Am 26.2. wurde Yusuf Fashola in der Revaler Straße heimtückisch ermordet. Für die Medien war sofort klar, dass es sich um eine Auseinandersetzung unter Drogendealern handeln musste. Die traurige Wahrheit ist aber eine andere.

Yusuf Fashola war ein Lampedusa-Flüchtling, einer der zivilen Kriegsopfer des Libyenkriegs, welche 2011 mit Waffengewalt auf die Boote nach Italien gezwungen wurden und letztlich auf dem Oranienplatz strandeten.

Auch er hatte 2014 auf das Agreement mit dem Senat vertraut, und wurde wie alle anderen nach einem halben Jahr aus seiner Unterkunft in Obdachlosigkeit und Illegalität geschickt. Doch Yusuf gab nicht auf. Trotz prekärer Lebenssituation und ständig neuer Schlafplatzsuche in der afrikanischen Community besuchte er mich letzten Sommer und bat um Hilfe, um wieder in einen Deutschkurs bei der VHS zu kommen. Inhaber*innen der sogenannten Oranienplatzkarte stand ein Stundenkontingent von 400 Stunden zur Verfügung, das einzige was ihnen nach Abbruch des Agreements blieb. Nachdem die Teilnehmer aus den Häusern geworfen wurden, scheiterten viele mit der VHS-Anmeldung mangels Meldeadressen, so auch Yusuf.

Der ehemalige Sozialarbeiter aus Nigeria war ein ruhiger, ernsthafter Mann, welcher selten um Hilfe bat, aber immer andere bei ihrem schweren Weg zu unterstützen versuchte. Seine whats app Nachrichten an mich waren eher Grüße denn Hilferufe. In den 2 Monaten vor seinem Tod verschärfte sich seine Situation eklatant. Er verlor seinen prekären Job als Prospekteausträger, musste sich fast täglich einen neuen Schlafplatz suchen, und war oft tagsüber mangels anderer Aufenthaltsmöglichkeiten im Nachbarschaftszentrum Kotti e.V. zu finden. Trotz permanenter Aufrufe über Lampedusa Berlin war es uns nicht gelungen, ihn unterzubringen. So kam es zu dieser fatalen Situation, die ihn das Leben kostete.

Er hatte gerade neue Arbeit in einem Hotel gefunden und begab sich zur Warschauer Straße, um sich den Schlüssel für eine Übernachtung abzuholen. Er wurde dort Zeuge einer Auseinandersetzung und mischte sich ein, um zu schlichten. Infolge dessen wurde ihm hinterrücks mehrfach ein Messer in den Rücken gestoßen, er verstarb nur Minuten später. Er hinterlässt Frau und drei Kinder in Nigeria, welche er in den Wirren des Libyenkriegs verloren hatte, und denen er zum Überleben seine Einkünfte schickte.

Wir sind traurig und wütend über seinen Tod, der auf die gebrochenen Versprechen des Senats zurückzuführen ist! Wir sind traurig und wütend über Yusufs posthume, fortwährende Verunglimpfung als Drogendealer, obwohl die Polizei veröffentlichte, dass nie etwas gegen ihn vorlag. Wie wäre wohl reagiert worden, wenn ein hellhäutiger Mensch diese Zivilcourage gezeigt hätte? Wir haben ihm am 7.3. auf dem islamischen Sektor im Landschaftsfriedhof Gatow das letzte Geleit gegeben. Alle vorherigen Versuche, bei den zuständigen Behörden die Kosten für das Begräbnis zu erhalten, scheiterten, da niemand sich verantwortlich fühlte. Um ihm und seinen Liebsten einen letzten Rest Würde zu bewahren, haben wir ihn dennoch nach muslimischen Brauch zeitnah beerdigt. Wer letztlich für die Kosten aufkommet oder ob Lampedusa Berlin darauf sitzen bleibt, ist weiterhin offen, es sieht aber schlecht aus.

Spenden und Info: https://www.betterplace.org/de/projects/35257-lampedusa-berlin-spendenaktion-zur-verbesserung-der-lebenssituation

Dringend benötigte Schlafplätze, auch temporär, können unter lampedusainberlin@gmx.net angeboten werden.

Bitte helft, damit kein weiterer in solch eine Situation kommt!