Solidarisches Wirtschaften und erfolgreiches Wirtschaften müssen keine verschiedenen Welten sein. Vor allem in der Experimentierbude Friedrichshain-Kreuzberg zeigt sich, dass es vielen Unternehmen gelingt, mit Erfolg auch auf einen sozialen und ökologischen Mehrwert zu setzen. Berlin ist inzwischen Hauptstadt der Solidarischen Ökonomie. Das ist ein Erfolg grüner Politik, und das werden wir auch im Bezirk weiter vorantreiben. Die geplanten Freihandelsabkommen CETA und TTIP gefährden unsere kommunale Wirtschaft. Die hinter dem Rücken der Parlamente verhandelten Abkommen bedienen Konzerninteressen nach Freihandel und bedrohen besonders solidarisches Wirtschaften im Bezirk. Daher lehnen wir die Abkommen ab und setzen uns auf allen Ebenen gegen die Unterzeichnung von CETA und TTIP ein.

Die vielfältige Gewerbestruktur in den Kiezen erhalten

Nicht nur die Wohnungsmieten steigen drastisch, auch die Gewerbemieten werden immer teurer. Es kommt zu einem Verdrängungswettbewerb, der meist zu Lasten der kleinen und seit langem im Kiez verwurzelten Geschäfte geht. Wir setzen uns seit Jahren für den Erhalt des vielfältigen und kleinteiligen Gewerbes ein. Leider gibt es kaum rechtliche Möglichkeiten auf Bezirksebene, aktiv darauf einzuwirken. Wir machen uns aber dafür stark, dass die wenigen verfügbaren Steuerungsinstrumente gegen gastronomische Monostrukturen konsequent eingesetzt werden. So versuchen wir mittels Paragraf 15 der bundesrechtlichen Baunutzungsverordnung, in Wohngebieten, die weithin durch Restaurants, Cafés und Kneipen dominiert werden, weitere Neueröffnungen zu stoppen. Wo möglich, sichern wir kleinteiligen Einzelhandel und gemischtes Gewerbe baurechtlich ab. Wir wollen außerdem prüfen, ob entsprechende Vorgaben gegen gastronomische Monostrukturen auch in Bebauungsplänen festgesetzt werden können. Ob Bäckerei oder Gemüsehändler*in, Reinigung oder Blumenladen: Die Menschen brauchen in den Kiezen auch in Zukunft Geschäfte für den Alltagsbedarf.

§ 15 Baunutzungsverordnung (BauNVO)

In § 15 BauNVO ist bundesrechtlich festgelegt, wo und in welchem Maßez.B. Restaurants, Bars oder Kneipen zugelassen sind. Für Wohngebiete sieht der Paragraf die Möglichkeit vor, dass die Neueröffnung von weiteren Gastronomiebetrieben versagt werden kann, wenn diese nicht mehr der Gebietsversorgung dienen, sondern gastronomischen Monostrukturen zur Folge hätten. Für Misch- oder andere Baugebiete greift das Instrument leider nicht, gastronomische Nutzungen sind dort rechtlich generell zulässig.

Milieuschutz auch für Gewerbe umsetzen

Seit Jahren setzen wir uns auf allen Ebenen dafür ein, dass das angestammte Gewerbe in Milieuschutzgebieten besser geschützt wird. Denn für den Erhalt der sozialen Zusammensetzung in den Kiezen ist auch eine funktionierende Nahversorgung notwendig. Mehr noch: Gerade die kleinen Läden sind Orte gelebter Nachbarschaft! Wir freuen uns über das große Engagement zahlreicher Initiativen, die gegen Verdrängung kämpfen. Nachbarschaftsinitiativen wie »Bizim Kiez« im Wrangelkiez oder das Bündnis »Stadt von Unten« sind inzwischen bundesweite Symbole dafür, dass man sich gegen den Ausverkauf der Stadt zur Wehr setzen kann. In Zusammenarbeit − nicht im Gegeneinander − von bürgerschaftlichem Engagement und Bezirkspolitik haben wir bereits Pflöcke gegen Verdrängung setzen können. Allerdings sind die bezirklichen Möglichkeiten begrenzt, und wir brauchen vor allem eine Änderung der Bundesbaugesetze. Das Land Berlin soll dazu eine Bundesratsinitiative einbringen.

