In einer kleinen Anfrage an den Senat erkundigen sich Heidi Kosche und Lisa Paus nach den aktuellen Entwicklungen um die Kooperation zwischen Charité und Vivantes.

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

Die Kleine Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Charité – Universitätsmedizin Berlin um Stellungnahmen gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend wiedergegeben.

1. Ist dem Senat bekannt, ob das am 01. September 2008 von dem damaligen Charité-Dekan P. in der Presse angekündigte „Koordinierte klinische Studienzentrum Charité – Vivantes“ bisher eingerichtet worden ist?

Wenn ja, was ist seither passiert, was ist weiter geplant?

Zu 1.: Seit Jahren kooperieren Charité und Vivantes im Bereich der klinischen Forschung, insbesondere auch mit dem Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS Charité) und seit 2007 mit der Charité Research Organisation (CRO).

Zwischenzeitlich ist ein gemeinsamer Antrag der Charité und Vivantes für ein klinisches Forschungsportal in Berlin im Rahmen des BMBF-geförderten Programms „Spitzenforschung und Innovation in den Neuen Ländern“ erarbeitet und eingereicht worden.

Nach Ablehnung im ersten Anlauf wird der Antrag zur erneuten Einreichung derzeit gemeinsam mit dem Ziel überarbeitet, Berlin als führendes klinisches Forschungszentrum zu etablieren.

2. Was war Grundlage der o.g. Pressemeldung der Charité am 1. September? Eine Absprache, ein Vertrag, o.ä.?

Zu 2.: Grundlage der Ankündigung eines „Koordinierten klinischen Studienzentrums Charité – Vivantes“ in der Presse war die gemeinsame Überzeugung und Absprache zwischen der Charité und Vivantes, eine gemeinsame Anlaufstelle zu errichten, die im Innen- und Außenverhältnis den Kontakt pflegt und koordiniert mit dem Ziel, klinische Forschung effektiver zu gestalten und Synergien stärker zu nutzen.

3. Wer ist aktuell an den beiden städtischen Kliniken Charité und Vivantes für die Umsetzung des „Koordinierten klinischen Studienzentrums Charité – Vivantes“ zuständig und verantwortlich?

Zu 3.: In der Charité ist die Dekanin unter Beteiligung der CRO und KKS Charité federführend.

Ansprechpartner für die Charité in allen Fragen zum gemeinsamen Studienzentrum ist auf Seiten der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH der Direktor für Forschung und Lehre.

4. In welcher Rechtsform ist das „Koordinierte klinische Studienzentrum Charité – Vivantes“ geplant, bzw. bereits realisiert worden?

Zu 4.: Das gemeinsame Studienzentrum ist noch nicht realisiert und zur geeigneten Rechtsform ist noch keine Festlegung getroffen.

5. Welche Synergien und wirtschaftlichen Effekte sind von dem „Koordinierten klinischen Studienzentrum Charité – Vivantes“ für die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg zu erwarten?

Zu 5.: Ein gemeinsames klinisches Studienzentrum ist durch seine Größe und Sichtbarkeit für internationale Pharmaunternehmen als Ansprechpartner von hohem Interesse und fördert den Gesundheitsstandort Berlin.

Durch die Erweiterung der Zuweisernetze und Zugang zur gemeinsamen Patientenpopulation ist eine beschleunigte Umsetzung komplexer Forschungsfragestellungen selbst für vergleichsweise seltene Indikationen möglich.

Der administrative Aufwand, der in multizentrischen Studien mit der Zahl der beteiligten Einrichtungen steigt, wäre in einer sehr großen gemeinsamen Einrichtung verhältnismäßig gering.

6. Gibt es darüber hinaus weitere Planungen, die eine Zusammenarbeit zwischen Charité und Vivantes betreffen? Wenn ja, in welchen Bereichen?

Zu 6.: Charité und Vivantes arbeiten seit einiger Zeit an einer Reihe von Kooperationsprojekten. Einige dieser Projekte sind inzwischen erfolgreich abgeschlossen und konnten in kontinuierliche Geschäftsprozesse überführt werden.

