche Beratungs- und Unterstützungsbedarf ist bei vielen Geflüchteten komplexer und benötigt zusätzliche interkulturelle Kompetenzen, wenn die Vermittlung in Qualifizierungen oder Erwerbsarbeit wirklich gelingen soll. Unser Ziel ist auch, Geflüchtete für diese Tätigkeiten der Jobberatung zu gewinnen und Diversity-Teams zu bilden. Die Arbeitsmarktintegration der Neuzuwander*innen wird eine der großen Aufgaben der kommenden Jahre sein. Ebenso muss es ein spezielles Angebot geben, das den Geflüchteten Pfade in die Selbstständigkeit aufzeigt.
Wir fordern außerdem eine gesicherte Finanzierung, eine Aufstockung des Personals sowie mehr Gehalt für die Integrationslots*innen. Sie übernehmen gerade jetzt, mit Blick auf die vielen Ankommenden, wichtige Aufgaben, sind mehrsprachig und bieten eine direkte Ansprache auf Augenhöhe. Nötig ist die Schaffung eines Berufsbildes für Integrationslots*innen. Die Arbeit muss angemessen bezahlt und die Befristungen müssen abgeschafft werden.

Mit den Mitteln zielgerichtet umgehen

Bestimmte Gruppen sind besonders stark von Erwerbsarbeitslosigkeit betroffen. Dies gilt zum Beispiel für Frauen mit Migrationshintergrund. Wir finden es deshalb richtig, dass das »Bezirkliche Bündnis für Wirtschaft und Arbeit« Zielgruppen benennt, die besonders im Fokus der Vermittlungsarbeit stehen sollen. Dies können auch Alleinerziehende oder Aufstocker*innen sein. Ebenso wie bei der Existenzgründung ist es wichtig, passgenaue Angebote zu finden.

Kinder und Jugendliche aus erwerbsarbeitslosen Familien dürfen nicht verloren gehen

Allen Kindern und Jugendlichen stehen die gleichen Bildungs- und Teilhaberechte zu − unabhängig von den Möglichkeiten ihrer Eltern. Das muss sich auch in einer ausreichenden Finanzierung bei der Arbeitsförderung widerspiegeln. Junge Erwerbsarbeitslose wollen wir besonders bei der Berufsorientierung und beim Einstieg in ihre gewünschten Berufe unterstützen. Deshalb setzen wir uns beim Jobcenter weiterhin für klare Prioritäten bei der Qualifizierung für den Berufseinstieg und der Berufsausbildung für junge Menschen ein.
Wir begrüßen die Jugendberufsagenturen, bei der Expert*innen zusammenarbeiten, die sich um Jugendliche bei der Berufswahl kümmern. Wir kritisieren allerdings, dass es an einem bundeseinheitlichen Konzept fehlt und setzen uns dafür ein, dass Akteur*innen aus der Wirtschaft mit einbezogen werden. Sie sind es schließlich, die als Arbeitgeber*innen Jugendlichen Ausbildungs- und Arbeitsplätze anbieten können. Eine bessere Verzahnung der Jobcenter über die Jugendberufsagentur mit den bezirklichen Unternehmen und der Industrie- und Handelskammer ist deshalb dringend erforderlich.

»Betreute Arbeit« im Bezirk für Menschen mit Beeinträchtigung

Gerade für langzeitarbeitslose Menschen mit psychischer oder seelischer Beeinträchtigung kann das Beschäftigungsangebot »Betreute Arbeit« einen Beitrag zur Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes leisten. In anderen Bezirken ist bei der modellhaften Umsetzung mit vielen Kooperationspartner*innen deutlich geworden, dass mit diesem Ansatz alle aufgefordert sind, unbedingt die Fähigkeiten der Menschen und nicht in erster Linie ihre Defizite zu betrachten. Wir setzen uns dafür ein, dass auch Menschen in unserem Bezirk wieder davon Gebrauch machen können.