Gewerbeentwicklungsplan erarbeiten

Im Zuge der wachsenden Stadt wird auch der innerstädtische Gewerberaum immer knapper. Um die bestehenden Flächen und Standorte im Bezirk für die Zukunft zu sichern, muss ein vorausschauender Gewerbeentwicklungsplan erarbeitet werden. Wir machen uns seit langem dafür stark, Gewerbeflächen in Bebauungsplänen auszuweisen − wie z. B. auf dem Dragoner-Areal in Kreuzberg oder in der Rigaer Straße in Friedrichshain. Bei Neubauvorhaben soll die Erdgeschossfläche für Gewerbe, soziale Infrastruktur und kulturelle Zwecke reserviert sein − als eine wichtige Voraussetzung für lebendige Kieze, wie wir sie kennen. Von den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften erwarten wir bezahlbare Gewerbemieten mit einem Schwerpunkt auf der Nahversorgung, inhaber*innengeführtem Einzelhandel, sozialen Trägern und Gründer*innen bei der Vermietung.

Die solidarische Ökonomie stärken und ihren Ausbau fördern

Viele Unternehmen im Bezirk wirtschaften nicht bloß zur reinen Profitmaximierung, sondern es stehen bei ihnen soziale, ökologische und kulturelle Belange im Mittelpunkt. Für uns ist das Ausdruck eines lebendigen Wirtschaftslebens jenseits der Fokussierung auf puren Eigennutz. Solidarische Unternehmen in Friedrichshain-Kreuzberg schaffen vielfältige Jobs und verwirklichen Ideen, die einen sozialen Mehrwert schaffen. Doch trotz ihres wachsenden Beitrags zum Gemeinwohl ist die öffentliche Wahrnehmung immer noch viel zu gering. Das Thema Solidarische und Gemeinwohl-Ökonomie soll deshalb sichtbar bei der bezirklichen Wirtschaftsförderung verankert werden und geeignete Förderprogramme stärker bekannt gemacht werden. Wir wollen außerdem einen »Anders Wirtschaften-Preis« ausloben, der das Engagement von solidarischen und gemeinwohlorientierten Unternehmungen ehrt.

Anders-Wirtschaften-Preis

Die Kreativität und der Mut derjenigen soll belohnt werden, die es wagen, den Rahmen simpler Profitlogik zu sprengen und gemeinwohlorientiert zu wirtschaften. Dafür wollen wir einen »Anders-Wirtschaften-Preis« ausloben. Der Preis soll Einzelpersonen, Genossenschaften oder andere Unternehmungen ehren, die die Vision einer solidarischen und ökologischen Ökonomie teilen und sie mit ihrer Power und Initiative Wirklichkeit werden lassen.

Global denken und lokal handeln

Die globale Wirtschaft ist vernetzter denn je. Für uns hört solidarisches Wirtschaften nicht an den Bezirksgrenzen auf. Wir Grüne haben erreicht, dass Friedrichshain-Kreuzberg »Fair-Trade-Bezirk« werden soll. Damit wird der Faire Handel auf kommunaler Ebene stärker ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Indem wir hier bei uns in Vereinen, öffentlichen Einrichtungen und Schulen die Nutzung von Produkten aus fairem Handel vorantreiben, fördern wir faire Arbeits- und Produktionsbedingungen auch in Ländern des globalen Südens. Zwar ist Fair Trade kein Ersatz für gerechtere Welthandelsstrukturen, aber es stärkt die regionale Wirtschaft und Landwirtschaft in den Ländern des globalen Südens. Geheim ausgehandelte Freihandelsabkommen wie CETA oder TTIP lehnen wir ab. Angleichungen von Standards müssen in demokratischen und transparenten Verfahren ausgehandelt werden. Konzerninteressen lassen wir uns nicht durch die Hintertüre aufdrücken.

Xhain ist Fairtrade-Bezirk

2015 hat der Bezirk beschlossen, sich an der Kampagne »Fairtrade-Towns« zu beteiligen. Der faire Handel sorgt bei den Produzent*innen für existenzsichernde Löhne, dient der Umwelt, indem er ökologische Kriterien einhält, und dient den Verbraucher*innen mit gesunden Produkten. Mit gutem Beispiel wollen wir im Bezirk in der Politik vorangehen und unser Einkaufsverhalten auf faire Produkte umstellen. Die Förderung einer fairen Einkaufspolitik unterstützt außerdem den Einzelhandel, Gastronomie und Gewerbetreibende, die sich auf Fairtrade-Produkte spezialisiert haben. Damit können wir hier vor Ort ein Zeichen für mehr globale Gerechtigkeit setzen.

Ökologische und soziale Beschaffung

Auf unsere grüne Initiative hin hat sich der Bezirk verpflichtet, bei seiner Auftragsvergabe und seiner Beschaffung ökologische Kriterien, die Frauenförderung und das Einhalten sozialer Arbeitsnormen bereits ab einem Auftragswert von 500 Euro verbindlich zu berücksichtigen – und nicht erst ab 10.000 Euro, wie durch den Senat vorgesehen. Das gilt auch beim Catering in Schulen, Kitas sowie in den bezirklichen Einrichtungen, wo wir den Anteil an regionalen, saisonalen, ökologischen sowie vegetarischen und veganen Lebensmitteln erhöhen wollen. Zur Verbesserung der Transparenz soll es dazu künftig einen jährlichen Wirtschafts- und Vergabebericht geben, in dem die wirtschaftlichen Aktivitäten des Bezirks präsentiert und seine Vergabeentscheidungen öffentlich nachvollziehbar gemacht werden.

Nachhaltig gründen

Der starke Trend im Bezirk zu Unternehmensgründungen, und damit auch neuen Arbeitsplätzen, wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Das wollen wir verstärkt unterstützen. Es gibt zahlreiche Fördermöglichkeiten für Gründer*innen − ob auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene. Wir setzen uns für eine transparentere Darstellung der verschiedenen Angebote und Fördermöglichkeiten ein, damit alle Informationen auf einen Blick zur Verfügung stehen. Besonders die Förderungsmöglichkeiten von Gründungen aus dem Europäischen Sozialfonds sollen stärker beworben werden, da zu den Hauptzielgruppen der Förderperiode bis 2020 Frauen und Gründer*innen mit Migrationshintergrund gehören. Mit dem Jobcenter müssen die Projekte besser vernetzt werden, so dass Erwerbsarbeitslose mehr davon profitieren können. Gründen darf aber kein Ersatz für eine gute Sozial- und Arbeitsmarktpolitik sein. Viele Selbstständige gerade in Friedrichshain-Kreuzberg leben in prekären Verhältnissen. Auf der Bundesebene setzen wir uns deshalb für eine bessere soziale Absicherung von prekären Selbstständigen ein.

Ein Info-Portal für Gründer*innen

Mit einem Informationsportal wollen wir eine bezirkliche Anlaufstelle zu allen Fördermöglichkeiten für Gründer*innen schaffen. Wenn die Informationen gebündelt werden, ist damit die Beratungssituation deutlich verbessert und die Orientierung im Behördendschungel erleichtert.

Daseinsvorsorge: kommunal und partizipativ

Die Institutionen der öffentlichen Daseinsvorsorge wie die Versorgung mit Wasser, Gas und Strom oder der öffentliche Nahverkehr und die Abfallbeseitigung haben eine zentrale Bedeutung. Anderthalb Jahrzehnte neoliberale Kürzungs- und Privatisierungsideologie haben Berlin und seine Bezirke an den Rand der Funktionsfähigkeit gebracht. Wir setzen uns für die Rekommunalisierung von wesentlichen Sparten der öffentlichen Daseinsvorsorge, insbesondere der Netzinfrastruktur, ein. Dutzende neugegründete Stadtwerke in den letzten Jahren beweisen die Notwendigkeit stärkeren kommunalen Handelns im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Beteiligung von Bürger*innen-Genossenschaften unterstützen wir ausdrücklich. Öffentlich-Private-Partnerschaften mit profitorientierten Unternehmen lehnen wir ab.