Hierzu zählen:

Pathologie: Optimierung der Wirtschaftlichkeit der pathologischen Versorgung beider Einrichtungen ohne Beeinträchtigung der diagnostischen Qualität. Es wurde ein Vertrag zur Erbringung neuropathologischer Leistungen für Vivantes durch die Charité unterzeichnet.

Vivantes hält aktuell keine eigene Neuropathologie mehr vor.

Geriatrie: Versorgung geriatrischer Fälle in Vivantes Häusern nach Abschluss der Akutbehandlung in der Charité.

Ein Pilotprojekt mit 100 Patienten wurde erfolgreich abgeschlossen. Die Verlegungen sind heute eingeübte Routine für beide Seiten.

Neurologie/Schlaganfall: Vivantes ist der größte Partner des an der Charité etablierten Centrums für Schlaganfallforschung Berlin. Die Verträge sind unterzeichnet und es findet ein kontinuierlicher Austausch statt.

Ambulante Rehabilitation: gleicher Status wie im Geriatrie Projekt. Die Projektphase ist abgeschlossen und die Kooperation konnte ins Tagesgeschäft überführt werden.

Organspende und Gewebebank: Vivantes hat sich auch hier als relevantester Partner für die Transplantationsmedizin der Charité etabliert. Die Kooperation läuft problemlos und erfolgreich für alle Beteiligten.

Lehre: Vivantes hat inzwischen den größten Anteil der Akademischen Lehrkrankenhäuser der Charité im Bereich der sehr bedeutsamen Ausbildung von Studierenden im Praktischen Jahr.

Die Zusammenarbeit zwischen Vivantes und dem Prodekanat Lehre läuft reibungslos.

Wichtige Kooperationsthemen, die auf einem guten Weg sind, aber noch nicht abgeschlossen werden konnten, sind:

Protonentherapiezentrum: ein gemeinsamer Letter of Intent (LoI) wurde von Vivantes und der Charité unterzeichnet.

Labor: nach einer ersten Projektphase der Analyse potentieller Kooperationsmöglichkeiten beginnt gerade die zweite Projektphase, ein LoI wurde unterzeichnet.

Einkauf: ein Projekt „Kooperative Beschaffung“ wurde gerade initialisiert. Ziel ist die Optimierung und Kostensenkung durch einen gemeinsamen Marktauftritt in zunächst ausgewählten Segmenten.

7. Was passiert mit den an der Charité für Forschung zuständigen Einrichtungen KKS (Koordinierungszentrum für Klinische Studien) und CRO (Charité Research Organisation) sowie dem Direktorat für Klinische Forschung bei Vivantes?

Zu 7.: Die Arbeit der beteiligten Bereiche beider Unternehmen sollen im Rahmen des gemeinsamen Studienzentrums koordiniert werden, organisatorische oder strukturelle Änderungen sind nicht vorgesehen.

Das KKS hat einen Schwerpunkt im Bereich Aus- und Weiterbildung (Study Nurses, Studienärzte, etc.) für Klinische Studien und begleitet überwiegend wissenschaftsgetriebene Studien (investigator initiated trials), typischerweise in späten Phasen und retrospektive Datenbankprojekte.

Die CRO ist als 100%ige Tochtergesellschaft der Charité seit 2006 operativ eigenständig tätig und führt als klinisches Auftragsforschungsinstitut anspruchsvolle klinische Studien auf der zugehörigen Forschungsstation durch (insbesondere auch frühe Phasen). Durch das akademische Umfeld der Charité als Uniklinik und Supramaximalversorger ist ein umfassendes Methodenspektrum vorhanden.

8. Hat der Senat konkrete Vorstellungen, welche Bereiche eine Kooperation zwischen Charité und Vivantes umfassen sollte?

Wenn ja, wie ist der Stand deren Umsetzung?

Zu 8.: Die Entwicklung der Kooperation zwischen Charité und Vivantes hat in den letzten Monaten eine gute Entwicklung gezeigt.

Unter 6. wurden die wichtigsten Projekte dargestellt. In näherer Zukunft wird es darum gehen, die bereits funktionierenden Kooperationen auszubauen und weiter zu entwickeln.

Mittelfristig strebt der Senat eine weitergehende Abstimmung zwischen Charité und Vivantes an.

Berlin, den 07. August 2009

Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner

Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung