Kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) vom 01. August 2007 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. August 2007) und Antwort (Drucksache 16/11081)

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

1. Von welchen Geschäften hat der Senat seit 2002 Kenntnis, dass rechtsextreme oder rechtsextremnahe Pro-dukte (z.B. Kleidung der Marke T. S. oder rechtsextreme Musik) verkauft werden? (Die Geschäfte bitte chronologisch und mit Adresse aufführen)

2. Um welche Produkte (Produkttyp/-name, Hersteller bzw. Produzent bitte mit aufführen) handelt es sich dabei genau?

Zu 1. und 2.: Grundsätzlich können Produkte nur auf-grund ihrer Texte oder Abbildungen als rechtsextremis-tisch beurteilt werden. Dies umfasst in der Regel Schrift-publikationen (Bücher, Zeitungen, Propagandamaterial etc.) und Tonträger, da diese zur Verbreitung rechtsex-tremistischer Ideologie bevorzugt werden. Daneben sind auch Textilien mit eindeutigen rechtsextremistischen Aussagen und Abbildungen erwerbbar. Über diese, aus-schließlich an ein rechtsextremistisches Klientel gerichteten Angebote hinaus gibt es Tonträger und Textilien, die für eine breitere Käuferschicht produziert werden, aber in der rechtsextremistischen Szene beliebt sind. Dies ge-schieht unabhängig von – mitunter entgegen – der Inten-tion der Produzenten.

Die meisten der in der rechtsextremistischen Szene beliebten Produkte sind in vielen gängigen Warenhäusern und im Musikalienhandel zu kaufen. Ein Laden im Bezirk Prenzlauer Berg, zwei Läden in Lichtenberg und ein La-den in Hohenschönhausen führen ein explizit rechtsex-tremistisches Produktangebot, welches sich ausschließlich an eine rechtsextremistische Klientel richtet. Einzelheiten können nur in nicht öffentlicher Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz vorgetragen werden.

3. Wie viele und in welchen Geschäften haben seit 2002 polizeiliche Durchsuchungen wegen Verdacht auf den Verkauf rechtsextremer Propagandamittel oder Kennzeichen rechtsextremer verfassungswidriger Organisationen statt gefunden? (Die Geschäfte bitte mit Adresse und chronologisch gegliedert aufführen.)

Zu 3.: Auskunftsgrundlage für Anfragen, die die politisch motivierte Kriminalität betreffen, ist der KPMD-PMK (Kriminalpolizeilicher Meldedienst – politisch motivierte Kriminalität). Hierbei handelt es sich um einen Meldedienst, der statistische Angaben nicht in jeder Detailtiefe ermöglicht. Einzelne strafprozessuale Maßnahmen wie Durchsuchungen, die im Rahmen von Ermittlungsverfahren durchgeführt werden, werden im KPMD-PMK statistisch nicht gesondert ausgewiesen. Die gewünschte Darstellung wäre nur mit einem nicht zu vertretenden personellen Verwaltungsaufwand zu leis-ten, weshalb ich von diesen Detailinformationen absehe.

4. Wie viele der Untersuchungen sind auf Anzeigen zurückzuführen? Wie vielen eingegangenen Hinweisen wurde dabei seit 2002 nicht nachgegangen?

Zu 4.: Die Polizei nimmt alle eingegangenen Anzeigen auf und führt Ermittlungen bezüglich des angezeigten Sachverhalts durch. Bei Vorliegen von strafrechtlich relevanten Sachverhalten ist die Polizei nach dem Legalitätsprinzip verpflichtet, diese zu untersuchen bzw. aufzuklären und entsprechenden Hinweisen nachzugehen. Es gibt somit keine Hinweise, denen die Polizei nicht nachgeht.

5. Wie viele Überprüfungen in einzelnen Geschäften sind in diesem Zeitraum in unregelmäßigen Abständen wiederholt worden?

Zu 5.: Die fachlich zuständigen Dienststellen des LKA und der örtlich zuständigen Polizeidirektion führen regelmäßige Aufklärungen durch, über die jedoch keine Statistik geführt wird.

6. In welchen Geschäften sind dabei Dinge beschlagnahmt worden, und um welche Produkte (Produkttyp/-name, Hersteller bzw. Produzent bitte mit aufführen) handelt es sich dabei genau, und welche rechtlichen Konsequenzen sind jeweils daraus gefolgt? (Die Geschäfte bitte mit Adresse und chronologisch gegliedert aufführen.)

Zu 6.: Beschlagnahmen werden nur in den jeweiligen einzelnen Ermittlungsverfahren detailliert erfasst. Eine zentrale Statistik über beschlagnahmte Produkte, zum Produkttyp, Hersteller oder Produzent sowie deren Zuordnung zu Personen oder Objekten wird nicht geführt.

Für die rechtlichen Konsequenzen bedürfte es einer Einzelauswertung der entsprechenden Ermittlungsvor-gänge, was ebenfalls mit einem nicht zu vertretenden personellen Verwaltungsaufwand verbunden wäre, wes-halb ich von diesen Informationen absehe.

7. Von wem werden die oben nachgefragten Geschäfte verwaltet und/oder vermietet?

Zu 7.: Sollten im Rahmen von Ermittlungsverfahren die Vermieter bestimmter Objekte bekannt werden, sind die Personendaten im Ermittlungsvorgang ersichtlich. Eine Datei über Verwalter oder Vermieter von Wohn-/ oder Geschäftsimmobilien im Hinblick auf Rechtsextremismus wird nicht geführt.

8. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass die WBM der Firma M.T. GmbH ein Ladengeschäft „T.“, welches ausschließlich Kleidung der Marke T. S. verkauft, vermietet hat?

Zu 8.: In Auswertung der öffentlichen Berichterstat-tung hat die Geschäftsführung der Wohnungsbaugesell-schaft Mitte (WBM) veranlasst, dass der Mietvertrag mit dem Laden „T.“ fristgemäß zum 31. Januar 2008 gekündigt ist. Nach Auskunft der WBM war ihr beim Abschluss des Mietvertrages das Warenangebot und das Geschäftsziel der Firma „T.“ nicht bekannt.

Der Senat hält die Reaktion der WBM (Kündigung des Mietverhältnisses) für angemessen.

9. Bestehen Vereinbarungen oder Richtlinien, dass öffentliche Wohnungsbaugesellschaften nicht verfas-sungsrechtlich verbotenen aber einschlägig bekannte rechtsextremen Firmen bzw. Personen zur indirekten Verbreitung rechtsextremer, rassistischer oder verfassungswidriger Propaganda kein Mietverhältnis eingehen sollen? Wenn ja, welche? Sind diese verbindlich, und wie werden die Wohnungsbaugesellschaften davon in Kennt-nis gesetzt?

Zu 9.: Die Satzungen, Geschäftsordnungen für die Aufsichtsräte und die Geschäftsanweisungen für die Vorstände bzw. Geschäftsführungen entsprechen den umfassenden Hinweisen für die Beteiligungen des Landes Berlin an Unternehmen aus dem Jahr 2005. Damit wird die Verbreitung rechtsextremer, rassischer oder anderer verfassungswidriger Aktivitäten in offener oder indirekter Form ausgeschlossen. Das gilt selbstverständlich auch für den Abschluss von Mietverträgen mit Gewerbemietern, die ein gegenteiliges Geschäftsziel verfolgen. Bei der Umsetzung dieser Ziele sind die Wohnungsbaugesellschaften jedoch auch teilweise auf zusätzliche Hinweise angewiesen.

10. Gibt es Informationsmaterialien zu Thema „rechts-extremes Propagandamaterial“, welche den privaten und öffentlich geführten Gewerbetreibenden zukommt? Wenn ja, welchen Inhalt haben diese, und wie wird sichergestellt, dass alle das Material erhalten?

Zu 10.: Der Verfassungsschutz Berlin bietet in Kooperation mit dem Brandenburger Verfassungsschutz in ho-her Auflage die Broschüre „Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus“ an. Darin werden auch beliebte Szeneprodukte dargestellt. Die Broschüre wird auf Vortragsveranstaltungen verteilt und ist im Internet unter info_symbole_u._kennz._20.6.pdf abrufbar.

Berlin, den 03. September 2007

Dr. Ehrhart Körting

Senator für Inneres und Sport

(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Septemb. 2007)